Begrüßung, Reden, Würdigung - so läuft eine Preisverleihung ab. Anders gestaltete sich die Feier im Sitzungssaal des Weilheimer Rathauses zur Auszeichnung eines Projektes. Dort war am runden Tisch mit gebührendem Abstand und geschlossenen Augen als erstes Tiefenentspannung angesagt. „Gehen Sie mit Aufmerksamkeit zum Körper, nehmen angespannte Körperpartien wie Kiefer, Nacken, Bauch wahr, die sich durch diese Wahrnehmung lösen. Und plötzlich wird der innere Raum weiter, der Atem kann noch freier kommen und gehen“, holt der Körpersprache- und Kommunikationstrainer Achim Weimers die Erste Landesbeamtin Dr. Marion Leuze-Mohr, Bürgermeister Johannes Züfle, Dr. Katja Arzt vom Verband „Nationale Naturlandschaften“ und die Workshop-Teilnehmer dort ab, wo sie sich gerade befinden. Die Gedankenreise gefällt. Anschließend holt der Mitbegründer des Tinko-Unternehmentheaters aus Gießen bei den Abgesandten unterschiedlicher Firmen Meinungen zur biologischen Vielfalt ein, mit einem Satz erklärt: „Dass Biodiversität ganz viel Spaß machen kann“, „dass Menschen aus unterschiedlichen Kontexten leicht zusammenfinden können, verbunden durch Liebe zur Natur“, „dass Interessen unter einen Hut gebracht werden“ und mehr.
„Biodiversität ist ein öffentliches Gut“, sagt Dr. Katja Arzt und stellt die Onlineplattform „Naturschutzzertifikate“ vor. Seit 2011 ist sie die Leiterin Unternehmenskooperationen des gemeinnützigen Vereins „Nationale Naturlandschaften“, dem Dachverband, unter dem sich alle deutschen Nationalparks, Biosphärenreservate und zertifizierte Wildnis-Gebiete zusammengeschlossen haben. Ein Drittel der in Deutschland heimischen Tier- und Pflanzenarten seien bedroht, stellt die Berlinerin fest: „Mit dem Erwerb von Naturschutzzertifikaten, die auf Grundlage des Naturplus-Standards basieren, beteiligen sich Käufer an regionalen Projekten und helfen dadurch, die biologische Artenvielfalt in Deutschland zu bewahren.“ Hier werden Parameter erfasst, die Aussagen zum Zustand der Biodiversität machen und den Baumbestand, Unterwuchs sowie Kleinstrukturen einordnen. Ihr Wunsch: „Es wäre schön, wenn das Projekt fliegen lernt und wir viele neue Unterstützer bekämen.“
„Sie haben Ihren Tagungsort mit Bedacht gewählt“, meint Bürgermeister Johannes Züfle. „Nicht nur, weil es hier Streuobstwiesen in rauen Mengen gibt, sondern weil die Zähringerstadt Weilheim sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt.“ Der Rathauschef erzählt von der Geologie rund um den Hausberg Limburg, der Geschichte um „Burgherr Berthold mit dem Barte“ und nennt in punkto Nachhaltigkeit eine Menge Beispiele, von Faire-Trade bis zur Aktion „Gelbes Band“. Züfle spricht weiter seine Hochachtung aus für das prämierte Projekt „Naturschutzzertifikate für biologische Vielfalt“ und für die Einsatzbereitschaft der beteiligten Unternehmen. Am Ende stellt er fest: „Gemeinsam geht es besser. Mögen wir alle aus unserem gegenseitigen Engagement Kraft und Energie ziehen und uns beflügeln.“
Die Erste Landesbeamtin Dr. Marion Leuze-Mohr freut sich über die persönliche Begegnung, den meditativen Einstand mit Atemübungen und darüber, dass die Vereinten Nationen mit diesem Preis Initiativen ausloben, die sich für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen. Ausgezeichnet werde ein Projekt, bei dem hier im Biosphärengebiet Schwäbische Alb sowie in den Biosphärenreservaten Rhön und Thüringer Wald Landschaftspflegeprojekte auf Streuobstwiesen und Wald durchgeführt werden: „Das Außergewöhnliche ist, dass die Mittel aus dem Verkauf sogenannter Naturschutzzertifikate stammen. So profitiert die Natur von einer starken Wirtschaft und die Firmen tragen einen Teil zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei.“ Durch die Kooperation habe dieses Projekt bundesweit Modellcharakter. Damit werde die Möglichkeit zur Sensibilisierung von Firmen und der Öffentlichkeit zu den Themen Naturschutz, biologische Vielfalt sowie Landschaftspflege geschaffen. Marion Leuze-Mohr sieht darin Chancen, Flächen über einen längeren Zeitraum mit einer hohen Anzahl an Tier- und Pflanzenarten zu erhalten, diese in eine Nutzung zurück zu führen und die Pflege zu gewährleisten: „Hier leistet das Projekt Pilot-Arbeit und zeigt einen Weg.“ Leuze-Mohr bekräftigt: „Ich freue mich, diese Auszeichnung zu verleihen. Ihre Kooperation zeigt, was möglich ist, wenn sich Partner verschiedener Ebenen und Regionen zusammenschließen und ein elementares Ziel verfolgen: den Erhalt der biologischen Vielfalt.“