Weilheim und Umgebung
Weilheim stärkt mit Boule und Kaffee das „Wir-Gefühl“

Integration Ein neu gegründetes Netzwerk in Weilheim möchte das gute Zusammenleben im Städtle fördern. Die ersten Projekte laufen bereits an. Von Bianca Lütz-Holoch

Ob alteingesessen oder neu zugezogen, ob mit oder ohne Migrationserfahrung – für ein gutes Miteinander sind alle Bewohner einer Stadt gefragt. In Weilheim ist nun das „Netzwerk Integration Weilheim“ (NIW) gegründet worden, eine Austauschplattform für haupt- und ehrenamtliche Akteure rund um das Thema Integration. „Ziel ist es, das Wir-Gefühl und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, Menschen mit Migrationsbezug Teilhabe zu ermöglichen und Projekte anzustoßen“, sagt Andrea Katz von der Führungsakademie Baden-Württemberg. Ein Jahr lang hat sie im Rahmen eines Förderprogramms des Landes die Entstehung des Weilheimer Netzwerks als externe Fachkraft begleitet und es jetzt in die Selbstständigkeit entlassen.

 

„Das NIW ist kein starres Gebilde, es ist immer offen für neue Mitstreiter.
Thomas Güthle

 

Auch wenn das Netzwerk noch am Anfang steht – eine Menge Arbeit ist bereits getan, und die ersten Projekte laufen. Entwickelt worden sind sie von Arbeitsgruppen und in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren wie Stadtverwaltung, AK Asyl, Schule, Jugendtreff, Kirchen und Einwohnern mit und ohne Migrationserfahrung. „Wir wollen bedarfsorientiert arbeiten“, sagt Thomas Güthle, Integrationsbeauftragter der Stadt Weilheim. Am Anfang stehe immer die Frage: „Was braucht es?“ 

Ganz weit oben auf der Liste steht „Begegnung und Austausch“. So lautet auch der Titel einer Arbeitsgruppe. Ihr Ziel ist es, Menschen mit und ohne Migrationserfahrung zusammenzubringen und auf unkomplizierte Art Kontakte zu fördern. Denn genau das ist es, was sich viele wünschen. „Gefragt sind niederschwellige Möglichkeiten sich zu begegnen, ohne Anmeldung und am besten draußen“, sagt Christiane Klingelhöller vom Weilheimer AK Asyl. Um das zu ermöglichen, bekommt Weilheim nun einen Bouleplatz in den Hofgärten. 4000 Euro fließen in den Bau der Anlage. Geplant sind außerdem Backgammon-Turniere und eine gemeinsame Müllsammelaktion nach Silvester.

Chancengleichheit für Kinder

Eine weitere Projektgruppe agiert unter dem Titel „Kita, Schule, Sprache“. „Uns ist die Chancengleichheit im Bildungswesen ein großes Anliegen“, sagt Eileen Müller, Leiterin der Weilheimer Limburg-Grundschule. Dabei helfen soll ein Elterncafé. „Dort sprechen wir über Dinge, die wichtig sind, um in der Schule erfolgreich zu sein, und um im Kindergarten gut anzukommen“, so Eileen Müller. Sechs ehrenamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher helfen dabei, Sprachbarrieren zu überbrücken. Außerdem soll es Eltern-Patenschaften in Kindergarten und Schule geben, um Väter und Mütter mit unterschiedlicher Herkunft zusammenzubringen.

Um weit mehr als reine Kunst geht es in einem Fotoprojekt. „Wir wollen zeigen, wie Menschen gut in Weilheim angekommen sind, und was ihnen dabei geholfen hat“, erläutert Jochen Ziegler, Sprecher des AK Asyl Weilheim. Als Partner ins Boot geholt hat sich die Projektgruppe den in Kirchheim aufgewachsenen Autor, Poetry-Slammer und Fotografen Pierre Jarawan, der selbst Migrationserfahrung hat. Er wird Menschen aus Weilheim  – ob mit schwäbischen Wurzeln oder zugewandert – mit Fotos und Texten porträtieren. Gezeigt werden die Ergebnisse bei einer Ausstellung, aber auch online. So sollen die Themen Integration und gutes Zusammenleben auch in die Öffentlichkeit getragen werden. Für das Fotoprojekt hat der Gemeinderat ein Budget von 8000 Euro genehmigt.

Unter dem Dach des NIW gehen übrigens auch sämtliche vorhandene Strukturen im Bereich Integration auf, etwa die beiden Vorzeigeprojekte Fahrradwerkstatt und Kleiderkammer. So soll sichergestellt werden, dass man „voneinander weiß“. Auch den Gemeinderat möchte das Netzwerk in Integrationsfragen künftig beraten. Für die Zukunft sind außerdem weitere konkrete Projekte geplant, etwa ein „Fest der Kulturen“. 

Weitere Ideen, aber vor allem auch Menschen, die sich engagieren wollen, sind bei dem Netzwerk immer gefragt. „Das NIW ist kein starres Gebilde, es ist immer offen für neue Mitstreiter“, betont Thomas Güthle.