Zwischen Neckar und Alb

1500 Euro fürs Öffnen einer Tür

Prozess Das Esslinger Amtsgericht verhängt eine Bewährungsstrafe gegen den 23-jährigen Inhaber eines Schlüsseldienstes.

Gericht
Symbolbild

Esslingen. Der Angeklagte, Inhaber eines Schlüsseldienstes, habe Menschen, die sich in einer Notsituation befunden haben, um richtig viel Geld betrogen, meinte die Amtsrichterin: Neun Monate auf Bewährung wegen Betruges in zwei Fällen lautet daher das Urteil. Der 23-Jährige war auch besonders perfide vorgegangen, da er zum einen die Gebrechlichkeit einer älteren Dame und zum anderen die Sprachbarriere einer jungen Mutter ausgenutzt hatte. Am 10. Juli 2018 hatte sich laut Anklage eine 67-Jährige, die seit einem Schlaganfall gehbehindert ist, gegen 14 Uhr in Esslingen ausgesperrt und telefonisch einen Schlüsseldienst angefordert. Zwei Stunden später erschien der Angeklagte, erklärte, dass die Notöffnung 270 Euro koste - und nach wenigen Minuten war die Tür auf. Als es ans Bezahlen ging, tippte der junge Mann den Betrag von 250 Euro in das mobile EC-Terminal, verdeckte geschickt das Display und behauptete wahrheitswidrig, dass die Karte nicht funktioniere und somit keine Zahlung erfolgt sei. Nun holte die ältere Dame eine andere EC-Karte und es gelang dem Angeklagten, unbemerkt einen Betrag von 1250 Euro einzutippen, der auch abgebucht wurde. Der Kundin machte er weiß, 270 Euro bezahlt zu haben, tatsächlich waren es somit aber 1500 Euro.

Am gleichen Tag ein paar Stunden später fiel einer jungen Mutter in Ludwigsburg die Kellertür ins Schloss, weshalb sie ebenfalls den Schlüsseldienst informierte. Der Angeklagte meinte zunächst, das koste mit Zuschlägen rund 200 Euro und präsentierte, nachdem er das Schloss ausgetauscht hatte, eine Rechnung über 1070 Euro. Die junge Frau, die kein Deutsch sondern nur Englisch sprach und zwischendurch mit einem Kleinkind beschäftigt war, zeigte sich schockiert. Nachdem der 23-Jährige jedoch aggressiv wurde, holte die Mutter ihre EC-Karte. Erneut schirmte der Beschuldigte das Display ab und erlangte mit der falschen Behauptung, die Zahlung sei fehlgeschlagen, nach mehrmaligen Eingaben insgesamt 700 Euro - und erhielt zusätzlich noch 80 Euro in bar.

Mehrere Fälle bekannt

In der Verhandlung schwieg der 23-Jährige, der zurzeit eine Berufsvorbereitungsschule besucht. Schlussendlich beschränkte der Angeklagte aber doch seinen Einspruch auf die Höhe der Strafe, sprich gestand die Vorwürfe. Die beiden Vorfälle waren nicht die einzigen Betrügereien. Der junge Mann war bereits vom Amtsgericht Nauen wegen weit überhöhter Preise zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Und die Staatsanwältin weiß von noch mehr Fällen. Zu der neunmonatigen Bewährungsstrafe wurden daher noch 120 Stunden gemeinnützige Arbeit verhängt. Sabine Försterling