Weilheim und Umgebung
Weilheim baut auf Jurten-Kindergärten

Betreuung Der Kindergarten in Hepsisau soll durch einen Jurten-Kindergarten ersetzt werden. Insgesamt plant Weilheim drei naturnahe Zelt-Kitas – und besäße damit ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Von Bianca Lütz-Holoch

Dass ein Naturkindi den baufälligen Kindergarten im Weilheimer Teilort Hepsisau ersetzen soll, steht quasi fest. Unterschiedliche Ansichten hatten Stadtverwaltung, Stadträte und Ortschaftsräte aber bis vor kurzem, wie Gebäude und Konzept aussehen sollen. Die Vorstellungen reichten von einem weiteren Waldkindi mit Bauwagen oder Blockhütte bis hin zu einem massiven Neubau mit naturnahem Konzept. Jetzt scheint eine Lösung gefunden, die weit mehr ist als ein nur ein Kompromiss und gut ankommt: Hepsisau soll einen Jurten-Kindergarten bekommen. „Er bringt zwei Welten zusammen und bietet einen Mittelweg zwischen dem klassischen Waldkindergarten und einer gemauerten Kita“, sagt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle und schwärmt: „Wir sind alle ganz angetan.“

Und nicht nur für Hepsisau scheint ein Jurten-Kindergarten geeignet. Aus Sicht der Stadtverwaltung bieten die naturnahen Zelt-Kitas auch eine ideale Lösung für die Betreuungsengpässe in der Kernstadt. „Uns hat das Projekt so überzeugt, dass wir es uns in Weilheim gleich drei Mal vorstellen können“, sagt Johannes Züfle. Hintergrund ist, dass in Weilheim trotz einer geplanten Erweiterung der Kitas Egelsberg und Öhrich noch zwei Ü3-Gruppen fehlen. Mit einem Neubau in der Kirchheimer Straße hatte sich der Gemeinderat nicht anfreunden können. „Die genauen Standorte für die Jurten in Weilheim sind noch fraglich“, sagt Johannes Züfle. In der engeren Auswahl sind aber Plätze in der Gänsweide und auf dem Egelsberg.

 

„Das Konzept bringt zwei Welten zusammen. 
Johannes Züfle
Weilheims Bürgermeister über den Jurtenkindergarten als Mittelweg zwischen Waldkindi und normaler Kita

 

Bei einer Besichtigungsfahrt im September hatten sich Verwaltungsmitarbeiter und Bürgervertreter auch die Jurten-Kindergärten der Schwäbisch Gmünder Firma „LivingCircles“ angeschaut. Überzeugt hatte sie nicht nur die Bauweise der Zelte mit Echtholzboden, Glaskuppel und großen Panoramafenstern, sondern auch das pädagogische Konzept. „Es betont die Naturnähe und die natürlichen Kreisläufe“, so der Bürgermeister. Geheizt wird beispielsweise mit Holzscheiten oder Pellets. „Die holen die Kinder zusammen mit den Erziehern.“ Das gleiche gilt für das Wasser. Es muss geholt und auch wieder entsorgt werden. „Die Kinder werden eingebunden und dazu gebracht, sich Gedanken über den Ressourcenverbrauch zu machen“, erläutert der Bürgermeister.

Ein weiterer großer Vorteil: „Die Jurten lassen sich schnell und einfach aufbauen.“ So könnten die zwei Gruppen in Weilheim bereits im Herbst 2022 an den Start gehen. Für Hepsisau ist ein Umzug in den Jurten-Kindergarten während der Sommerferien 2024 geplant, sobald die Krippengruppe umziehen kann. Als Standort für das Zelt hat die Verwaltung den Freibereich des aktuellen Kindergartens ins Auge gefasst. So wäre auch eine nahtloser Übergang möglich. „Die Jurte ließe sich im Freibereich parallel zum Betrieb aufbauen“, erläutert der Bürgermeister.

Mit den Jurten-Kindergärten würde Weilheim eine Vorreiterrolle in der Region einnehmen. Das bringt aus Sicht der Verwaltung gleich zwei Vorteile: In Hepsisau soll ein solch alternatives Konzept dafür sorgen, dass auch Kinder aus der Stadt in den kleinen Teilort kommen. Im Dorf selbst ist die Zahl der Kindergartenkinder nur knapp zweistellig. Immer wieder war in der Vergangenheit die Rede davon gewesen, dass sich der Betrieb des Kindergartens angesichts der Zahlen auf Dauer nicht rechnet. Auf der anderen Seite erhofft sich die Verwaltung, mit einem attraktiven, alternativen Konzept auch in Zeiten des Fachkräftemangels genügend Erzieherinnen und Erzieher zu finden. Die Entscheidung über die Jurten-Kindergärten fällt der Weilheimer Gemeinderat bei seiner Sitzung am 23. November.

Nachhaltigkeit trifft auf High-Tech

Herzstück der Jurten-Kindergärten des Schwäbisch Gmünder Unternehmens „LivingCircles“ ist ein Basismodul mit 50 Quadratmetern Fläche. Es kann ergänzt werden durch kleinere Module wie Sanitäranlagen, Ess- oder Schlafräume.

Bei den Jurten werden uralte Bautechniken und Naturmatierialien ebenso wie innovative Technologien eingesetzt. Boden und Stützen sind aus Holz, isoliert wird mit Schafwolle, die Außenhaut besteht aus Glasfasergewebe und die Fenster aus Sicherheitsglas. Im Boden verankert werden die Zelte mit Schraubfundamenten, die nach dem Abbau keine Spuren hinterlassen.

In Weilheim steht die Standard-Ausstattung zur Diskussion. Sie sieht einen Anbau mit Schmutzgarderobe und Trocken-Trenntoiletten vor, der direkt mit dem Gruppenraum verbunden ist. Außerdem gibt es Sitzhocker, Tische und Beleuchtung, ein Waschbecken, einen Büroplatz sowie einen Pelletofen und einen Lager- und Technikraum unterm Boden.

Die Kosten pro Jurte schätzt die Stadtverwaltung auf rund 0,7 Millionen Euro. bil