Dass ein Bürgermeister einen Teil seines Ortes unattraktiv machen will, klingt erst mal nach einem falsch verstandenen Wählerauftrag. Doch in diesem Fall werden es dem Holzmadener Schultes viele Anwohnerinnen und Anwohner danken. Denn mit der neuen Tempo-30-Zone wird Holzmadens Durchgangstraße K 1202 nach Ohmden vor allem für den Durchgangsverkehr unattrak-
tiv. Und genau das ist das Ziel von Florian Schepp: Es soll wieder mehr Ruhe einkehren auf und an der Weilheimer und Aichelberger Straße, daher wird die Geschwindigkeit künftig dort von 50 auf 30 Stundenkilometer begrenzt – wie auf den anderen Straßen im Ort mit Ausnahme des Industriegebiets.
Die Maßnahme ist ein wichtiger Teil des Lärmaktionsplans, der für „lärmbelastete Gemeinden“ wie Holzmaden seit 2016 verpflichtend ist und der im Juli 2020 unter Schepps Amtsvorgängerin Susanne Irion im Gemeinderat verabschiedet wurde. Wer nun meint, dass ein Beschluss wie Tempo 30 einfach umzusetzen wäre, wäre überrascht, wenn er die Ordner mit Untersuchungsergebnissen und Briefwechseln zwischen Gemeinde und Landratsamt sehen würde.
Zunächst haben Experten ausführlich gemessen, was eine Temporeduzierung auf den vorgesehenen Straßen genau bringen würde, und zwar „gebäudescharf“, also für jeden Abschnitt. Denn je nachdem wie stark die Bebauung an den Straßenrändern ist, desto unterschiedlicher können die Lärmpegel sein. Laut ausführlichem Lärmgutachten bringt eine regelmäßige Tempo-30-Regel an der Durchgangsstraße von Holzmaden, die Tag und Nacht gilt, an vielen Stellen ein Potenzial für eine Lärmreduzierung von mehr als 2,1 Dezibel, an manchen Stellen sogar bis zu fünf Dezibel.
Intensiver Briefwechsel
Aber so eindeutig das Ergebnis war, so ausführlich verlief anschließend der Informationsaustausch mit dem Landkreis als Baulastträger dieses Abschnitts. Im Landratsamt hatte man Sorge, dass der Bus künftig länger brauchen könnte und der Umleitungsverkehr von der Autobahn behindert werden könnte, wenn es mal eine Verkehrsbehinderung auf der nahe gelegenen A 8 gibt. „Das waren für mich aber keine Argumente, da geht es ja schließlich um eine Güterabwägung. Beim Bus reden wir von Verzögerungen im Sekundenbereich, beim Umleitungsverkehr von ein, zwei Mal im Jahr“, sagt Florian Schepp.
Nach regem Briefverkehr gab es auch vom Kreis grünes Licht, sodass die Schilder nun bald aufgestellt werden können. Flankiert werden sie immer mal wieder von mobilen Geschwindigkeitskontrollen. „Sonst bringen die ganzen Maßnahmen nichts“, weiß der ehemalige Hauptkommissar. Es kann vom jetzigen Zeitpunkt aber noch bis zu zehn Wochen dauern, bis die Schilder aufgestellt werden. Ebenfalls zur Tempo-30-Zone wird dann auch die L 1200 auf dem Holzmadener Abschnitt zwischen Jesingen und Weilheim.
Was vom Aufgabenstapel des Lärmaktionsplans bleibt, ist das Nachtfahrverbot für Lkw sowie der Bereich Autobahn. Hier hat sich Holzmaden mit Kirchheim, Wendlingen und weiteren Gemeinden zusammengetan und im November einen gemeinsamen Brief an die Autobahn AG geschrieben. „Da haben wir aber noch keine Antwort bekommen“, sagt der Bürgermeister. Dabei ist auch noch nicht klar, womit sie der Bund beglücken könnte: Tempo 100, Flüsterasphalt oder eine Lärmschutzwand. Das Thema Lärm wird das Rathaus auf absehbare Zeit nicht in Ruhe lassen.