Weilheim und Umgebung

Verwegene Räuber und ihre Geschichten

Kulturprogramm „Fiedel und Flinte“ musizieren und zaubern sich durch die Welt des Schinderhannes und der großen Räuberbanden. Von Patricia Jeanette Moser

Heitere Spiele, zwischen Gesang und Zauberei, aus der Zeit des Schinderhannes sorgten für ausgelassene Stimmung im Publikum.Foto
Heitere Spiele, zwischen Gesang und Zauberei, aus der Zeit des Schinderhannes sorgten für ausgelassene Stimmung im Publikum. Foto: Patricia Jeanette Moser

Das sommerliche Kulturprogramm in der Schlossscheuer wurde bestens angenommen“, resümiert Andrea Bauknecht von der Stadt Weilheim am Abend der letzten Veranstaltung. Geladen war zum „Räuberabend“ rund um Johannes Bückler, alias Schinderhannes. „Wir sind so dankbar, dass sie diese Kulturangebote möglich machen“, äußerten sich die Besucher den Veranstaltern gegenüber.

„Wir brauchen wieder mehr Kultur“, so heißt es auch beim Partner-Veranstalter „Kino, Kunst, Kultur Weilheim“. Musik, Unterhaltung, Humor, Zauberkunst und viel Informationen zum abendlichen Thema Schinderhannes gibt es dann vom Ensemble ­„Fiedel und Flinte“. Lieder und Moritaten, oft schelmisch vorgetragen und ins­trumental grandios begleitet, informierten über die Zeit des berühmt-berüchtigten Räubers um 1798. Klangvoll werden die Gäs­te in der Schlossscheune mitgenommen in die dunklen Wälder links und rechts des Rheins. Die Schlossscheune bietet den Künstlern dabei eine authentische Kulisse, das die beiden Künstler mit Bildern ausschmücken, die zahlreiche Zeitgenossen des Schinderhannes darstellen.

Die Zuschauer befinden sich beim Räuberabend in der Zeit des französisch besetzten Hunsrück, der Blütezeit der Räuberbanden. Andreas Thelen eröffnet den Abend als napoleonischer Offizier, der sich Fiedels Gesang mit vorgehaltener Waffe erzwingt. Viele weitere Rollen wird ­Andreas Thelen am Abend noch einnehmen und spricht in unterschiedlichsten Dialekten. Als Zauberkünstler überrascht er mehrmals am Abend und zeigt dabei „Theater mit Effekt“.

Andreas Thelen belegte 2014 den zweiten Platz in der Sparte „Salonmagie“ bei den Österreichischen Meisterschaften der Zauberkunst. Außerdem ist er Mitglied im Magischen Zirkel von Deutschland und beim International Brotherhood of Magicians.

Jürgen Thelen überzeugt als Fiedel und bedient eine Vielzahl an historischen Instrumenten in Perfektion. Virtuos spielt er Schlüsselfiedel, Gemshorn, Drehleier, eine Art mechanischer Geige, Brummtopf, Akkordeon, Mandoline, Gitarre und Flöte. Seine sonore Baritonstimme unterstreicht die Ernsthaftigkeit und Erzählkraft in den Liedern und Moritaten.

Maske am Henkersstrick

Humor eint die beiden Künstler und sorgt für einen reibungslosen Programmablauf unter Corona-Bedingungen. Mit Abstand vom Publikum wird ohne Maske gespielt. Beim Publikumskontakt sitzt die Maske spontan, wo sie hingehört. Zwischengeparkt hängt sie am Henkersstrick in den Kulissen. Wo sonst 50 Besucher Platz hätten, dürfen gerade einmal 23 Gäste anwesend sein. Aber immerhin - und die genießen nicht nur die ausgelassene Spielfreude der beiden Künstler, sondern auch die Arm- und Beinfreiheit. Passagen zum Mitsingen und Mitklatschen bringen zusätzlichen Schwung. In der Pause vereinen sich Publikum und Künstler beim Glas Wein und im Gespräch. Motiviert geht es auch im zweiten Teil des Abends hin zu Themen um Hexen, Messer und Gauner, in Liedform und Sketchen.

Kohlrabenschwarze Haare und Augen voller Glut, so heißt es über Julchen, die zur Räuberbraut wird. Das Lied vom Schwarzen Peter wird vorgetragen oder das vom Schwarzen Jonas, ein Mitglied der Räuberbande des Schinderhannes. Frei nach Carl Zuckmayer wird die Geschichte um Schinderhannes besungen und mit Bildtafeln dokumentiert. Fiedel und Flinte nehmen das Publikum mit an jeden Ort des Räubergeschehens. Die Künstler vermitteln die Leichtigkeit und Freiheitsliebe des Räuberdaseins. Ernüchterung kehrt ein, wenn Schinderhannes mehrmals in den Turm gesperrt wird, einmal in Simmern und einmal in Mainz. Am 21. November 1803 findet Johannes Bückler, alias Schinderhannes, sein Ende unter der Guillotine. Ohne Reue bestätigt er dem Richter, dass er, hätte er die Gelegenheit, alles nochmal so machen würde.

Ein verwegener Abend in der Weilheimer Schlossscheuer, der mit zwei Gesangszugaben und viel Applaus ausklingt.