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Rund um die Uhr

Wirtschaft Zwei Schwaben versuchen ihr Glück mit einem zeitlosen Produkt: Armbanduhren. Der Holzmadener Christoph Weil ist einer der Gründer. Von Antje Dörr

Haben „Henri Benett“ gegründet: Christoph Weil (links) und Florian Hepp.Foto: privat
Haben „Henri Benett“ gegründet: Christoph Weil (links) und Florian Hepp.Foto: privat

Wann schlafen die eigentlich mal? Diese Frage drängt sich häufig auf, wenn man mit Unternehmensgründern spricht. Denn wer ist schon so reich oder naiv, alles auf eine Karte zu setzen? Christoph Weil und Florian Hepp, 30 und 29 Jahre alt, geht es nicht anders. Ihr Uhren-Start-up „Henri Benett“ ziehen sie neben ihren Fulltime-Jobs als Produktmanager und Hotelier auf. „Es werden immer frühe Morgen und späte Abende“, sagt Florian Hepp, der im „West Inn“ in Hamburg Verkaufsdirektor ist. Christoph Weil, der aus Holzmaden stammt und in Kirchheim die Max-Eyth-Schule besucht hat, arbeitet bei Amazon in München. Vor Arbeitsbeginn und nach Feierabend wird also zwischen Alpen und Elbe hin und her telefoniert, um das Marketing oder die nächste Kollektion zu besprechen.

Seit jeder ein Smartphone in der Tasche hat, ist die Uhr am Handgelenk für viele keine Selbstverständlichkeit mehr. Dennoch haben sich die beiden Schwaben - Florian Hepp stammt aus einem kleinen Dorf bei Biberach - bewusst dafür entschieden, ihr Glück mit Armbanduhren zu versuchen. Schlicht und zeitlos wirken die Zeitmesser ihre Marke „Henri Benett“ - ganz nach dem Geschmack der beiden Uhren-Fans: Bevor sie 2017 das Unternehmen gründeten, pflegte Florian Hepp einen Instagram-Account, auf dem er Uhren vorstellte, die ihm gefielen. Christoph Weil schrieb unabhängig davon einen Blog mit demselben Thema.

Uhrmacher sind Christoph Weil und Florian Hepp freilich nicht, auch wenn sie die Gehäuse und Armbänder der Uhren ihrer ersten Kollektion „Aerostat“ noch eigenhändig zusammensetzen - quasi am Küchentisch. „Wir wollten die Uhr bezahlbar anbieten, deshalb konnten wir die Gehäuse nicht in Deutschland oder Europa produzieren lassen“, sagt Christoph Weil. Die beiden Gründer reisten 2017 nach China, um sich dort verschiedene Manufakturen anzusehen. Ihre Wahl fiel auf eine Fabrik, in der sie ihre Qualitätsanforderungen erfüllt sahen. Dort werden Gehäuse, Zeiger und Uhrwerk zusammengesetzt.

Das Uhrwerk der „Henri Benett“-Uhren stammt vom Schweizer Hersteller Ronda. Die Gehäuse der aktuellen Kollektion sind aus mattem Edelstahl. „Matt ist etwas, was bisher nicht in der Masse hergestellt wird“, sagt Florian Hepp. Statt günstigerem Mineralglas wird kratzfestes Saphirglas verwendet. Für die neue Kollektion, eine reine Damenkollektion, hat Christoph Weil das Leder für die Armbänder eigens beim deutschen Hersteller ausgesucht. „Wenn man sein eigenes Produkt herausbringen will, ist es ideal, wenn man bei jedem Schritt mitbestimmen kann“, sagt er. Das Lederarmband lässt sich leicht wechseln - ein Feature, das vielen Kunden zu gefallen scheint. „Die meisten kaufen eine Uhr und noch ein weiteres Armband dazu“, sagt Florian Hepp.

Die Modelle können über die eigene Website und über Amazon weltweit bezogen werden. Die weiteste Sendung ging bisher in die USA. „Das war für uns natürlich sehr aufregend“, sagt Florian Hepp, schließlich könne man seine Reichweite zu Beginn nicht einschätzen. Ein lustiger Zufall ereignete sich gleich beim Start: „In der Nacht, in der wir die Uhr veröffentlicht haben, kam eine Bestellung aus meiner Nachbarschaft in München“, erinnert sich Christoph Weil. „Theoretisch hätte ich die Uhr am nächsten Morgen in den Briefkasten werfen können.“

Werbung machen die beiden Gründer ausschließlich über Social Media-Kanäle wie Instagram. „Wir haben zu Beginn mit vielen Social-Media-Partnern gearbeitet, die unsere Uhren in Storys und Posts gezeigt haben“, sagt Florian Hepp. Fremdkapital haben Hepp und Weil nicht aufgenommen, um ihr Start-up zu finanzieren. Die ersten Investitionen mussten von den Ersparnissen bezahlt werden. Mit der Entwicklung ihres Unternehmens sind die beiden zufrieden. „Wir hatten das Ziel, unsere erste Kollektion, die Anfang des Jahres herauskam, bis Sommer 2018 verkauft zu haben. Das haben wir fast erreicht“, sagt Florian Hepp, und Christoph Weil ergänzt: „Wir haben Monat für Monat 50 bis 100 Prozent Wachstum. Nachdem wir nicht viel Geld in Marketing stecken, ist das eine beeindruckende Leistung.“

Für das Jahr 2019 haben sich die beiden Schwaben viel vorgenommen. Das Team, das bisher nur aus ihnen besteht, soll auf zehn Mitarbeiter wachsen. Und beide wollen zu 100 Prozent für ihr eigenes Unternehmen tätig sein. Viel Schlaf wird dabei wohl weiterhin nicht herausspringen. Aber das macht den beiden nichts. Gründer ticken eben einfach ein bisschen anders.

Mehr Informationen gibt es im Internet auf www.henribenett.com/de/

Britischer Uhrmacher als Namensgeber

Inspirieren ließen sich die beiden Schwaben von der Geschichte des britischen Uhrmachers Henri Benett, der, 1905 geboren, mit nur 23 Jahren auf große Reise ging - gegen den Willen seiner Eltern, die ihn gern fest angestellt in einer lokalen Manufaktur gesehen hätten. Im Gepäck hatte er sein Uhrmacherwerkzeug, und so entstand in den verschiedensten Manufakturen der Welt Einzelstück für Einzelstück.adö