Weilheim und Umgebung

Rumpelkammer wird zu Trauzimmer

Sanierung Das Aichelberger Rathaus steht möglicherweise vor einer großen Zukunft. Nach 140 Jahren wird jetzt das Dach aus­gebaut. Von Jürgen Schäfer

In der Rumpelkammer: Aichelbergs Bürgermeister Martin Eisele auf dem Dachboden des Rathauses.Foto: Tilmann Ehrcke
In der Rumpelkammer: Aichelbergs Bürgermeister Martin Eisele auf dem Dachboden des Rathauses.Foto: Tilmann Ehrcke

Fein thront es oben auf dem Aichelberger Rathaus, das Türmle mit der Uhr. Eine stilvolle und auch sparsame Zier für das hoch gelegene Rathaus, das den schönsten Blick in die Landschaft eröffnet. Den hatte man früher vom Sitzungssaal aus. Heute haben die Damen des Rathauses diese Aussicht, wenn sie denn von der Arbeit aufblicken können.

Aber: So schön das Türmle des Aichelberger Rathauses aussieht - unterm Dach des altehrwürdigen Gebäudes ist es nicht wohnlich. Kalt ist es dort oben. Der Wind pfeift durch die Ritzen, die Wände sind rohes Mauerwerk und Fachwerk. Sie haben vermutlich noch nie einen Verputz gesehen. Die Decke zum Spitzboden ist eine Art Pappe. Elektrokabel verlaufen auf Dachbalken. Das Giebelfenster ist mehr ein Guckloch und alles andere als Isolierglas. Zum Turm führt eine Treppe, die kein Wohnhaus zieren könnte.

Der Dachboden: „Eine Rumpelkammer“, sagt Bürgermeister Martin Eisele. Was ihn geniert. Aber so ist es nun mal. Die Aichelberger haben ihr Rathaus immer wieder um- und ausgebaut, aber nie bis unters Dach. Genutzt wurde die Bühne aber schon. Auf Bretterbohlen steht die Registratur, das Archiv. Der Raum ist gut belegt. „Da fliegt auch viel raus“, sagt Ei­sele.

Der Dachstuhl hat wenig Wärmedämmung. Sie schlummert hinter Planen an den Dachsparren. Im Winter ist es wie im Kühlschrank, im Sommer gnadenlos heiß. Jetzt wird angepackt. Das Dach soll isoliert werden, es wird auch neu gedeckt, das Dachgeschoss bekommt Heizung. Gut für das Archiv, sagt Eisele, es brauche ordentliche klimatische Verhältnisse, „dass es nicht zerbröselt“. Wände werden eingezogen, für Registratur und Archiv, für den Server, und die große Verheißung ist eine gute Stube für Aichelberg: ein Sitzungs- und Trauzimmer. Das ist allerdings noch nicht ausgemacht. „Wenn das Geld reicht“, sagt Eisele vorsichtig.

Denn anderes hat Vorfahrt. Die energetische Sanierung, der Brandschutz, neue Toiletten. Und nicht zu vergessen die Sanierung des Glockenturms. Der hat sich nämlich im Laufe der Jahrzehnte verschoben. „Es gibt massive Holzschäden“, sagt der Schultes. Man müsse sehen, „was man retten kann und was neu gemacht werden muss“. Die Turm­uhr wird einer Sanierung unterzogen, die Sirene ebenfalls. Sie soll bleiben. Einmal im Monat gibt es in Aichelberg Probealarm. Einen Stock tiefer, im Obergeschoss, dem Sitz der Gemeindeverwaltung, werden eine Teeküche und ein Behinderten-WC eingerichtet. Letzteres im Vorgriff auf ein behindertengerechtes Rathaus. Neue Toiletten, getrennt nach Damen und Herren, werden dann im Dachgeschoss eingebaut.

Zimmerer, Glaser, Flaschner, Dachdecker: In einem ersten Block werden Arbeiten für 300­ 000 Euro ausgeschrieben. Die Gemeinde verteilt die Aufträge, um mehr Kostenkontrolle zu haben. Das zweite Paket ist umfangreicher, es reicht an die 500 000 Euro heran. Da wird dann noch mal geschaut, wie die Preise ausfallen, was notwendig ist und was nicht. Sanitär und Heizung sind ein Muss. „Die Heizungsanlage hat ihre Lebensdauer erreicht“, sagt Eisele. Beim Bodenbelag könne man sparen. Die spannende Frage: reichen 973 000 Euro? Davon hängt dann das Sitzungs- und Trauzimmer ab.

Fast eine Million Euro - das könnte Aichelberg aus eigener Kraft nicht schultern. Die Gemeinde bekommt Zuschüsse von 450 000 Euro. Und wenn die Planung aufgeht, ist es damit noch nicht getan. Ein Aufzug muss her, wenn das Rathaus behindertengerecht werden soll. Was in der Praxis gar nicht vorkommt, sagt Ei­sele.

Aber vielleicht meidet ein Rollstuhlfahrer auch das Rathaus, solange es nur Treppen hat. Mittelfris­tig solle ein Aufzug ans Gebäude angedockt werden, als eigenständiger Bauteil an der Eingangsseite. Über Stege sind dann einzelne Stockwerke zu erreichen. Die gute Stube im Dachgeschoss wäre damit erst richtig erschlossen. Was auch noch kommen soll, ist die energetische Ertüchtigung und Sanierung der Fassade. Geschätzte Kosten dieses zweiten Bauabschnitts: 380 000 Euro.

Ein Blickfang am Aichelberger Rathaus ist sein schmuckes Türmchen.Foto: Marcus Brändli
Ein Blickfang am Aichelberger Rathaus ist sein schmuckes Türmchen.Foto: Marcus Brändli