Weilheim und Umgebung

Ohne Gerechtigkeit geht es nicht

Glaube „Gott liebt Gerechtigkeit – wofür es sich zu kämpfen lohnt“ war das Thema der Tafelrunde, die zum Männer-Gottesdienst in die Weilheimer Peterskirche eingeladen hat. Von Sabine Ackermann

Singen wird beim Männergottesdienst in der Weilheimer Peterskirche großgeschrieben. Foto: Sabine Ackermann
Singen wird beim Männergottesdienst in der Weilheimer Peterskirche großgeschrieben. Foto: Sabine Ackermann

Oinr isch emmer dr Arsch, ond er woiß id mol warom“ sang 1981 die Gruppe „Schwoißfuaß“ von den Starken, die stärker werden, und den Schwachen, die bald „verrecken“. Mit eben jenem Lied verabschiedete sich auch die Tafelrunde, die in der Weilheimer Peterskirche gemeinsam mit Pfarrer Eckhard Schlatter den Männer-Gottesdienst zum Thema „Gott liebt Gerechtigkeit“ gestaltet hatte.

Davor hatten sich die involvierten Herren darüber Gedanken gemacht, um sinngemäß aus verschiedenen Blickwinkeln - sie hatten sich dazu in der Peterskirche verteilt - ihr persönliches Statement abzugeben. Dann legten die Männer los. „Es gibt Staaten, die nur wenig über dem Meeresspiegel liegen, denen steht jetzt schon das Wasser bis zum Hals“, hörte man eine Stimme von oben. Auf der gegenüberliegenden Empore sagte jemand: „Wir haben das Glück, in einem Land zu leben, das annähernd für Gerechtigkeit sorgt. Jeder ist aufgefordert, dafür zu kämpfen.“ Kurze, prägnante Sätze, die zum Nachdenken anregen sollen.

Einige der Konfirmanden machten sich Notizen - insgesamt 40 Jungen und Mädchen gibt es in diesem Jahr und etwa ein Drittel darunter, die sich für diesen Gottesdienst entschieden haben. „Als Ältester von drei Geschwis­tern hatte ich harte Kämpfe auszufechten, egal ob Mofa, bis 22 Uhr in die Disco oder Pfadfinder-Lager. Dafür aber lohnten sich die ganzen Auseinandersetzungen“, verrät ein weiterer Herr der Tafelrunde. Und ein anderer ist sich sicher: „Es muss ein Leben nach dem Tod geben, sonst wäre alles sinnlos. Es lohnt sich, nach Gerechtigkeit zu streben.“

Danach stellte einer der Männer Fragen und bat um Handzeichen, wenn sich jemand zum Beispiel in der Schule ungerecht behandelt gefühlt habe - für etwas bestraft oder gelobt wurde, was jemand anderes gemacht hatte. Ihn selbst habe die Ungerechtigkeit bei einer Wehrübung in seiner Studentenzeit geärgert. Während er eine Woche absolvieren musste, gab es für Jürgen Klins­mann und Sascha Hehn einen Prominentenbonus. War Letztgenannter untauglich, wurde der Sportler damals nur neu eingekleidet und durfte anschließend wieder gehen.

Beruhigend, dass die Männerrunde daraufhin „Es geht mir gut“ von Marius Müller-Westernhagen spielten. Auch der bekannte Titel „If i had a hammer“, mit dem sich der US-amerikanische Folk-Sänger und politische Aktivist Pete Seeger vor fast siebzig Jahren den „Hammer der Gerechtigkeit“ wünschte, kam in der gut gefüllten Peterskirche bestens an.

Bevor Pfarrer Eckhard Schlatter dann das Wort ergriff, entschuldigte er sich erst einmal dafür, dass er heute keinen Talar trage. Seine Erklärung sorgte für Schmunzeln: „Die Ärmel gehen nicht durch das Gitarrenband.“ Anschließend folgte seine Predigt zum Thema Gerechtigkeit. „Jede und jeder von uns wurde schon einmal oder mehrere Male ungerecht behandelt oder hat sich ungerecht behandelt gefühlt.“ Dazu gab es Beispiele zu Schule, Eltern, Geschwis­tern und zur Arbeit: „Wenn manche weniger leisten und dennoch dasselbe Gehalt bekommen.“

Gerechtigkeit sei also keine Selbstverständlichkeit, sondern fragil und bedroht und könne zudem jederzeit abhanden kommen oder in die Ungerechtigkeit umschlagen. Wichtig sei deshalb umso mehr der Grundsatz: Nicht gegen andere Menschen kämpfen, sondern fair und ehrlich für eine gute Sache zu kämpfen. Anschließend gab es das obligatorische Weißwurstfrühstück, bei dem sich vermutlich noch spannende Gespräch ergaben.

Drei Fragen an Ulrich Mors

Foto: pr

Einer der zehn Männer, die bei der Tafelrunde dabei sind, ist Dr. Ulrich Mors aus Weilheim. Der Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren ist Gemeinderat der Sozialen Bürgervereinigung, 59 Jahre alt, verheiratet und Vater von fünf Kindern.

 

1. Seit wann sind Sie dabei, und was hat Sie dazu bewogen, mitzumachen?

Etwa 2006, ein Jahr nach der Gründung, bin ich wegen eines Vortrags zu dem Thema „Warum sterben Männer sechs Jahre früher als Frauen und was kann „man(n)“ dagegen tun?“ angefragt worden - und dann wegen der Offenheit der Männer geblieben.

2. Soll die Männerrunde noch weiter wachsen?

Selbstverständlich sind Männer aller Glaubens- und Nichtglaubensrichtungen willkommen, auch weil wir sehen, dass viele ungern in die Kirche gehen. Wir sehen uns nicht als stramme evangelische Christen, sondern als Männer unter dem Dach der evangelischen Gemeinde. Deshalb bieten wir tatkräftige Mitarbeit an und versuchen, auf die Männer zuzugehen.

3. Wie verstehen Sie das Thema „Gott liebt Gerechtigkeit“?

Zu den philosophisch-theologischen Fragen „warum Gott das Böse in der Welt zulässt“ gibt es wahrscheinlich Dutzende Dissertationen. Wichtig scheint mir aber, die theologisch-philosophische von der persönlichen Ebene zu trennen. Ich maße mir nicht an, zu urteilen, was in letzter Konsequenz gut oder böse ist. Ich glaube aber, dass ich mich mit der christlichen Richtschnur ein bisschen mehr um das Gute in der Welt kümmern kann. Deshalb hat mir gerade in schwierigen Situationen meines ärztlichen Berufes der Glaube schon sehr geholfen. Natürlich würde ich diese abstrakte, spirituelle Sichtweise niemals Eltern eines leidenden Kindes hinwerfen. Da ist fürsorgliche Begleitung, Mitgefühl, vielleicht in einem späteren Moment „konkrete Auswege suchen“ angesagt. ack