Weilheim und Umgebung
Seit 60 Jahren unzertrennlich:„Wir haben uns hochgearbeitet“

Jubiläum Seit 60 Jahren sind Manfred und Elisabeth Müller verheiratet – und seither „immer beieinander“.

Weilheim. Bis Manfred Müller seine Elisabeth endlich kennenlernte, sollten viele harte Jahre vergehen. Als er zehn Jahre alt war, wurde seine Familie aus dem Sudetenland vertrieben. Die Flucht der Familie endete in dem 400-Seelen-Dorf Laugna bei Augsburg, das nach der Umsiedelung auf 620 Bürgerinnen und Bürger anschwoll.

Der Krieg prägte auch die Lehrjahre des jungen Manfred Müller: Die großen Firmen waren allesamt zerstört, und so blieb nur die Möglichkeit, in einem der kleinen Betriebe zu lernen. Mit viel Glück fand er damals eine Stelle bei einem Bäcker.

Diese Lehrstelle war es, die ihn letztlich genau dorthin führte, wo er sein Glück finden sollte: In Heidenheim arbeitete Manfred Müller nämlich bei einer Bäckerei, die Waren für ein nur wenige Meter entferntes Reformhaus herstellte. Dort war eine Verkäuferin namens Elisabeth angestellt. „Ich hab sie immer gesehen, da hat’s gefunkt“, erinnert sich Manfred Müller. Es dauerte nicht lange, bis der Bäcker die junge Frau aus dem Ort mit dem passenden Namen „Kleinkuchen“ von sich überzeugt hatte. Am 30. April 1962 folgte die Hochzeit.

Nach der Geburt ihrer Kinder wagte Familie Müller den Sprung in die Selbstständigkeit: Sie wurden Pächter der Bäckerei Blume in Weilheim. „Wir haben uns hochgearbeitet“, sagt Elisabeth Müller. Das Ehepaar schuftete Tag und Nacht in der Bäckerei. „Ich bin jeden Morgen um drei oder halb vier aufgestanden“, erinnert sich Manfred Müller. Elisabeth verkaufte die frischen Backwaren und kümmerte sich um die Buchhaltung. Auch sonntags, wenn ein Reiterfest anstand, sorgten die beiden für frische Wecken.

Trotz der enormen Arbeitsbelastung kamen ihre drei Söhne Uwe, Ralf und Reiner nie zu kurz. „Ich hatte immer Zeit für sie“, betont Elisabeth Müller. Als die Buben noch nicht lesen konnten, setzte sich ihre Mutter nach der Arbeit zu ihnen ans Bett und las ihnen vor. „Danach habe ich gebügelt.“ Zumindest einen Vorteil hatten die langen Arbeitstage: Zum Streiten blieb den Eheleuten definitiv keine Zeit mehr.

Als die Pacht für die Bäckerei Blume schließlich auslief, ging es bei „Bäko“ weiter, einem Großhandel für Bäckereien und Konditoreien. Im selben Jahr erfüllten sich die Müllers auch den Traum vom eigenen Haus.

Besonders jetzt, wo beide längst im Ruhestand und die Kinder aus dem Haus sind, genießen sie das eigene Heim und den großen Garten. Manfred Müller hegt das Gemüsebeet, seine Frau kümmert sich um die Blumen. „Jeder macht seins, dann gibt es keinen Streit“, erklärt Elisabeth Müller verschmitzt. Dabei fällt auf: Wie früher bei der Arbeit macht das Ehepaar noch immer alles gemeinsam. Vor ein paar Jahren waren es noch Radtouren, heute sind es regelmäßige Ausflüge zum Kaffee trinken. Dieses „immer beieinander sein“ ist laut Manfred Müller auch das Geheimnis ihrer langen Ehe. 

Am morgigen Samstag feiern Manfred und Elisabeth Müller ihre Diamantene Hochzeit. Die 60 gemeinsamen Ehejahre sind eigentlich ein Grund zu feiern, doch Manfred Müller ist überhaupt nicht danach. Der Krieg in der Ukraine wühlt zu viele Erinnerungen an seine Kindheit im von Russland besetzten Sudetenland auf. Katharina Daiss