Weilheim und Umgebung
„Wohlstand fällt nicht vom Himmel“

Wirtschaft   Die Industrie- und Handelskammer setzt auf die Zugkraft der Brennstoffzellenproduktion im geplanten Gewerbegebiet „Rosenloh“.  Von Andreas Volz

Zukunft und Klimaschutz gehen Hand in Hand. Deshalb macht sich die IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen für das Gewerbegebiet „Rosenloh“ in Weilheim stark. „Wenn Cellcentric dort in die Brennstoffzellenproduktion einsteigt, ist das ein wichtiger Baustein für die Klimapolitik“, sagt Heike Kauderer, die Esslinger IHK-Präsidentin. „Seit Jahren fordern Umweltverbände emissionsfreie Antriebstechnologie.“

Christoph Nold, der Leitende Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, ergänzt: „Kommunen und Unternehmen wollen Maßstäbe in nachhaltigem Bauen setzen.“ Auch die Stadt Weilheim werde entsprechende Auflagen machen, um das Bauen im geplanten Gewerbegebiet „minimal-invasiv und artenverträglich“ zu gestalten. Dazu gehörten Dach- und Fassadenbegrünung ebenso wie PV-Anlagen. „Das komplette Gewerbegebiet soll klimaneutral werden, nicht nur einzelne Gebäude. Da wird der Weilheimer Gemeinderat den Unternehmen entsprechende Hausaufgaben mit auf den Weg geben.“

Außer für den Klimaschutz sieht die Industrie- und Handelskammer auch sonst eine Reihe von Vorteilen des Gewerbegebiets „Rosenloh“, vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Heike Kauderer: „Die Industrie prägt unseren Wirtschaftsstandort. In der Produktion haben wir einen sehr hohen Exportanteil. 56 Prozent des Umsatzes entfallen auf den Automotive-Sektor.“ 

Wenn also der Wohlstand in der Region und ihrer Bewohner erhalten bleiben soll, müsse auch der entsprechende Industrie-Sektor eine Möglichkeit haben, sich für die Zukunft aufzustellen, wie Heike Kauderer betont: „Wir müssen unsere Wertschöpfung vor Ort halten. Wertschöpfung und Wohlstand fallen aber nicht vom Himmel. Daran muss man arbeiten. Wenn es erst einmal weg ist, kommt es nicht mehr zurück.“

„Alles hängt an der Produktion“

Die Präsidentin der Bezirkskammer weist auch darauf hin, dass alles miteinander zusammenhängt, dass man also Entwicklung und Produktion des Brennstoffzellenantriebs für Lkws nicht als Einzelphänomen betrachten kann: „An der Produktion hängen auch Gastronomie, Handel und Gewerbe.“ Zulieferfirmen müssten sich zwar genauso an die Transformation anpassen, wenn sie fortbestehen wollen. Wenn aber die Fahrzeugproduktion in der Region erhalten bleibt, können auch die Zulieferer vor Ort bleiben.

„Die Unternehmen investieren auf jeden Fall. Die Frage ist nur, wo“, meint Heike Kauderer. „Wenn es uns momentan gut geht, profitieren wir da von Entscheidungen, die unsere Großelterngeneration getroffen hat.“ Deshalb gelte es heute, für die Enkelgeneration ähnliche Entscheidungen zu treffen: „Der Transformationsprozess hat Fahrt aufgenommen. Corona und die Klimadebatte haben das noch beschleunigt.“

Christoph Nold warnt: „Noch läuft ja alles gut. Aber es gibt einen zeitlichen Versatz. Wenn wir jetzt nicht handeln, verpassen wir unsere Chancen.“ Damit kommt er auf die Flächenfrage zu sprechen: „Im Umfeld von Cellcentric in Nabern gibt es außer dem ,Rosenloh’ nur noch eine Fläche, die prinzipiell in Frage kommen könnte – das Scheufelen-Areal in Lenningen.“ Dabei bestehe aber das Problem, dass viele Ortsdurchfahrten zu bewältigen wären, für die Mitarbeiter ebenso wie für die Produkte.

Produktion soll 2026 beginnen

Ein weiteres Problem: Bevor sich dieses Areal für die Herstellung von Brennstoffzellen-Lastwagen nutzen ließe, wäre es bereits zu spät: „Das würde noch viele Jahre dauern. Cellcentric will aber spätestens 2026 mit der Produktion beginnen.“ Schon ist Christoph Nold wieder bei der Zukunft: „Wir können uns nicht nur auf Forschung und Entwicklung beschränken. Wenn die Produktion nicht hier stattfindet, spielt sich die Zukunft woanders ab.“ Seien industrielle Brachflächen eines Tages wirklich vorhanden, wäre es zu spät. Dann gehe nicht nur die Chance auf neue, qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren. Auch die vorhandenen Arbeitsplätze bei Cellcentric in Nabern würden wegfallen.

Christoph Nold nennt nicht nur die Zukunftstechnologie, die ein Unternehmen aus der Region nach Weilheim bringen würde, als Vorteil. Er betont auch, dass das lokale Gewerbe im „Rosenloh“ die dringend benötigten Erweiterungsflächen erhalten würde. Heike Kauderer ergänzt: „Die Weilheimer würden auch von der Umgehungsstraße enorm profitieren, die sie mit diesem Projekt erhalten.“