Weilheim und Umgebung

Kunst spiegelt intakte Familie

Vernissage Familiär und mit Wertschätzung gestaltete sich die kleine kurze Ausstellung zum Gedenken Ernst Geßners in dessen ehemaliger Steinbildhauerwerkstatt in Holzmaden. Von Sabine Ackermann

Erich Josef Geßner (links) würdigt seinen verstorbenen Bruder Ernst Geßner in Holzmaden.Foto: Sabine Ackermann
Erich Josef Geßner (links) würdigt seinen verstorbenen Bruder Ernst Geßner in Holzmaden. Foto: Sabine Ackermann

Das Schöne wird die Welt retten“, dieses Zitat von Fjodor Dostojewski stand über dem künstlerischen Schaffen meines Bruders Ernst. Der Mann hinter diesen Worten ist der ehemalige Landrat von Neu-Ulm, Erich Josef Geßner, der in seinem Willkommensgruß an seinen acht Jahre älteren und 2013 verstorbenen Bruder Ernst Geßner erinnert. Etwa 150 Bilder, auffallend bunte Werke, die meisten in Aquarell, wenige in Öl nebst einer Handvoll Skizzen - liebevoll und sorgsam von seiner Frau Imengardis und Sohn Roderich Geßner ausgesucht und allesamt nur für wenige Stunden in seiner ehemaligen Steinbildhauerwerkstatt ausgestellt.

Die Liebhaber seiner bildhauerischen Kunstwerke waren vielleicht ein klein wenig enttäuscht, denn Skulpturen gab es leider keine zu sehen. Dennoch war zu Beginn sein bevorzugtes Material Stein, „das erklärt sich schon da­raus, dass er an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studierte und das zuvor in einer Steinbildhauerlehre erworbene Wissen vervollkommnete“, verrät Erich Josef Geßner. Sein Studium finanzierte er selbst, arbeitete nachts am Stuttgarter Hafen, „weil er wusste, dass unser Vater als angestellter Steinbildhauer damals ein Leben am Existenzminimum fristete“, schließlich hatte dieser neben seiner Frau noch drei Kinder zu versorgen, berichtet der Bruder.

Ernst Geßner wollte es unbedingt ohne fremde Hilde aus eigener Kraft schaffen, und das gelang ihm. „Deshalb und auch wegen seiner Skulpturen und Holzschnitzarbeiten bewunderte ich meinen Bruder. Ein großes Kreuz, das Christus als König und damit als Sieger zeigt, erinnert mich wie einige seiner Bilder jeden Tag an ihn.“ Bewegt lauschen die Gäste den Erzählungen.

„Diese Ausstellung habe ich nun schon einige Jahre vor mir hergeschoben. Jetzt freue ich mich, dass ich diesen lang gehegten Wunschtraum mit tatkräftiger Hilfe meiner Kinder in die Wirklichkeit umsetzen konnte“, verrät Imengardis Geßner und lobt ihre Lieben: „Es war schon ein richtiger Kraftakt, den ihr vollbracht habt.“ Wunderbar passen da die von den Holzmadian Harmonists im Vorfeld gesungenen Lieder.

Vielleicht war es abermals der Vater, von dem sich Ernst Geßner hinsichtlich der Malerei einst anstecken ließ. „Wie mein Bruder wirklich zum Malen kam, weiß ich nicht, weil ich ihn nie danach gefragt habe“, bekennt der Laudator. „Mich selbst - im Unterschied zu so manchem schlauem Grafologen, der meinte, meine Fähigkeit hierzu an meiner Schrift ablesen zu können - sehe mich nicht als künstlerisch begabt“, gibt er zu. Eher sehe er sich als Lebenskünstler, da ihn eine 40-Stunden-Woche als Jurist nicht erfüllte. Er ging deshalb in die Kommunalpolitik, war 24 Jahre lang Bürgermeister und 18 Jahre Landrat in Neu-Ulm. Ob als Politiker, in irgendeinem anderen Beruf oder als Künstler kreativ und erfolgreich sein könne man nur, wenn man das Glück habe, in einer intakten Familie zu leben, betont der 73-Jährige und ergänzt: „Genau daraus schöpfte mein Bruder die Kraft, die er für sein Gestalten und seine Malerei brauchte. Und wenn man genau hinschaut, kann man in seinen Bildern erkennen, dass es für ihn eine glückliche Zeit war.“ Zu sehen sei aber auch seine malerische Entwicklung in den Jahren seiner schweren Krankheit. „Dann drücken seine Bilder all das aus, was er bei dem Gedanken empfunden haben mag, dass seine Zeit mit seiner geliebten Frau Irmengardis, seinen Kindern und Enkelkindern zu Ende geht“, so Erich Josef Geßner.