Zwischen Neckar und Alb

„Ach, es ist ja doch kein Wasserwerk“

Gesamtkunstwerk Staatliche Schlösser und Gärten ziehen Bilanz für die Sammlung Domnick in Nürtingen: Neue Angebote locken immer mehr Besucher – Weitere Öffnungstage für 2019 sind geplant. Von Petra Bail

Ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk aus Architektur, Kunst und Landschaft ist die Villa Domnick in Nürtingen.Foto: pr
Ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk aus Architektur, Kunst und Landschaft ist die Villa Domnick in Nürtingen.Foto: pr

In der Villa Domnick blickt man zufrieden auf eine erfolgreiche Saison 2018. Gerda Botzenhart aus Tübingen war die 5000. Besucherin, die sich die Sammlung im ehemaligen Wohnhaus von Greta und Ottomar Domnick auf der Oberensinger Höhe angeschaut hat. Dass ihr Mann, Professor Dr. Konrad Botzenhart, seinen 80. Geburtstag in den Räumen feiern kann, die als einzigartiges Beispiel für Wohnen, Sammeln und Skulpturenpark gelten, gehört zum neuen Konzept des denkmalgeschützten Ensembles, das seit 2017 von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg betreut wird.

Geschäftsführer Michael Hörrmann freut sich über die positive Entwicklung, an der Vera Romeu maßgeblichen Anteil hat. Die Kulturwissenschaftlerin hat ein abwechslungsreiches Programm aus unterschiedlichen kulturellen Angeboten in der Villa Domnick etabliert. Konzerte, Lesungen und Filmabende finden auch beim jüngeren Publikum Anklang.

Man kann sogar heiraten in dem außergewöhnlichen Gesamtkunstwerk der Moderne aus Architektur, Kunst und Landschaft. „Wir sind ein Standesamt“, sagt Romeu stolz, und Hörrmann vermutet stark, dass schon alleine dadurch, dass sie am gleichen Schreibtisch sitzt wie einst Domnick, eine „tiefe Verbindung zwischen Villenleiterin und ehemaligem Besitzer“ erzeugt wird. Denn dieser wollte auf keinen Fall, dass die Menschen nur andächtig vor den Bildern stehen.

Nicht nur die Besucherzahlen wurden von 2016 auf 2017 um 97 Prozent auf 3 626 Gäste gesteigert, und jetzt um weitere 38 Prozent, auch die Einnahmen wuchsen von 20 000 Euro im Jahr 2016 auf 50 000 Euro im gerade abgelaufenen Jahr. „Für uns ist es der Lackmustest, dass das Betriebskonzept der Staatlichen Schlösser und Gärten aufgeht“, so Hörrmann. Man denke wirtschaftlich und halte nichts von freien Eintritten. Das würde nicht mehr Besucher bringen. Vielmehr glauben Hörrmann und Romeu, dass das Angebot des Ausflugsziels für den Kunden stimmen müsse.

Wichtigste Absicht ist, das Objekt zum Gespräch in der Region zu machen. Dafür müssen mentale Barrieren abgebaut werden. Ein schönes Beispiel dafür ist die Erkenntnis eines Besuchers, der am Eingang verblüfft feststellte: „Ach, es ist ja doch kein Wasserwerk.“ Die Villa wird als Gesamtkunstwerk vermittelt. Vera Romeu versteht es, den gesamten Menschen Domnick einzubinden. Der Neurologe war nicht nur ein faszinierter Kunstsammler, sondern auch der Erfinder des deutschen Autorenfilms, er förderte die Musik und war ein großer Autoliebhaber. Die Besucher wollen ein emotional beglückendes Gesamterlebnis. Deshalb arbeitet die Kulturwissenschaftlerin zielgruppenorientiert. Sie verstehe sich als Gastgeberin, so Hörrmann, und gebe jedem Besucher das Gefühl, dass er genau das, was er sucht, in der Sammlung Domnick findet.

Ob Filmabend oder Bastelnachmittag - das Plus an Erleben steigere die Besucherzahlen, betont Michael Hörrmann und zeigt sich begeistert von Romeus Vorschlag, zu den beiden Öffnungstagen, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr, im neuen Jahr die Einrichtung eventuell zusätzlich donnerstags von 17 bis 20 Uhr zu öffnen: nach Feierabend etwas trinken im Park, eine kurze Führung - eine schöne Idee, wie er findet.

Für 2019 lautet das Jahresmotto „Ziemlich gute Freunde“. Es steht im Zeichen der engen Beziehung zwischen Frankreich und dem deutschen Südwesten. Domnicks seien wesentliche Brückenbauer nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. 1948 kuratierte und organisierte Ottomar Domnick eine Wanderausstellung mit abstrakter Malerei aus Frankreich in zahlreichen großen deutschen Städten. „Das wollen wir zelebrieren“, so Michael Hörrmann.