Weilheim und Umgebung

Verrücktsein ist gut fürs Gehirn

Vortrag Die Neurowissenschaftlerin Dr. Elke Präg stellt in der Weilheimer Limburghalle klar: Intelligenz hat nichts mit dem Geschlecht oder Alter zu tun. Von Sabine Ackermann

Dr. Elke Präg. Foto: Sabine Ackermann

Sie sind genau diejenigen, die alles richtig machen, Sie sind hier“, mit diesen Worten richtet sich Dr. Elke Präg an die 400 Gäste in der Limburghalle in Weilheim. Ein cleverer Schachzug der Referentin. Ein Lob als Eisbrecher - das kommt immer gut. Und dann geht’s auch schon los. Angefangen von einer einzigen Nervenzelle bis hin zu hoch komplexen Netzwerken des Gehirns erklärt die Referentin die Funktionsweise des „Organs im Zenit seiner Effizienz“ und seiner Veränderungen über den Verlauf des Lebens.

Anhand von einfachen Bildern und Beispielen auf der großen Leinwand werden die Zusammenhänge zwischen Gehirn und Verhalten dargestellt. Angenommen man sieht eine Blume, empfangen sensorische Nervenzellen des Auges die Reize, die über Leitungsbahnen direkt in das Gehirn weitergegeben werden. Dort werden weit verzweigte Netzwerke aktiv, die die Informationen aufspalten und im Anschluss wieder zu einem verständlichen Bild zusammensetzen. „Ich muss sie da immer wieder um ihre Fantasie bitten“, vermerkt die Neurowissenschaftlerin lächelnd, die auf Einladung der BKK Scheufelen, dem Sozialen Netz Raum Weilheim und dem Seniorenforum Weilheim angereist ist.

Kein Unterschied in der Intelligenz

Sie beleuchtet auch gewisse Unterschiede zwischen Männern und Frauen sowie Möglichkeiten zur Erhaltung der kognitiven Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter aufgezeigt. Die Tatsache, „dass die Intelligenz bei beiden Geschlechtern gleichsam vorhanden ist“, sorgt für entspanntes Aufatmen und Gelächter ist die Erkenntnis, dass das Gehirn - wie der Körper - mittels des Effizienzprinzips arbeitet und mit dem geringstmöglichen Aufwand den bestmöglichen Erfolg erzielen will. „Entsprechend ist eine aktive Nutzung des Gehirns und seiner Netzwerke die wirksamste Weise, das Gehirn jung und flexibel zu halten“, betont Elke Präg.

„An einer einzigen Nervenzelle können Informationen von über 20 000 vorgeschalteten Nervenzellen eingehen, um dann gefiltert an 1 000 nachfolgende Nervenzellen weitergegeben zu werden“, verdeutlicht Elke Präg und ergänzt: „Wichtig für die Aktivität einer Nervenzelle ist das Sammeln von Informationen über ihre Ausläufer, die sogenannten Dendriten, auf welchen Tausende von Synapsen sitzen.“ Erst bei ausreichendem Input, der die sogenannte Aktivitätsschwelle überschreitet, werde die Nervenzelle selbst aktiv und sendet immer in Netzwerken ihre Informationen weiter. Jede Menge an Informationen und Fremdwörtern, die das umwerfend und einzigartig arbeitende „Oberstübchen“ aller Anwesenden bestimmt um einiges jünger machten.

Zeit für persönliche Gespräche nahm sich Dr. Elke Präg nach ihrem Vortrag.Fotos: Sabine Ackermann
Zeit für persönliche Gespräche nahm sich Dr. Elke Präg nach ihrem Vortrag. Foto: Sabine Ackermann

So bleibt das Gehirn in Form

Farben, Formen und Schrift sind nur einige der Netzwerke, die in 150 bis 200 Millisekunden als Bild wahrgenommen werden.

Je länger nichts Neues mehr gelernt wurde, desto mehr Arbeit, schnellere Ermüdung sowie höheren Energie- und Zeitaufwand benötigt man zum Lernen, Anpassen und Reagieren auf eine neue Situation.

Die Entwicklung der individuellen Netzwerke wird beeinflusst durch die Förderung, das soziale Umfeld, Arbeit und Hobbys, Umwelt sowie die Hormone.

Das „Nahrungsmittel“ für das Gehirn ist Luft. Ohne Sauerstoff stirbt das Gehirn-Gewebe innerhalb von wenigen Minuten unwiederbringlich ab.

Das Gehirn verbraucht mehr als ein Fünftel des täglichen Energiebedarfs. Abwechslungsreiches Essen sorgt für Energie - zum Beispiel aus schnell verfügbaren Kohlenhydraten. Ebenso wichtig sind Mineralstoffe, die natürliche Vitamine A, C, E, sekundäre Pflanzenstoffe, ungesättigte Fette, Eiweiß sowie Fisch, denn m Fisch sind wichtige Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Ergänzungsmittel nützen nur bei hoher sportlicher Belastung oder auftretenden Mangelerscheinungen. Ein Überangebot von künstlich zusammengesetzten Vitaminen und Mineralien kann sehr schädlich und sogar tödlich sein. Im Gehirn wirken sie nur dort, wo tatsächlich Aktivität stattfindet.

Der Erhalt und der Aufbau von „Ersatz-Netzwerken“ wird durch das Lernen neuer Sprachen, Musikinstrumente und Hobbys gefördert, die können gerne auch so verrückt wie möglich sein, sagt die Gehirn- Expertin.ack