Weilheim und Umgebung

Traum von der Bahn
nach Weilheim

Infrastruktur Zwei große Wünsche hat Weilheim für den künftigen Regionalverkehr: eine Zugverbindung nach Kirchheim und eine Umgehungsstraße zwischen den Maierhöfen und dem Tobelwasen. Von Bianca Lütz-Holoch

Ende der Strecke: Hinter Holzmadens einstigem Bahnhof enden die Schienen aus Richtung Kirchheim.Foto: Jean-Luc Jacques
Ende der Strecke: Hinter Holzmadens einstigem Bahnhof enden die Schienen aus Richtung Kirchheim.Foto: Jean-Luc Jacques

Es ist ein Wunsch, den viele Weilheimer haben: wieder bequem mit der Bahn nach Kirchheim fahren zu können. Tatsächlich lässt der Verband Region

Soll die Bahnlinie nach Weilheim reaktiviert werden?

Es ist ein Wunsch, den viele Weilheimer haben: wieder bequem mit der Bahn nach Kirchheim fahren zu können. Wie realistisch ist eine Reaktivierung der Strecke?

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Stuttgart ein Türchen für diese Option offen. Im Entwurf für den neuen Regionalverkehrsplan ist vorgesehen, eine Trasse zwischen Kirchheim, Weilheim, Bad Boll und Göppingen frei zu halten. Sogar als hoch dringend stuft die Region eine Umgehungsstraße ein, die im Westen, Norden und Osten an Weilheim vorbeiführt. Nun hat die Stadt eine Stellungnahme formuliert, in der sie ihre eigenen, noch weiter gehenden Wünsche aufnimmt.

„Wir regen an, zu prüfen, ob nicht erst einmal nur die bestehende Strecke zwischen Kirchheim und Weilheim reaktiviert werden könnte“, sagt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. Das sei günstiger als eine komplette Durchbindung von Kirchheim nach Göppingen zu schaffen. Über 200 Millionen Euro würde eine solch große Lösung kosten. Dafür müssten nicht nur die Verbindungen Kirchheim - Weilheim und Göppingen - Bad Boll reaktiviert, sondern auch Weilheim und Bad Boll durch eine ganz neue Trasse verbunden werden.

 

Weil noch gar nicht absehbar ist, wann ein solches Bahnprojekt kommen könnte, nennt die Stadt Weilheim noch ein anderes Anliegen: „Für die Übergangszeit sollte man über einen Schnellbus Göppingen - Kirchheim mit Zwischenhalt in Weilheim nachdenken.“

Zumindest bei einem Teilstück der geplanten Umgehungsstraße wünscht sich die Stadt, dass noch mehr Bewegung in die Sache kommt. „Wir wollen im Norden Weilheims neue Gewerbeflächen ausweisen“, sagt Johannes Züfle. „Deshalb wünschen wir uns für das Teilstück zwischen dem Edeka-Kreisverkehr und dem Gewerbegebiet Tobelwasen die höchste Dringlichkeitsstufe.“

Dass eine Nordtangente nottut, darin sind sich auch Weilheims Gemeinderäte einig. Strittig dagegen ist, ob die Stadt mehr Druck in Richtung Bahnverbindung ausüben sollte. „Ich würde noch einen Schritt weitergehen und beantragen, die Dringlichkeit beim Ausbau der Bahnstrecke hochzustufen“, sagt SBV-Gemeinderätin Gerda Schrägle. „Die Einwohnerzahlen in Region und Stadt sind gestiegen, und der Individualverkehr nimmt immer mehr zu“, klagt sie über die hohe Verkehrsdichte in Weilheim. Von der Vorstellung, den Verkehr wieder mehr auf die Schiene verlagern zu können, zeigt sich auch Dr. Hansjörg Egerer (FWV) begeistert: „Ich finde den Vorschlag der Verwaltung, die Strecke Kirchheim - Weilheim zu priorisieren, sehr gut.“

Vor allzu großer Euphorie warnt dagegen Rainer Bauer (UWV): „Wünschen darf man sich alles - aber egal ob Zugverbindung oder Schnellbus, die Umsetzung hängt nur von der Finanzierung ab.“ Und darüber, wer zahlt, mache der Verkehrsplan keine Aussage. „Wenn ausgerechnet wird, wie viele Personen wirklich täglich damit fahren, ist das meist schon ein K.-o.-Kriterium.“ Seine Prognose: „Realisieren wird man von alledem in den nächsten Jahren nichts.“

Auch Johannes Züfle bremst allzu hohe Erwartungen. Denn das Verkehrswissenschaftliche Institut der Uni Stuttgart hat bereits Untersuchungen zu Nutzen, Wirtschaftlichkeit und eventuellen Problemen einer solchen der Schienenverbindung angestellt. Das Fazit: Die Auswirkungen auf den Verkehr sind nur gering bis mittel einzustufen, während die Auswirkungen auf die schützenswerte Natur hoch ist. Nach wie vor sei offen, ob das Unterfangen angesichts der hohen Kosten und der zu erwartenden Probleme realisiert werden soll.

Schwierigkeiten könnten sich auch noch an anderer Stelle auftun. Denn noch steht keineswegs fest, wo genau eine künftige Bahnstrecke verlaufen könnte. „Wenn sich der Bahnhof irgendwo außerhalb befinden sollte, hat Weilheim nicht mehr so viel davon“, spielte Johannes Züfle die Optionen durch. „Führt die Strecke mitten durch die Stadt, dann müssten wir von einem Tunnel und einem Tiefbahnhof ausgehen“, stellte der Rathauschef in den Raum und betonte: „Wir sollten uns der Probleme bewusst sein, bevor wir ein Weilheim 21 anstoßen.“

Wann wird eine Bahnstrecke reaktiviert?

Bedingungen Damit eine Bahnstrecke reaktiviert wird, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: „Ausschlaggebend sind politischer Wille, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung“, sagt Dorothee Lang, Pressesprecherin des Verbands Region Stuttgart. Entscheidend ist der Kosten-Nutzen-Faktor.

Dringlichkeit Je höher die Dringlichkeitsstufe, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt realisiert wird. Im Falle der Bahnverbindung Kirchheim - Weilheim - Göppingen wird die Dringlichkeit im Entwurf für den neuen Verkehrsplan der Region herabgestuft. Während darin lediglich auf „Trassenfreihaltung“ plädiert wird, hatte die Schienenverbindung im alten Verkehrsplan von 2001 noch den Status „hohe Dringlichkeit“.

Wirtschaftlichkeit. „Wenn in etwas öffentliches Geld investiert wird, muss es sich rechnen“, sagt Dorothee Lang. Die Wirtschaftlichkeit ist auch bei der Strecke Kirchheim - Weilheim - Göppingen ein Knackpunkt. „Die Dringlichkeit wurde heruntergesetzt, weil die Investitionskosten für das Projekt gestiegen sind und der Nutzen vergleichsweise gering ist“, erläutert die Pressesprecherin. Mangelnde Wirtschaftlichkeit war übrigens auch der Grund, warum die Strecke vor rund 30 Jahren stillgelegt wurde.

Finanzierung Bevor ein Projekt kommt, muss die Finanzierung stehen. Dabei werden in der Regel auch die Kommunen zur Kasse gebeten. Das zeigt etwa das Beispiel Württembergische Schwarzwaldbahn im Kreis Calw. Sie geht 2018 nach über 30 Jahren Pause als Hermann-Hesse-Bahn wieder an den Start. Die Kosten von rund 50 Millionen Euro trägt zur Hälfte das Land, die andere Hälfte teilen sich Landkreis und Anrainerkommunen.bil