Erster Auftritt der renovierten Stehle-Orgel in der Weilheimer Sankt-Franziskus-Kirche
Orgelkonzert von beglückender Musikalität

Weilheim. Sankt Franziskus, immer im Schatten der altehrwürdigen Peterskirche, von außen nur wahrnehmbar durch den hochgereckten Fassadenglockenturm, das Solardach und das Kunstwerk von Martin 


Domke an der Südfassade: der heilige Franziskus den Tieren predigend. Im hellen Innenraum das grandiose Ostfenster von Wilhelm Geyer, einem der bedeutendsten Glaskünstler des 20. Jahrhunderts. Auf der Westempore gegenüber der sachlich elegante Orgelprospekt einer Stehle-Orgel. Dieses Instrument stand bisher im Schatten der weit berühmten historischen Goll-Orgel in der Weilheimer Peterskirche.

Seit vergangenen Samstag jedoch, seit die Franziskuskantorin Petra Elze das renovierte und etwas erweiterte Instrument in einem fulminanten Orgelkonzert vorstellte, sollten sich Orgelfreunde ernsthaft fragen, welches Instrument sie in Weilheim zuerst aufsuchen sollten. Als Besucher des Konzertes am vergangenen Sonntag würde ich jedem den Rat geben: erst Franziskus, dann Peter. Warum?

Das katholische Gotteshaus sieht zwar von außen ziemlich unspektakulär aus, doch innen: welch eine Orgelakustik und welches Instrument! Man muss weit suchen, um etwas Gleichwertiges zu finden. Und wenn dann die Orgel anhebt und der erste tiefe Basston erklingt von neu dazugebauten Holzpfeifen, ist man völlig verzaubert. Jedes Mal aufs Neue ein Wunder: nie zu laut, nie zu leise, von einer körperlichen Präsenz, die unendlich beglückend ist. Es klingt unglaublich, man muss es selbst gehört haben.

Die Besucher am Samstagabend haben das gespürt und mit einer ausdauernden Begeisterung applaudiert, wie man es selten erlebt bei reinen Orgelkonzerten. Es war auch dankbare Zustimmung für die Leistung der Organistin Petra Elze. Sie ist ein wahrer Glücksfall für die ganze Region, denn sie beherrscht nicht nur ihre Noten (das tun andere ja auch), sie weiß auch zu registrieren (das können schon nicht mehr alle), und sie versteht die Musik und kann sie vermitteln. Das jedoch ist nur wenigen Auserwählten geschenkt.

Ihr Anfang mit Jean Adam Guilan, einem deutsch-französischen Komponisten des 18. Jahrhundert, völlig unbekannt hierzulande. Schon hier zeigte sich die stilistische Bandbreite des renovierten Instrumentes, das nun auch gut Französisch spricht, wenn es so stilsicher bedient wird wie von Petra Elze. Einzige Einschränkung: Die zu langen Registrierpausen. Da musste für die Zuhörer dann das schon erwähnte Ostfenster herhalten, eine unglaubliche Wohltat für Augen, Gemüt und Seele.

Dann der „Bach-Brocken“, Präludium und Fuge a-Moll, ein kühnes Experimentalstück, das oft genug seelenlos heruntergerattert wird. Nichts dergleichen in Weilheim: lebendig gestaltet die Spannungsbögen, atmende Artikulation, Pathos wo nötig, und Sachlichkeit wo geboten, und immer beseelt von einer ansteckenden beglückenden Musikalität. Chapeau!

Ein altmeisterliches Choralvorspiel, normalerweise alles andere als ein Aufreger, zeigte die faszinierenden Solostimmen des Schwellwerks und einmal mehr das geradezu religiöse Bassfundament der Orgel. Bei Zsolt Gárdonyis „Mozart Changes“ zeigten Organistin samt Orgel, wie mühelos Stilbrüche von Rokokofiguren bis zu lustvollen Jazzfloskeln in ein Gesamtkonzept eingebunden werden können, sodass andächtige Lust geweckt wird.

Weiter ging es so mit Léfebure-Welys „Bolero“ und Jehan Alains „Postlude“. Beide Stücke setzen Kathedralakustik voraus. Für Sankt Franziskus gar kein Problem! Nach den Barockklängen amalgamiert der Raum nun die Mischklänge wie eine französische Kathedrale und verhilft der Musik zu selten erlebter Eindringlichkeit. Schwer, das noch zu übertreffen. Doch mit E. Gigouts „Toccata h-Moll“ erleben wir noch eine Schlussapotheose, die alles Vorherige in den Schatten stellt.

So also kann Orgelmusik sein, wenn alles zusammenpasst: Spieler, Instrument und Raum! Es bleibt zu hoffen, dass die Franziskusgemeinde ihre begnadete Musikerin halten kann. Das Ereignis des vergangenen Samstags verlangt gebieterisch nach Kontinuität. Alles andere wäre Verrat an der Kirchenmusik.