Weilheim und Umgebung

Wie ökologisch sind Christbäume?Experte rät zu Bäumen aus der Region

Nadelbäume Der Umwelt zuliebe raten Nabu und BUND beide ganz klar zum Kauf von naturnah und biologisch erzeugten Weihnachtsbäumen. Von Daniela Haußmann

Georg Gallus ist einer, der auf naturnahe Bäume setzt.
Georg Gallus ist einer, der auf naturnahe Bäume setzt.

Mit dem Weihnachtsbaum holen sich viele Menschen ein Stück Natur ins Wohnzimmer. Allerdings stammten laut BUND Baden-Württemberg etwa 90 Prozent der 25 Millionen Weihnachtsbäume, die letztes Jahr in Deutschland verkauft wurden, aus Intensiv-Plantagen. „Auf ihnen wird stark gespritzt und gedüngt – zum Schaden von Tieren, Pflanzen, Gewässern und Böden“, sagt Christine Fabricius, Naturschutzreferentin beim BUND Baden-Württemberg. Bei mehr als jedem zweiten Baum fand der BUND Pestizide wie Glyphosat, als er 2014 stichprobenartig die Nadeln von Christbäumen an deutschen Verkaufsstellen testete.

Insektizide gegen Rüsselkäfer und Läuse, Herbizide gegen konkurrierendes Gewächs sowie Mineraldünger für einen gleichmäßigen Wuchs und für eine intensive Grün- und Blaufärbung der Nadeln, kommen in den Plantagen laut Nabu-Bundesverband zum Einsatz. „Viele der Christbaumkulturen im Schwarzwald liegen auf ehemaligen Grünlandflächen in Steillagen, die relativ schlecht zu bewirtschaften sind oder auf Böschungskanten oberhalb der Ebene“, so Jochen Goedecke. „Fängt es kurz nach dem Auftrag von Pflanzenschutzmitteln an zu regnen, können sie in untere Lagen, wie zum Beispiel Wiesen oder vorbeifließende Gewässer, abgeschwemmt werden.“ Der Referent für Landwirtschaft und Naturschutz des Nabu Baden-Württemberg räumt zwar ein, dass hier nicht von riesigen Mengen die Rede ist, er betont aber auch, dass sich diese Tatsache nicht verharmlosen lässt.

Wird auf Herbizide zurückgegriffen, sterben alle Pflanzen ab, die in den Baumreihen wachsen. Das führt zur Schädigung von Insekten, die dann keine Nahrung und Unterschlupfe mehr finden.“ Wer sich für den Kauf naturnah oder biologisch angebauter Weihnachtsbäume entscheidet, leistet daher einen Beitrag zu Artenschutz und Biodiversität. „Hinzu kommt, dass Monokulturen nicht nur anfällig für Schädlingsbefall sind, sondern auch zu einer Nährstoffverarmung der Böden führen“, berichtet Jochen Goedecke. „Der Boden muss den Pflanzen Nährstoffe liefern, die ihm durch den Anbau einer einzigen Pflanzenart fortlaufend entzogen werden.“ Deshalb kommt Goedecke zufolge in Monokulturen Dünger zum Einsatz, der zusammen mit dem Pflanzenschutzmittel nicht spurlos an den im Erdreich lebenden Organismen vorbeigeht.

„Es heißt zwar immer, dass die verwendeten Substanzen keine Auswirkungen auf Bodenorganismen haben“, so Goedecke, „aber wenn kein Material auf die Fläche kommt, das verrotten kann, finden Regenwürmer und andere Lebewesen keine Nahrung.“ Das hat nach Auffassung des Nabu-Referenten zur Folge, dass keine Auflockerung des Erdreichs stattfindet, die für eine optimale Luft- und Nährstoffzufuhr sorgt. „Es werden also nicht nur die im Untergrund lebenden Organismen geschädigt“, bilanziert Jochen Goedecke, „sondern schrittweise auch der Boden selbst.“

Georg Gallus betreibt in Hattenhofen den Uhlandhof. Auf einer 25 Hektar großen Fläche baut der Landwirt Christbäume naturnah an. Chemie kommt bei ihm nicht zum Einsatz. „Wir stellen die Bäume frei, sodass sie mit genügend Abstand nebeneinander wachsen“, berichtet Gallus. „Dadurch können sie einerseits optimal wachsen und andererseits wird damit beispielsweise einem Pilzbefall entgegengewirkt.“ Mulchen sorgt in der Hattenhofener Kultur für einen optimalen Humuseintrag. Zum Einsatz kommt dabei nicht nur Grünschnitt, sondern auch das was der Pferdestall hergibt. Unter den Bäumen, die Georg Gallus im Angebot hat, befinden sich auch Nordmanntannen. „Diese Baumart stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und bildet erst nach 50 bis 70 Jahren Samen“, berichtet der Landwirt. „Die Samen müssen deshalb aus georgischen Wäldern importiert und in europäischen beziehungsweise deutschen Forstbaumschulen drei bis vier Jahre aufgezogen werden.“ Gallus bezieht diese kleinen Bäumen, die er auf seiner Fläche anpflanzt, aus einer nahegelegenen Forstbaumschule. „Dass die Samen aus Georgien stammen, fällt mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck nicht ins Gewicht“, sagt Georg Gallus und erklärt: „Schließlich befinden sich in der Importverpackung Millionen von Samen, die während des Wachstums CO2 speichern und Sauerstoff produzieren.“ Anders sieht es laut Jochen Goedecke beim Plastikbaum aus. „Der wird unter hohem Energieaufwand aus Erdöl hergestellt, das, anders als Holz, kein nachwachsender Rohstoff ist“, betont der Experte. „Die Entscheidung für einen Naturbaum ist deshalb ökologischer.“

Dr. Reinhold Klaiber, Leiter des beim Landratsamt Esslingen angesiedelten Landwirtschaftsamtes, bricht eine Lanze für lokal und regional erzeugte Weihnachtsbäume. „Ein Teil der Bäume wird aus Dänemark importiert und zur Frischhaltung gekühlt“, sagt Klaiber. „Deshalb ist es ökologisch sinnvoll, auf wohnortnah erzeugte Nadelbäume zurückzugreifen.“ Der Fachmann rät daher, auf Exemplare zu achten, die die Banderole des Christbaumverbandes Baden-Württemberg tragen. „Die Kennzeichnung sagt nicht aus, dass die Bäume naturnah oder biologisch angebaut wurden“, sagt der Agraringenieur. „Dass chemische Pflanzenschutzmittel eine Auswirkung auf den Naturhaushalt haben, ist unstrittig. Die Substanzen durchlaufen aber eine Prüfung, bevor sie eine Zulassung erhalten, und sie müssen vorschriftsmäßig verwendet werden.“ Der Trend geht laut Reinhold Klaiber klar zum Biobaum. Doch ihm zufolge gibt es nur wenige Produzenten. Deshalb rät der Experte Verbrauchern beim Kauf nachzufragen, unter welchen Bedingungen die Aufzucht erfolgt ist. dh

Geschlagene Christbäume sieht man überall. Ökologischer sind allerdings solche mit Ballen, denn sie können eingepflanzt werden u
Geschlagene Christbäume sieht man überall. Ökologischer sind allerdings solche mit Ballen, denn sie können eingepflanzt werden und CO2 speichern sowie Sauerstoff produzieren.Fotos: Daniela Haußmann