Weilheim und Umgebung

Stellplätze bereiten Gemeinderäten Kopfzerbrechen

Seniorenwohnanlage Planer und Bürgermeister sehen keine Notwendigkeit für mehr Parkplätze.

Symbolbild: Pixabay

Neidlingen. Die Zahl der Stellplätze für die geplante Neidlinger Seniorenwohnanlage hat im Gemeinderat für vehemente Kritik gesorgt. Vor dem Neubau sind drei Stellplätze geplant, einer davon für Kunden der Kreissparkasse, die den Geldautomaten nutzen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Weilheimer Straße gibt es vor dem Lebensmittelgeschäft drei weitere öffentliche Stellplätze. Außerdem hat jede Wohnung einen Tiefgaragenstellplatz. Sie sind mindestens 2,85 Meter breit und damit komfortabel zu nutzen.

Wie ist das beispielsweise mit Besuchen an hohen Festtagen, fragten sich einige Gemeinderäte. Simone Hepperle will unbedingt mehr Stellplätze. Gemeinderat Christoph Heilemann schlug sogar vor, zugunsten von drei weiteren Stellplätzen auf eine der 13 Wohnungen zu verzichten. Thomas Maier forderte, in der Nähe Ausweichparkplätze zu schaffen, sonst reiche es für Kinder und Besucher nicht. Ein anderer Vorschlag im Gremium war die Einrichtung eines Doppelparkers, in dem Autos per Aufzug übereinander stehen. Oder könne man den gemeindeeigenen Farrenstall zugunsten von Parkplätzen opfern?

Doch mit diesen Ideen bissen die Gemeinderäte sowohl bei Bürgermeister Klaus Däschler als auch bei Planer Gerhard Stolz vom gleichnamigen Ingenieurbüro auf Granit. Er könne sich mehr öffentliche Stellplätze nicht vorstellen, sagte Klaus Däschler. Es sei nicht möglich, sie für Ostern und Weihnachten frei zu halten. Die Landesbauordnung sei erfüllt, betonte Gerhard Stolz, Stellplätze statt einer Wohnung zudem unwirtschaftlich. „Für einen Stellplatz bekomme ich 60 Euro, für eine Wohnung mehr.“ Doppelparker würden nur schwer angenommen. Stolz ist zudem entschieden dagegen, für Stellplätze weitere Flächen zu versiegeln.

Noch im Mai wird das Baugesuch erwartet. Wie Gerhard Stolz und die Architektin Ann-Kathrin Stolz bei der Präsentation der endgültigen Pläne erläuterten, sei es ihnen beim Feintuning des Projekts gelungen, statt zwölf nun 13 Wohnungen unterzubringen. Um den hohen Dachraum zu nutzen, sind die drei Wohnungen im Dachgeschoss zu Maisonette-Wohnungen geworden. Das schafft zusätzlichen Platz und wertet die Wohnungen deutlich auf. Drei sind rollstuhlgerecht, die anderen - abgesehen von den Galeriezugängen zum zweiten Dachgeschoss - barrierefrei. Die Wohnungen haben zwischen zwei und vier Zimmern und sind zwischen 45 und 111 Quadratmetern groß. Alle haben einen Balkon, eine Terrasse oder Loggia. Auf bodentiefe Fenster wurde bewusst verzichtet, damit die Wohnungen nicht zu leicht von außen einsehbar sind.

Der Hauptzugang zum Gebäude sowie eine Rampe sind von der Weilheimer Straße aus vorgesehen. Von der Mühlstraße her gibt es einen zusätzlichen Nebeneingang. An das rund 50 Quadratmeter große Foyer schließt sich ebenerdig ein ebenso großer Gemeinschaftsraum an, zu dem auch eine kleine Kochnische gehört. Die Kreissparkasse, die in Neidlingen keine personelle Beratung mehr anbietet, kommt mit knapp 19 Quadratmetern aus. Für die Seniorenwohnanlage musste der Bebauungsplan „Neue Schule“ in einigen Punkten angepasst werden, diese Änderungen beschloss der Gemeinderat einstimmig.

Abgesehen von der Frage nach den Stellplätzen stießen die Pläne und eine erste Visualisierung des Gebäudes im Gremium auf große Zustimmung. Als nächster Schritt, so Ann-Kathrin Stolz, stehe der Bau eines Modells an. Auf der bisherigen Visualisierung sei nur der Neubau zu sehen und nicht, wie er sich in die Umgebung einfüge.

Gemeinderat Hans Hepperle forderte eine Wirtschaftlichkeitsberechnung. „Das kommt mit den Gesellschafterverträgen“, versprach Klaus Däschler. Grundlage sei die Kostenberechnung des Architekten. Diese Verträge sind nötig, weil sich neben der Gemeinde ein privater Investor beteiligt. Beide bleiben gemeinsam Eigentümer der Mietwohnungen, Ziel ist laut Rathauschef eine „schwarze Null“. Die Betriebsführung soll das DRK übernehmen. Am 20. Mai entscheidet der Gemeinderat über das Baugesuch, dann sollen auch Gesellschaftervertrag und Wirtschaftlichkeitsberechnung fertig sein. Peter Dietrich

 

Kommentar: Der Fußweg ist zumutbar

Es ist schon merkwürdig: Da startet die Gemeinde Neidlingen ein wegweisendes Wohnprojekt, zentral in der Ortsmitte und direkt an der Bushaltestelle gelegen, nimmt dafür gemeinsam mit einem privaten Investor grob zwei bis zweieinhalb Millionen Euro in die Hand. Und was ist die einzige Sorge der Gemeinderäte? Genügend Parkplätze. Für Besucher wohlgemerkt, denn die Bewohner haben jeweils ihren eigenen Tiefgaragenstellplatz. Feste stationäre Mitarbeiter gibt es beim betreuten Wohnen nicht. Während überall dringend Wohnungen gebraucht werden, erst recht rollstuhlgerechte und barrierefreie, soll eine Wohnung Parkplätzen weichen. Sind Autos also wichtiger als Menschen? Warum soll es Besuchern nicht zuzumuten sein, irgendwo in den umliegenden Straßen zu parken und ein Stück zu Fuß zu gehen? Der Verkehr wird sich in Grenzen halten: Es geht nicht um ein großes Pflegeheim, sondern um 13 quasi ganz normale Wohnungen mit ein wenig altersgerechtem Extraservice.

Ein Vorschlag zur Güte: Am Ortseingang von Neidlingen hat die Firma Festool einen großen Parkplatz. Ihn am Wochenende öffentlich zu nutzen, sei grundsätzlich kein Problem, sagt die Sprecherin der Firma. Man müsse nur vorab die Haftungsfragen klären, falls zum Beispiel jemand ausrutsche. Von diesem XXL-Parkplatz zur Wohnanlage sind es knapp 400 Meter, das dürfte für die meisten Besucher gut zu schaffen und zudem gesundheitsfördernd sein. Eine Station weit mit dem Bus zu fahren, ginge natürlich auch. Aber dieser Gedanke ist wohl noch verwegener. Peter Dietrich