Weilheim und Umgebung

„Wo kein Wille ist, ist eben auch kein Weg“

Nahverkehr Der Vorsitzende des Vereins „Ein neuer Zug im Kreis“, Dieter Vetter, übt heftige Kritik an der Vorstudie zur Boller Bahnstrecke von Göppingen über Boll nach Kirchheim.

Das Bahnhofsschild von Boll steht noch, die Gleise sind überwuchert. Der Förderverein „Ein neuer Zug im Kreis“ will die Weichen
Das Bahnhofsschild von Boll steht noch, die Gleise sind überwuchert. Der Förderverein „Ein neuer Zug im Kreis“ will die Weichen für die Boller Bahn auf Reaktivierung stellen und stellt die Vorstudie infrage. Foto: Markus Brändli

Landesverkehrsminister Winfried Hermann lässt bis 2020 insgesamt 41 stillgelegte Bahnstrecken überprüfen. Die Frage ist, ob sie mit Blick auf das mögliche Fahrgastpotenzial und die erforderlichen Investitionen reaktiviert werden könnten. Unter den Routen ist auch die Boller Bahnstrecke von Göppingen über Bad Boll nach Kirchheim.

Im März hatte der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Göppinger Kreistags die Idee auf Eis gelegt. Eine von den Kreisen Göppingen und Esslingen beauftragte Vorstudie war zu dem Schluss gekommen, dass eine Wiederinbetriebnahme nicht wirtschaftlich sei. An der Studie des Ingenieurbüros Brenner übt jetzt der Vorsitzende des Fördervereins „Ein neuer Zug im Kreis“, Dieter Vetter, heftige Kritik. Die Studie fasse nur die bisher erstellten Studien und einzelne Aussagen einer Masterarbeit zusammen, die beim Institut für Eisenbahn- und Verkehrswege erstellt worden war. Vom Büro seien keine genaueren Zahlen geliefert worden. „Für das Ingenieurbüro ist eine Untertunnelung in Boll kritisch beziehungsweise nicht möglich. Vielleicht sollte das Büro einmal nach Stuttgart sehen, dort geht es, nur in Boll nicht“, sagt Dieter Vetter. Weiter fragt er, ob nicht einmal der Städteplaner im Boller Gemeinderat erklärt habe, die Bebauung der Bahnhofallee würde durch die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke nicht gestört.
Vom Ingenieurbüro wird als Problem die „Konkurrenzsituation mit dem Radverkehr (Radweg auf ehemaliger Bahnachse)“ angeführt. Entweder gebe es eine Bahntrasse, auf der aber nicht gleichzeitig ein Radweg und Bahnverkehr möglich sei oder eben die Nutzung als Radweg. Vetter meint dazu: „Solange die Strecke nicht entwidmet ist, ist dies nur begrenzt möglich. Außerdem ist die bestehende Trasse an manchen Stellen nur mit großem Aufwand in einen Radweg umzubauen. Dazu sollte man die Trasse aber nicht nur von der Landkarte aus betrachten.“
Dass die genannten Fahrgastzahlen teilweise mehr als zehn Jahre alt sind, sei anscheinend auch nicht wichtig. Weder der Bundesverkehrswegeplan noch der Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg wurden in dieser Untersuchung erwähnt, kritisiert Vetter weiter: „Es ist einfach zu teuer und rentiert sich nicht, ist die für mich recht einfache Aussage des Untersuchungsberichtes. Wo kein Wille ist, ist eben auch kein Weg“, betont der Vereinsvertreter.
Vetter weist weiter darauf hin, dass im Regionalverkehrsplan die Große Wendlinger Kurve nicht berechnet worden sei, da damals noch nicht feststand, ob sie kommt. „Warum denken Politiker nicht weiter und verbinden dann gleich den Anschluss von Göppingen über Kirchheim auf die Fildern?“, fragt der Vereinsvorsitzende und ist sich sicher: „Die Fahrgastzahlen wären sicher größer als bisher erwartet.“ Ärgerten sich doch viele Autofahrer, die jeden Morgen auf der A 8 Richtung Stuttgart und am Abend Richtung Ulm im Stau stehen. Vetter: „Auch wenn diese Route zunächst viel Geld kostet, denke ich, dass sie sich rechnen würde, weil weniger CO2 produziert wird, weniger Fläche zugebaut wird und gleichzeitig Pendler im Bereich Göppingen – Voralb – Kirchheim – Weilheim – Wendlingen viel Reise-, besser gesagt Stauzeit sparen würden“, betont er weiter.
„Was politisch nicht gewollt ist, wird einfach schlechtgerechnet. Positive Veränderungen werden einfach totgeschwiegen“, lautet das Fazit von Vetter.nwz

Für die Strecke von Göppingen über Bad Boll nach Kirchheim werden laut Dieter Vetter im Vergleich zum Bus 13 Minuten eingespart. Der Neubau bis Kirchheim verbraucht elf Hektar und kostet rund 300 Millionen Euro. nwz