Weilheim und Umgebung

Uganda braucht einen Mittelstand

Entwicklungsarbeit Handwerk statt Mopedtaxi: Der neue Weilheimer Verein Adept möchte Bildung und Unternehmensgründungen in Ostafrika fördern. Von Bianca Lütz-Holoch

Im Moment müssen die Schüler die Wasserkanister noch weit transportieren.
Im Moment müssen die Schüler die Wasserkanister noch weit transportieren. Foto: Adept
Dafür geht wertvolle Schulzeit verloren.
Dafür geht wertvolle Schulzeit verloren. Foto: Adept

Uganda ist ein junges Land: Fast die Hälfte der Menschen, die dort leben, sind unter 15 Jahre alt. Gute Aussichten haben die He­ranwachsenden in der ostafrikanischen Republik jedoch nicht: Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Einkommen sind niedrig. „Eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist es, Zukunftsperspektiven für junge Menschen in Afrika zu schaffen“, sagt Gabriele Rolfs. Sie engagiert sich seit über sieben Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hat jetzt in Weilheim den Verein Adept mitgegründet. „Wir wollen dazu beitragen, die Lebens- und Ausbildungsbedingungen an Schulen und Berufsschulen südlich der Sahara zu verbessern“, geht die Vorsitzende auf die Ziele des Vereins ein. Fest steht für sie aber: „Wir in Europa wissen nicht am besten, was gebraucht wird.“ Deshalb setzt Adept auf enge Kooperation mit Partnern vor Ort.

An diesem Abend ist Denis Kalyango, Schulinspektor im Projektgebiet des Vereins, zu Gast in der Weilheimer Schlossscheuer. Er erzählt von seinem Heimatland und dessen Problemen und erläutert gemeinsam mit Gabriele Rolfs, was Adept tut, um sie zu lindern.

Brunnen sollen die Situation verbessern. Fotos: Adept
Brunnen sollen die Situation verbessern. Foto: Adept

„Vor allem im Süden Ugandas gibt es in den ländlichen Gegenden viele arme Dörfer“, berichtet Denis Kalyango. Er zeigt ein Bild von kleinen, runden Holz- und Lehmhütten mit strohgedeckten Dächern, die auf rotem Sandboden stehen. „Die Menschen dort verdienen weniger als einen Dollar pro Tag.“ Ein Großteil von ihnen betreibt eine kleine Landwirtschaft zur Selbstversorgung. Hauptnahrungsmittel in Uganda sind Kochbananen, Matooke. Maschinen und moderne Werkzeuge gibt es nicht. „Wir benutzen die Hände“, so Kalyango.

Kinder, die aus solch armen Verhältnissen stammen, beenden oft nicht einmal die siebenjährige Grundschule. „Viele Familien können sich die Schulgebühren nicht leisten“, geht Denis Kalyango auf die Hintergründe ein. Mädchen werden immer wieder für Geld sexuell missbraucht und früh verheiratet. Die Jungs haben nichts zu tun und lungern in Gruppen herum oder hoffen darauf, mit Mofataxis, den sogenannten Boda Bodas, das schnelle Geld zu machen - ohne Ausbildung und oft auch ohne Führerschein.

Foto: Carsten Riedl
Denis Kalyango und Gabriele Rolfs. Foto: Carsten Riedl

Was fehlt, sind sauberes Wasser, gute und moderne Bildungsangebote für Jungen und Mädchen - und ein unternehmerischer Mittelstand. Gerade der ist wichtig für die Entwicklung eines Landes, denn er schafft Arbeitsplätze. Deshalb möchte Adept in drei Bereiche investieren: „Eine gute Schulbildung, Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Know-how in Sachen Unternehmensgründungen“, sagt Gabriele Rolfs. Besonders die berufliche und handwerkliche Ausbildung hat der Verein im Blick, denn: „Eine rein akademische Bildung schafft keinen Mittelstand.“

Aktuell unterstützt Adept ein Berufsschulzentrum und vier Sekundarschulen mit unterschiedlichen beruflichen Zweigen. Gabriele Rolfs hat alle in den vergangenen Monaten zweimal besucht und sich selbst ein Bild gemacht. „Ziel in dem Berufsschulzentrum ist es, die Werkstätten zu modernisieren und Wissen weiterzugeben“, sagt die Vereinsvorsitzende. An erster Stelle steht die Schreinerei. Sie wird mit neuen Geräten ausgestattet, ein deutscher Schreiner soll dann Schüler und Lehrer einweisen.

Öffentliche Info-Veranstaltung in der Weilheimer Schlossscheuer des Vereins ADEPT e.V. Gabriele Rolfs ist da federführend tätig
Die Info-Veranstaltung in der Weilheimer Schlossscheuer war gut besucht. Foto: Carsten Riedl

An den Sekundarschulen stehen gleich an zwei Standorten neue Wassertanks an erster Stelle. Eine der Schulen braucht zudem weitere Nähmaschinen, eine andere einen neuen Mädchenschlafsaal. Auch Patenschaftsprogramme werden gestartet. Außerdem wird Weilheims ehemaliger Realschulrektor Winfried Rindle, Gründungsmitglied bei Adept, im Herbst ins Land reisen, um den Lehrern zeitgemäßes Unterrichten nahezubringen.

Zu Gast waren an dem Abend in der Schlossscheuer auch Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle, der Esslinger CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Deusch­le (CDU) und der Kirchheimer Landtagsabgeordnete Andreas Kenner (SPD). Der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) konnte ebenso wie Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, nicht dabei sein. Beide ließen aber ihre Rede verlesen. Für musikalische Umrahmung sorgten Dekanatskirchenmusiker Thomas Specker am Piano sowie Winfried Müller (Gesang).

Der Verein Adept und seine Kooperationspartner

Denis Kalyango kooperiert eng mit Adept. Er ist Schulinspektor im Schulwerk der Diözese Masaka im Süden Ugandas, der Partnerregion von Adept. Das Schulwerk hat über 600 Ausbildungsstätten - von der Grundschule bis zur Universität - unter seinen Fittichen. Es ist anerkannter Partner des deutschen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Denis Kalyango ist 39 Jahre alt, hat einen Bachelorabschluss in Erziehung und einen Mastertitel in Development Studies. Bevor er ins Schulwerk wechselte, war er acht Jahre lang Lehrer.

Zu den Partnern des Vereins Adept gehört der Senior Expert Service (SES). Er ist als Stiftung der deutschen Wirtschaft tätig und entsendet ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Unter seinem Dach wird auch Weilheims ehemaliger Realschulleiter Winfried Rindle nach Uganda reisen. Adept kooperiert zudem mit der Leuphana Universität in Lüneburg und der Makarare Business School in Kampala, der ugandischen Hauptstadt. Beide Institutionen haben sich dem Unternehmenstraining verschrieben.

Elf Gründungsmitglieder hat Adept. Vorsitzende des Vorstands ist Gabriele Rolfs. Sie war Leiterin Lenninger Musikschule und hat Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika. Stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Jürgen Dambrowski, Finanzvorstand bei TTS Tooltechnik Systems Wendlingen. Im Vorstand sitzen auch Dr. Christian Rolfs, Vorstandsvorsitzender bei TTS, Winfried Rindle und Iris Neuss. Auch der Kirchheimer Kirchenmusiker Thomas Specker und Eberhard Lebküchner von ELM in Bissingen sind Gründungsmitglieder.

Uganda hat gut 41 Millionen Einwohner. Die Republik wird von einem Präsidenten regiert und hat sich 1995 per Verfassung zur Rechtsstaatlichkeit bekannt. Das Land nimmt auch Flüchtlinge auf, aktuell vor allem aus dem Sudan. Uganda grenzt im Süden an den Viktoriasee, hat aber keinen Zugang zum Meer. 84 Prozent der Menschen in Uganda gehören dem Christentum an, 14 Prozent dem Islam. 80 Prozent der Bevölkerung sind Selbstversorger, nur 53 Prozent der Kinder beenden die siebenjährige Grundschule.bil