Weilheim und Umgebung

Viele Oechlse für den Bertoldswein

Weinbergbegehung an der Weilheimer Limburg: Winzer freuen sich über einen guten Jahrgang

Liebhaber von Bertoldswein und Co. können sich freuen: Der heiße Sommer hat den Reben an der Limburg offenbar gut getan. Bei der traditionellen Weinbergbegehung der Stadt Weilheim und des Vereins der Weinbergbesitzer prognostizierten die Winzer einen besonders guten Jahrgang.

Weilheim. Dick behangen mit blauen und weißen Trauben sind die Rebstöcke an den Weinhängen der Limburg. Wo im vergangenen Jahr Kirschessigfliege und Hagel mehr Matsch als Früchte hinterlassen hatten, hängen heuer etliche kerngesunde und süße – wenn teilweise auch kleine – Früchte. „Wir erwarten ein gutes Weinjahr“, verkündete Werner Kauderer, Vorsitzender des Vereins der Weinbergbesitzer in Weilheim, bei der Weinbergbegehung an der Limburg. Jedes Jahr im Herbst laden Stadt und Weinbergbesitzer gemeinsam dazu ein, in kleiner Runde mehr über Sorten, Menge und Qualität der Trauben zu erfahren – und natürlich das ein oder andere Weilheimer Tröpfchen sowie Weine der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck zu verkosten. Nicht fehlen durften dabei auch die Winzerweisheiten und -sprüche, die Werner Kauderer und Rainer Bauer, Stadtrat und Mitglied im Verein der Weinbergbesitzer, zum Besten gaben. „Wir haben ungefähr den doppelten Ertrag vom letzten Jahr“, sagte Werner Kauderer. Auch die Qualität sei hervorragend: „Wir werden wohl einen Durchschnittswert zwischen 85 und 90 Grad Oechsle erreichen.“ Zum Vergleich: Im Rekordsommer 2003 lag der Schnitt bei 94 Oechsle­graden. Üblich sind um die 80 Grad Oechsle, vergangenes Jahr waren es nur zwischen 70 und 75.

„An die Werte von 2003 kommen wir zwar nicht ganz ran. Aber es sind auch noch andere Faktoren entscheidend, wie etwa Säure und PH-Wert“, so Kauderer. Der Wein des Ausnahmejahrgangs 2003 beispielsweise sei nicht lagerfähig gewesen. „Da hat wahrscheinlich die Säure gefehlt.“

Nach dem Hagel im vergangenen Jahr trat auch 2015 ein lokales Wetterphänomen auf, das Einfluss auf den Wein hatte – dieses Mal allerdings positiven: „Am 23. Juli hat es in einer Nacht 65 Liter pro Quadratmeter geregnet“, berichtete Werner Kauderer. Das sei rund die Hälfte der Niederschlagsmenge dieses Sommers insgesamt: „Den Reben hat das wirklich gut getan.“ Ein solches Glück hätten die Weinbauern in Esslingen, Untertürkheim und dem Remstal nicht gehabt. Dort seien, so Kauderer, die Auswirkungen der Trockenheit viel stärker zu spüren.

Auch sonst scheint der trockene, heiße Sommer dem Weinbau an der Limburg gut bekommen zu sein. „Wir hatten alle große Angst, dass die Kirschessigfliege wieder auftaucht“, gab Werner Kauderer zu. Dem Schädling war es aber wohl zu warm: „Es heißt, dass es ab einer Temperatur von 30 bis 35 Grad keine Kirschessigfliegen-Population mehr gibt.“ Für Weilheim jedenfalls traf diese Regel zu: „Wir hatten dieses Jahr keine Probleme mit der Kirschessigfliege.“ Auch Pilzbefall und Mehltau seien kaum aufgetreten. „Dafür waren viele Wespen unterwegs und Vögel, die sich die Beeren geholt haben.“

Insgesamt sind das wieder gute Aussichten für die Bertoldweine, die an Weilheims Zähringergeschichte erinnern. Der rote Spätburgunder und der weiße Silvaner – im vergangenen Jahr mit der bronzenen und silbernen Medaille des württembergischen Weinbauverbands ausgezeichnet – werden von der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck ausschließlich aus Weilheimer Trauben gekeltert und gerne auch von der Zähringerstadt abgenommen, verschenkt und ausgeschenkt. „Der Rotwein geht uns zum Ende hin allerdings immer aus“, verriet Bürgermeister Johannes Züfle. Welcher davon auf dem Tisch kommt, spielt aus Sicht von Rainer Bauer ohnehin keine Rolle: „Egal ob roter oder weißer Wein, von der Limburg muss er sein.“ Werner Kauderer würdigte das gute Weinjahr mit einem traditionellen Spruch: „Das muss ein‘ Jahrgang geben, wie selten einer war. Am Traubensaft der Reben misst man das Sonnenjahr. Was keiner je erfunden, so sehr er auch sinniert, hier sind die Sonnenstunden auf Dauer konserviert.“

Als die Mühlen still standen und der Wein stark war wie nie

Auch früher hat es schon klimatische Ausnahmejahre gegeben. So zückte Werner Kauderer, Vorsitzender des Vereins der Weinbergbesitzer Weilheim, die „Chronik von Weilheim an der Teck 1758 - 1895“ und las vor, wie es genau vor 150 Jahren um den Weinbau an der Limburg stand: Außerordentlich früh habe der Wein im Jahr 1865 geblüht. Ende Mai seien die Knospen aufgegangen, und Anfang Juli waren sie alle verblüht. Regen habe es den Sommer über nicht gegeben: Es gab kaum Öhmd und die Mühlen standen still. Ihr Korn mussten die Bauern deshalb ins Lenninger Tal zum Mahlen bringen. Erst nach Weihnachten, so heißt es in der Chronik, sei wieder Wasser in den Bächen gelaufen. Die Weinlese habe schon Anfang oktiber begonnen. In jenem Sommer hätten die Weinreben nur wenig Früchte getragen. „Aber sie waren stark wie nie“, heißt es. Schon ein Liter der Getränks habe zum Rausch geführt. Gar tot umgefallen sein sollen einige Leute nach dem Genuss des Getränks. Wirtshäuser hätten deshalb die Anweisung erhalten, nur noch halbe Schoppen aufzutischen und den Wein mit Wasser zu vermischen.bil