Weilheim und Umgebung

Taxi mal anders

Fahrdienst für Flüchtlinge
Fahrdienst für Flüchtlinge

Bissingen. Wer die Ochsenwanger Steige kennt, weiß, dass sie per Fahrrad nichts für Weicheier ist. Internetseiten wie quäldich.de

geben der Strecke fünf von fünf Härte-Sternen. Vom „gemeinsten Anstieg der Schwäbischen Alb“ ist da im Forum der Kenner zu lesen. Kein Wunder also, dass sich das Gros der Ochsenwanger Bevölkerung lieber ins Auto setzt, statt auf dem Drahtesel hochzugurken. Doof ist das aber für all diejenigen, die gar kein Auto haben. Besonders, wenn sie neu im Land sind und noch so viel zu entdecken haben. Der Linienbus fährt in den Ferien leider auch nur alle zwei Stunden – allerdings auch nur auf Anfrage.

Während die Kirchheimer Flüchtlinge aus Afrika oder dem Nahen Osten also gemütlich mit dem Fahrrad durch die Stadt cruisen, müssen die Flüchtlinge in Ochsenwang in ihren Zimmern hocken bleiben und Däumchen drehen – oder nicht?

Zum Glück hatten ein paar Ochsenwanger eine zündende Idee. Schon bei den ersten Treffen grübelten sie über das Thema. „Unsere größte Sorge war, dass die hier vollkommen vom Weltgeschehen abgekoppelt sind“, sagt Ernst Schmid vom AK Asyl. Ein Fahrdienst musste her.

Seit ein paar Wochen stehen am Ochsenwanger „Rössle“ nun öfter junge Männer und warten. Kommt ein Auto vorbei, sieht man es anhalten und die Türen öffnen. Eigentlich immer. Gehen die Türen wieder zu, sitzen die Männer längst auf der Rückbank auf dem Weg nach Bissingen oder Kirchheim und schwätzen mit den Fahrern.

Vom AK Asyl initiiert, hat sich das Projekt Ochsenwanger Fahrdienst ruckzuck verbreitet. „Die Jungs müssen keine fünf Minuten mehr warten, bis sie mitgenommen werden“, erzählt Schmid: 90 Prozent der Ochsenwanger seien gegenüber den neuen Nachbarn sehr aufgeschlossen. In Bissingen und Umgebung wisse inzwischen sowieso jeder, wo die „nag‘herat“ und nimmt sie gerne mit. Für den Nachhauseweg gibt es an der „Dreiländerkreuzung“ einen weiteren Treffpunkt.

Der S-Bahn-Anschluss für gelegentliche Ausflüge nach Esslingen und Stuttgart scheint ein ganzes Stück nähergerückt. Und wieder „daheim“ im beschaulichen Ochsenwang können die Flüchtlinge die Landluft jetzt richtig genießen. Die ländliche Lage, ist sich Ernst Schmid sicher, biete nämlich eigentlich nur Vorteile: „In Ochsenwang kennt man sich gleich.“ sagt er. „Die sind hier nicht isoliert, sondern mittendrin im Geschehen“. Und seit neuestem eben auch erstaunlich mobil.

Foto: Jean-Luc Jacques