Weilheim und Umgebung

„Zehntwein war die Maschine zum Gelddruck“

Vortrag Kreisarchivar Manfred Waßner spricht in der Peterskirche über Einnahme­quellen des Klosters St. Peter rund um Limburg und Teck. Von Andreas Volz

Kreisarchivar Manfred Waßner (links) berichtet in der vollbesetzten Peterskirche (ganz oben) von Ignaz Speckle, dem letzten Abt
Kreisarchivar Manfred Waßner (links) berichtet in der vollbesetzten Peterskirche (ganz oben) von Ignaz Speckle, dem letzten Abt von St. Peter (rechts).Fotos: Markus Brändli¿/¿pr

Klöster hatten nicht immer den besten Ruf. Ein häufiger Vorwurf war der, dass die Mönche aus dem Vollen schöpften und sich die gewaltigen Bäuche vollstopften, während das arme Volk am Darben war. Insofern ist der Titel des Vortrags über das Kloster St. Peter und seine Güter in Weilheim nicht überraschend: „Den Wein gemischt, das Vieh geschlachtet“.

Kreisarchivar Manfred Waßner ging es in der Weilheimer Peterskirche aber nicht um gängige Vorurteile: Über 200 Jahre nach der Säkularisation schien er noch um die Rechte kämpfen zu wollen, die das Schwarzwald-Kloster in Weilheim und Umgebung besaß und die sich die Württemberger durch Napoleons Gnaden quasi im Handstreich angeeignet hatten.

Den letzten Abt von St. Peter, Ignaz Speckle, stellte Waßner in den Mittelpunkt, und das aus gutem Grund: Bevor Speckle 1795 zum Abt gewählt wurde, war er eine Art wirtschaftlicher Filial­leiter seines Klosters im Würt­tembergischen. 1789 habe Speckle in Bissingen die Ökonomie „in großer Zerrüttung“ übernommen, notierte er in seinem Tagebuch.

Er hat die Wirtschaft aber wieder in die Höhe gebracht und damit eine alte Tradition fortgesetzt: Wer für die „Pflege“ in Bissingen zuständig war, konnte sich normalerweise als gefördertes Talent betrachten. Der Posten war häufig das Sprungbrett, um im Zähringer Hauskloster Abt zu werden. Bei Ignaz Speckle hat es funktioniert. Aber er war der letzte seiner Art.

Die Verbindung des Klosters St. Peter zu Weilheim war uralt. Ihren Beginn hatte sie sogar in Weilheim. Von der Limburg verlegten die Zähringer ihre Herrschaft in den Breisgau und gründeten 1093 das Kloster auf dem Schwarzwald. Weilheim verlor an Bedeutung für die Zähringer - nicht aber für das Kloster. „St. Peter war hier in der Gegend reich begütert“, stellte Manfred Waßner in seinem Vortrag fest. Ursprünglich wurden die hiesigen Klostergüter aber nicht in Bissingen verwaltet, sondern in Jesingen - der dritten Ortschaft im Bunde der 1250-Jahr-Feiernden, außer Weilheim und Bissingen.

In Jesingen gab es sogar eine eigene Propstei des Klosters St. Peter, bis 1453. Damals begann der erste „Ausverkauf“ an die Würt­temberger. Aber es war wenigstens noch ein Kauf - auch wenn das Haus Württemberg die wirtschaftliche Notlage ausnutzte. 1437 hatte ein Brand das Kloster auf dem Schwarzwald komplett zerstört: „Das Ende des Klosters schien gekommen.“ Württemberg übernahm Schulden des Klosters und kaufte den Mönchen somit Besitztümer und Rechte in Jesingen ab, um dort endlich die Ortsherrschaft ausüben zu können.

Auch Weilheim habe damals die Notlage des Klosters genutzt, um fast alle klösterlichen Eigengüter aufzukaufen. Insofern blieb tatsächlich Bissingen „übrig“, um dort einen Pfleghof einzurichten, wenn auch keine Propstei mehr.

Ein wichtiges Recht aber blieb dem Kloster in Weilheim erhalten: die Hälfte des Zehnts. Wichtig war dabei der Zehntwein, der heute noch seinen Namen für einen geselligen Empfang im Herbst hergibt. Über Jahrhunderte hinweg war dieser Zehntwein aber von höchster Bedeutung, wie Manfred Waßner ausführte: „Der Zehntwein war die eigentliche Gelddruckmaschine hier.“

Mönche fördern den Weinbau

Jedes Jahr habe der Zehntwein „einige hundert Gulden Gewinn“ abgeworfen: „Das war enorm viel Geld.“ Profitiert haben indessen beide Seiten, denn das Kloster schöpfte in diesem Fall nicht nur ab: „Die Mönche haben aktive Weinbauförderung betrieben.“ Wer Ackerland in Weinbaufläche umwandelte, wurde durch einen Abgabenerlass dafür belohnt. Die Rechnungsbücher des Klosters haben sich über Jahrhunderte hinweg erhalten. Heute lagern sie im Generallandesarchiv in Karlsruhe. Sie geben Auskunft über den Alltag, auch in Weilheim und Bissingen. Jeden Herbst sind die Kosten für den Wein verzeichnet: für die Lese, das Keltern, die Fässer.

Mitunter gibt es auch Sonderausgaben, wie Bestechungsgelder im Jahre 1548, um den Kommandanten der spanischen Besatzungssoldaten davon abzuhalten, dass er den Weinkeller des Bissinger Pfleghofs plündern lässt. Hundert Jahre später, 1648, verhagelt es die Einnahmen im Wortsinn: Ein heftiges Unwetter zerstört im Juli die komplette Ernte.

Das alles ist aber nichts gegen das frühe 19. Jahrhundert: Als Ignaz Speckle die Nachricht erhält, dass Württemberg sich alle Güter in Weilheim und Bissingen unter den Nagel gerissen hat, notiert er im Dezember 1805 im Tagebuch, dass „ein lang gefürchteter Schlag“ gekommen sei: „An allen unseren Gebäuden wurde das württembergische Wappen angeschlagen.“ Dabei seien die Besitzungen St. Peters viel älter als das Haus Württemberg.

Genutzt haben die alten Rechte freilich nichts mehr. Es hat auch nichts genutzt, dass der treue Pater Landelin explizit nicht auf diese Rechte verzichtete, als er im September 1806 als letzter Mönch im Bissinger Pfleghof seinen Posten räumte. Dem Kloster selbst ging es nicht besser: Es fiel ans Großherzogtum Baden. Baden und Württemberg haben sich also schon frühzeitig zusammengeschlossen - zumindest in Sachen St. Peter.

1250 Jahre Weilheim, Stadtjubiläum, Vortragsreihe in der Peterskirche, Dr. Wendt, Tillmann Marstaller und Manfred Waßner
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