Weilheim und Umgebung

Rathaus bietet Asyl im wahrsten Sinne des Wortes

Flüchtlinge Als einem Gambier kurz vor den Sommerferien die Wohnungs-Kündigung ins Haus flattert, reagiert Ohmdens Bürgermeister ganz unbürokratisch. Von Bianca Lütz-Holoch

Soforthilfe: Ohmdens Bürgermeister Martin Funk hat einen Gambier im Rathaus einquartiert.Foto: Jean-Luc Jacques
Soforthilfe: Ohmdens Bürgermeister Martin Funk hat einen Gambier im Rathaus einquartiert.Foto: Jean-Luc Jacques

Bekanntschaft mit der deutschen Bürokratie dürften wohl fast alle Flüchtlinge gemacht haben, die nach Deutschland gekommen sind. Immer wieder stolpern Menschen, die noch nicht so bürokratieerprobt sind, über Formulare, Vorschriften und Auflagen. Aber Deutschland kann auch anders - oder zumindest Ohmden.

In dem kleinen Dorf am Trinkbach leben derzeit 14 Flüchtlinge. Als einem Mann aus Gambia, der in einer privaten Wohnung untergekommen war, kurz vor den Sommerferien die Kündigung ins Haus flatterte, fackelte Ohmdens Bürgermeister Martin Funk nicht lange: Er gewährte dem Mann aus Afrika Asyl im wahrsten Sinne des Wortes und quartierte ihn ganz unbürokratisch in der Schaltzentrale der örtlichen Bürokratie ein: dem Rathaus. „Irgendwo mussten wir ihn ja unterbringen“, sagt der Ohmdener Verwaltungschef achselzuckend.

Also habe das Rathausteam den Raum im Erdgeschoss geräumt, in dem sich einst das Notariat befand. Er wurde in letzter Zeit nur noch als Abstellkammer genutzt. „Dort haben wir ein Bett reingestellt“, so Funk. Fließend Wasser und Toi­letten gibt es in dem alten, denkmalgeschützten Gebäude ohnehin. „Und zum Duschen muss der Mann eben in die Gemeindehalle gehen.“

Beschwerden sind noch von keiner Seite beim Schultes eingegangen - und das, obwohl der Untermieter nun schon einige Wochen im Rathaus wohnt. Dennoch: „Eine Dauerlösung ist das natürlich nicht“, betont Martin Funk.

Die unbürokratische Lösung im Fall des Mannes aus Gambia ist zwar sympathisch - vor allem ist sie aber Ausdruck der vertrackten Situation bei der Flüchtlingsunterbringung in Ohmden. De facto steht die Gemeinde in Sachen öffentlicher Wohnraum nämlich mit leeren Händen da. Geplant gewesen war ursprünglich, dass der Landkreis eine Flüchtlingsunterkunft in der Ortsmitte baut und dort Menschen einquartiert, die frisch nach Deutschland gekommen sind. Ohmden wollte sich einklinken und im gleichen Gebäude Flüchtlinge unterbringen, die schon länger in Deutschland leben und für die die Kommune zuständig ist.

Daraus ist aber nichts geworden. Weil nur noch wenige Menschen ins Land kommen, hat der Kreis zu Beginn dieses Jahres bekannt gegeben, dass er eine ganze Reihe geplanter Unterkünfte nicht baut. Auf der Streichliste stand auch das Projekt in Ohmden.

Nichtsdestotrotz ist die kleine Gemeinde verpflichtet, in den kommenden Jahren zusätzlich zu den 14 Personen weitere 20 aufzunehmen. Aus diesem Grund sucht der Bürgermeister händeringend nach Wohnungen. „Alles, was der Gemeinde gehört, ist belegt - und von privat wird nichts mehr zur Verfügung gestellt“, schildert Martin Funk das Problem. Tut sich keine eine Option auf, wird der Kommune nur eines bleiben: „Dann müssen wir das Haus auf dem Grundstück in der Zeller Straße 4 abreißen und dort Container aufstellen.“