Weilheim und Umgebung

Start-up: Ideen säen, Erfolg ernten

Transformation Der Ohmdener Kai Kölsch hilft mit seinem Team Start-Ups und etablierten Unternehmen, Innovationen zu entwickeln, deren Markttauglichkeit zu testen und umzusetzen.  Von Thomas Zapp

Sein Lieblingsplatz zum Nachdenken: Auf der Bank in der Nähe von Ohmden kommt Kai Kölsch auf gute Ideen. Foto: Carsten Riedl

Innovationen sollen Verkehrsprobleme lösen, den Klimawandel aufhalten oder schlicht das Leben einfacher machen. Doch welche Neuerung verdient wirklich diesen Namen und was bringt sie am Ende dem Kunden? Solche Fragen treiben nicht nur Erfinder und Start-Up-Gründer um, sondern auch etablierte Firmen, die ihr Geschäftsfeld erweitern oder neue Märkte erschließen wollen. Der Ohmdener Kai Kölsch hat sich lange mit solchen Fragestellungen beschäftigt und daraus ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt.

Mit seiner Firma Seedbox Ventures unterstützt er nicht nur ausgewählte Start-Ups. Denn das Geschäft wäre alleine zu risikoreich. „Von mehr als 50 Pitches nehmen wir maximal eins“, sagt er. Und um dem Neustarter frühzeitig kein Kapital zu entziehen, investieren er und sein Team ihr Know-how und setzt auf Unternehmensanteile für einem gemeinsamen späteren Erfolg.

Seine Firma entwickelt aber auch als „Co-Innovationspartner“ Neuheiten oder digitale Produkte etablierter Unternehmen mit bekannten Namen weiter. Die vermeiden damit ein Problem: Floppt das Produkt, könnte die eigene Marke beschädigt werden. Also nutzt Kölsch mit seinem Team als externe Innovations-Einheit für den Mittelstand beispielsweise eine „GmbH-Hülle“ für das Neuprodukt des Kunden, um dieses inkognito am Markt zu platzieren. Für die Validierung von digitalen Geschäftsmodellen sind Daten essenziell: „Durch das Erstellen von Produkt-Webseiten, Prototypen und Online Kampagnen kann seine Firma mit digitalen Messmethoden eine qualitative und quantitative Marktanalyse erstellen und auswerten, ohne das schon ein fertiges Produkt gebaut werden musste. „Wie das Produkt letztlich ankommt, und welchen Preis potenzielle Kunden akzeptieren würden, dass sollten sie einem am besten schon selbst sagen“, meint er. Die Ergebnisse zu vermitteln, ist nicht immer die reine Freude. „Sie müssen einem Kunden auch manchmal sagen, dass die Idee, auf die er vielleicht viel Zeit und Budget verwendet hat, vom Markt nicht angenommen wurde.“ Inkognito an den Markt zu gehen kann noch einen weiteren Vorteil haben. „Manchmal gibt es eine Lösung, die auch für einen Wettbewerber interessant wäre, die er aber nie von einem Konkurrenten kaufen würde“, sagt Kai Kölsch.

Das Thema Corporate Innovation kennt er von der Pike auf. Das Daimler-Projekt Lab1886, ein konzerneigener Ideen-Inkubator, hat der heute 34-Jährige in seiner Funktion als Business Development Manager mit aufgebaut. Vorher hatte er viele Jahre für die Daimler-Sportwagentochter Mercedes-AMG im Motorsport gearbeitet und dabei viele Unternehmer und Top-Manager als auch innovative Konzepte auf der ganzen Welt kennengelernt. Mittlerweile ist das „Daimler-Kind in dritter Generation“ Kai Kölsch, wie sich Kai Kölsch selbst bezeichnet, beruflich auf neuen Wegen unterwegs, auch wenn er räumlich wieder zurückgekehrt ist. „Ich bin sehr heimatverbunden“, sagt der gebürtige Weilheimer. Seit einigen Jahren lebt er im beschaulichen Ohmden und genießt es jeden Tag aufs Neue, dem Großstadt-Büro in Stuttgart zu entfliehen und nach Hause zu kommen. Auf ein kleines Bänkchen am Ortsrand mit Blick auf die Teck und den Albtrauf zieht er sich nach einem langen Arbeitstag besonders gerne zurück.

Seedbox – zu deutsch: Saatbox – entwickelt als externer Partner gemeinsam mit Unternehmen innovative Produkte, denkt sich über die Dauer seines Engagements in die Firma hinein und durchbricht Muster oder starre Prozesse, die sich vielleicht über Jahre eingeschlichen haben. Derzeit ist das Thema aktueller denn je: Nicht nur die Auto- und Energiebranche befindet sich in einem großen Transformationsprozess. „Bei der Digitalisierung und technologischen Transformation bestehender Branchen stehen wir noch ganz am Anfang“, ist Kai Kölsch überzeugt. Die Transformation gehe etwa in der Autoindustrie weit über die Einführung des Elektromotors hinaus, da gibt es in vielen Bereichen Paradigmen-Wechsel. „Das setzt aber ein grundsätzliches Umdenken der Unternehmen voraus. In einigen Jahren wird man nur noch wenig über diejenigen sprechen die es versucht habt, sondern über diejenigen die es geschafft haben“, sagt er. Dazu will er mit seiner Firma einen Beitrag leisten.

Eins ist für Kai Kölsch aber klar: Seine Arbeit soll nach dem Aufgehen der Saat beendet sein. „Wenn ich in zehn Jahren immer noch Dienstleister des Unternehmens bin, nützt es ihm nichts“, sagt er. Schließlich will er neue Ideen für möglichst viele Unternehmen umsetzen. Auf der Bank unter dem Baum in Ohmden wird er also auch in Zukunft noch regelmäßig Platz nehmen.