Weilheim und Umgebung

„Singen ist mein Leben“

Chormusik Bei Elisabeth Friedl sind aus einem Jahr Chorleitung 25 Jahre geworden. Der Neidlinger Chor war erst der Anfang ihrer Dirigentenkarriere in der Region. Von Peter Dietrich

Elisabeth Friedl dirigiert den Gemischten Chor des Liederkranzes Neidlingen, geprobt wird in der Alten Schule
Elisabeth Friedl dirigiert den Gemischten Chor des Liederkranzes Neidlingen, geprobt wird in der Alten Schule

Die Zeit ist wahnsinnig schnell vorbeigegangen“, sagt Elisabeth Friedl. Anfang 1992 hat sie, damals als Elisabeth Geißelhart, als erste Frau in der Geschichte des Liederkranzes Neidlingen den Gemischten Chor übernommen. „Ich habe immer schon gesungen“, sagt sie. Mit elf Jahren durfte sie mit einer Freundin endlich in den Kirchenchor, in dem ihre Eltern sangen - in Schwörzkirch, einem kleinen Dorf im Alb-Donau-Kreis. Sie sang in der Ebersbacher Liederlust und ab 1989 in der Ohmdener Liederlust. Bald nach der Geburt ihres dritten Kindes absolvierte sie, auf Betreiben des Ohm­dener Dirigenten, an acht Samstagen den Vizedirigentenkurs: „Das ist alles eine Frage der Organisation.“ Immer wieder dirigierte sie, auch den Ohmdener Kinderchor.

Auf dem Vizedirigentenkurs traf sie Gerhard Pill, damals Vorstand des Neidlinger Liederkranzes. Er rief dann an, als Chorleiter Jürgen Resch die Neidlinger um ein Jahr Pause bat. Ob sie ihn vertreten könne? „Das konnte ich mir nicht vorstellen, ich konnte nicht Klavier spielen. Aber ich sagte mir, dann probiere ich es halt einmal.“ Ein Jahr später stimmte der Chor zugunsten von Friedl ab, sie blieb - aus einem wurden inzwischen 25 Jahre. Der Chor zählt heute 24 Stimmen. Auch wenn Einzelne nicht mehr gut stehen können, sie singen weiterhin mit. „Das Singen bringt Kontakt mit anderen Leuten und ist gut für das Gedächtnis“, sagt Friedl.

Inzwischen spielt Friedl Klavier, das Akkordeon erleichterte ihr den Einstieg. „Aber anfangs habe ich alle Stimmen vorgesungen.“ Selbst nach der Geburt des vierten Kindes blieb sie Chorleiterin. „Das hat gut funktioniert. Am 10. Januar war die Geburt, am 17. Januar habe ich ein Ständchen dirigiert.“ Zusammen mit Bettina und Regina Dell Antonio gründete Friedl im Jahr 1995 für die Gaujugendchortage in der Reußensteinhalle einen jungen Projektchor. Zumindest die Frauen wollten danach weitersingen - so entstand „anima musica“, von Friedl bis 1999 geleitet. Sie hatte die C-Prüfung absolviert, trotzdem merkte sie: „Die Frauen können noch mehr.“ Statt auf konstantem Niveau zu bleiben, gab sie die Chorleitung weiter.

Dafür übernahm sie 1998 den Gemischten Chor des Liederkranzes Unterlenningen für ein halbes Jahr und blieb auch dort hängen. 2004 gründete sie auch dort einen jungen Chor, „Li-Chör-Le“ genannt, und blieb beiden Chören bis 2011 treu. Aus dem Gemischten Chor wurde der monatliche Singtreff, der Friedl weiterhin nach Unterlenningen führt.

2009 begann sie in Erkenbrechtsweiler, dirigiert dort wöchentlich die Männer und monatlich gemischt. Dann wären da noch der Landfrauenchor in Reutlingen, der im Sommer alle zwei Wochen probt, und der Heidengrabenchor, der in alter Tradition im Winter monatlich singt - bis zum Mistklopfen. 2012 hat Friedl in Erkenbrechtsweiler den Schulchor übernommen, ihn aber für die Enkel wieder abgegeben. Den Kinderchor, den sie in Erkenbrechtsweiler gegründet hat, hat sie an die jüngste Tochter Melanie übergeben, macht aber noch Vertretungen: „Da bin ich nach einer Stunde fix und fertig.“

Was sagt denn ihr Mann Hans dazu? „Er singt in allen Chören mit, außer bei den Landfrauen. Wäre er immer daheim, hätte ich nicht so viele Chöre.“ Sie lernte ihn, ihren zweiten Mann, beim Singen kennen. Ihr Start in Erkenbrechtsweiler war einen Tag vor der Hochzeit. Gibt ihr Mann ihr eine kritische Rückmeldung? „Nur wenn ich frage.“ Man müsse, sagt Friedl, nach dem Gefühl gehen, mit Menschen umgehen können. Dass sie selbst gesungen habe, helfe ihr: „Für manchen Dirigenten wäre es hilfreich, auch mal auf der anderen Seite zu sitzen.“ Gegen den Tunnelblick holt sich Friedl externe Stimmbildner in ihre Chöre. Sie geht auch gerne auf Konzerte: „Ich finde es spannend, andere Chöre zu hören. Singen ist mein Leben.“

Friedl lobt die Neidlinger: „Die machen viel mit.“ Das „Viel“ kann durchaus ein afrikanisches oder zumindest englisches Lied bedeuten. Die Noten haben zu Hause ein eigenes Zimmer, das Internet sorgt für Nachschub, auch so mancher Konzertbesuch. Und eines ist für Friedl klar: „Vor dem Auftritt kann ich alles auswendig.“