Weilheim und Umgebung

Vor 100 Jahren übernahmen die Herrnhuter das Kurhaus

Jubiläum Die Atmosphäre des Hauses sorgte dafür, dass Bad Boll große Bedeutung genoss.

Das Kurhaus heute.Foto: Archiv
Das Kurhaus heute. Foto: Archiv

Bad Boll. Ein rundes Jubiläum feiert die Evangelische Brüder-Unität am Standort Bad Boll: Vor fast genau 100 Jahren, ein Jahr nach dem Tod von Christoph Blumhardt, wurden das Kurhaus und das angrenzende Gelände an die Evangelische Brüder-Unität übertragen. Die Erben hatten lange nach einem Nachfolger gesucht, der das Kurhaus im Sinne von Pfarrer Blumhardt weiterführen könnte.

Der pietistische Pfarrer Johann Christoph Blumhardt und sein Sohn Christoph Blumhardt hatten das Kurhaus, das seit 1595 mit seiner Schwefelquelle als Heilbad fungierte, 68 Jahre lang mit besonderem Charisma als eine Heilanstalt für „Gemüthskranke und Angefochtene aller Art“ geführt. Vielen Hilfesuchenden konnte die offene und fromme Atmosphäre im Haus und die tiefe Glaubensgewissheit der beiden Blumhardts helfen, und Bad Boll gewann große Ausstrahlung. Täglich hielt Vater und später Sohn Blumhardt eine Andacht über die Tageslosung der Brüdergemeine.

Nach der Übernahme durch die Brüder-Unität folgten umfangreiche Renovierungen. Gleichzeitig wurde das Behandlungsangebot nach und nach erweitert. Zur Anwendung kam ab den 30er-Jahren ein Heilschlamm aus Posidonien-Schiefer, die sogenannten Fangopackungen. In den 70ern wurde ein Mineral-Thermalbad eröffnet. Das Kurhaus wurde zunächst als offene Klinik, später als Kurklinik geführt.

Immer wieder machte das Haus wirtschaftlich schwierige Zeiten durch. 1993 wurde es in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt. 1999 wurde diese an die Diakonie Stetten übertragen, und seit 2013 ist das Klinikum Christophsbad in Göppingen der Träger.

Die offizielle Gründung der Herrnhuter Brüdergemeine Bad Boll als eigene Gemeinde erfolgte am 20. Februar 1923. Drei Jahrzehnte später erfolgte der Spatenstich für die Herrnhuter Siedlung, in der heute noch viele Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine wohnen.

Im Zweiten Weltkrieg diente das Kurhaus als Lazarett. Nach dem Krieg schlug hier die Geburtsstunde der Evangelischen Akademie Bad Boll. Im August 1945 luden der damalige Landesbischof Theo­phil Wurm und der spätere erste Direktor der Akademie, Eberhard Müller, „Männer des Rechts und der Wirtschaft“, zu einer Tagung ein. Bereits da stand die Idee einer kirchlichen Akademie im Raum. Die Evangelische Akademie Bad Boll war eine der ersten neugegründeten kirchlichen Tagungsstätten. Heide-Rose Weber