Weilheim und Umgebung

Pro Lebensjahr ein Quadratmeter

Wohnen Der Neidlinger Tim Hepperle ist 21 Jahre jung und schon Hausbesitzer. Seine eigenen vier Wände hat er selbst gebaut – ein sogenanntes „Tiny House“ mit 21 Quadratmetern. Von Peter Dietrich

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Das 21 Quadratmeter große Tiny House hat der junge Neidlinger selbst gebaut.
Tim Hepperle, Jahrgang 1998, in seinem selbst gebauten Tiny House
Alles in edler Holz-Optik: Tim Hepperle zeigt seine Küchenzeile, in der
sogar eine Waschmaschine Platz findet.

Die finanzielle Rechnung von Tim Hepperle ist ganz einfach: Wenn ich mir für das Studium in Biberach ein Zimmer miete, kostet mich das bei 350 Euro im Monat in drei Jahren knapp 13 000 Euro. Für diese Summe könne er sich doch gleich ein eigenes Haus bauen, sagte sich Tim Hepperle.

Ein Haus für diese Summe? Ja, denn es ist ein Tiny House mit 21 Quadratmetern, erbaut auf einem LKW-Anhänger. Es ist ein Haus, in das Tim Hepperle bereits unzählige Arbeitsstunden investiert hat. „1000 Stunden bestimmt“, schätzt er, genau erfasst hat er es allerdings nicht. Möglichen Nachahmern sind dieselben idealen Bedingungen zu wünschen - etwa einen Zimmermeister als Vater, in dessen Betrieb es einen überdachten Hof gibt, auf dem das Haus gebaut werden kann und der zudem einiges an Holz beisteuert. Durch seine Ausbildung bei „Holzbau Jakob“ in Kirchheim bringt Tim Hepperle das nötige Fachwissen mit. Wenn seine All-inclusive-Ausbildung beendet sei, sagt er, werde er Zimmermann, Bachelor of Engineering und auch noch Meister sein.

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Platzsparend unter dem Schreibtisch versteckt sich das Bett.

Wer um diesen Preis ein ganzes Haus bauen will, muss kostenbewusst vorgehen. Also griff der junge Neidlinger auch auf gebrauchtes Material zurück. „Die Haustür kostet normalerweise 4000 Euro, ich habe nur 400 Euro bezahlt.“ Die Tür ist neu, aber sie passte woanders nicht, ein Handwerker hatte dort falsch gemessen. Die Wiederverwendung von Bauteilen ist nicht nur günstig: sie ist, das ist dem Erbauer sehr wichtig, auch nachhaltig. Die ebenfalls gebrauchten Fenster haben Dreifachverglasung. „Bei einem Tiny House auf einem Pkw-Anhänger wäre das ein Gewichtsproblem“, sagt Tim Hepperle, denn das Gesamtgewicht ist dort auf dreieinhalb Tonnen beschränkt. Doch durch die LKW-Anhängerbasis gehört das Haus quasi zur Tiny-House-Luxusklasse - es darf sogar fünfeinhalb Tonnen wiegen.

Tim Hepperle, Jahrgang 1998, in seinem selbst gebauten Tiny House
Auch der Schreibtisch gibt optisch einiges her.

Ein Spiel mit der Schwerkraft

Die Dämmung ist 14 Zentimeter dick und aus Holzfaserplatten. „Als Zimmermann kann man nicht reinen Gewissens eine PU-Dämmung verbauen“, sagt der 21-Jährige. Das Flachdach ist mit einer einzigen Bahn Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk bedeckt: „Das ist ein Material wie ein Fahrradschlauch.“ Das Dach ist bereits für die Aufnahme von Solarzellen vorbereitet, die Leerrohre liegen ebenfalls. Auch der Platz für Batterien ist reserviert, auch wenn es sie aus Kostengründen noch nicht gibt. Die Elektroinstallation übernahm ein Onkel, der praktischerweise Elektrikermeister ist. Geheizt wird elektrisch. Das sei ein Kompromiss. „Der Vorteil ist, dass ich mit der Anlage auch kühlen kann. Wenn ich Solarzellen habe, kann ich mit dem produzierten Strom im Sommer so viel kühlen wie ich will.“ Ein Holzofen wäre für das kleine, gut isolierte Haus schlicht zu groß.

Tim Hepperle, Jahrgang 1998, in seinem selbst gebauten Tiny House
Selbst eine multifunktionale Küchenzeile steht dem 21-Jährigen zur Verfügung.

Aktuell steht das Tiny House in Biberach bei einem Bauern, mit Anschluss ans Stromnetz, an Wasser und Abwasser, per Zähler wird abgerechnet. Internet gibt es vorerst nur per Funkverbindung. Für den Transport von Neidlingen nach Biberach entschied sich Tim Hepperle für einen Traktor. Wer das kastenförmige Gebäude von außen sieht und dann über die stabile Metalltreppe betritt, ist erstaunt, wie heimelig und zugleich geräumig das Tiny House innen ist. Der Handwerker hat geschickt mit der Schwerkraft gespielt. Die eine Seite des Schreibtischs ist mit einem Drahtseil an der Decke aufgehängt und die massive Tischplatte scheint zu schweben. Das ausziehbare, große Bett ist unterhalb des Schreibtischs zu finden. Auch für eine funktionelle Küchenzeile und eine Waschmaschine ist Platz.

Auf 10 000 Euro hat Tim Hepperle die Kosten geschätzt. Er geht davon aus, dass er das Budget einhalten kann. Für den Studenten ist der Bau auch eine gute Praxisübung. Er freut sich auch über das große Interesse: „Beim Tag der offenen Tür waren rund 100 Leute da, die sich das Tiny House angesehen haben. Auch ‚Regio TV‘ war schon hier.“

Wer als Besucher das Projekt besonders unterstützenswert fand, konnte den Briefkasten nutzen: Er diente als Spendenbox. Eine eigene Hausnummer hat das Tiny House in Biberach aber nicht.