Zwischen Neckar und Alb

Als Gras, Katzen und Igel auf dem Speiseplan standen

Ernährung Die Menschen im Mittelalter durften beim Essen nicht wählerisch sein. Eine Ausstellung in Ebersbach zeigt, was die Küche hergab. Von Helga Single

„Klosterküche und Haferbrei“ ist der Titel der Ausstellung im Stadtmuseum von Ebersbach.Foto: Giacinto Carlucci
„Klosterküche und Haferbrei“ ist der Titel der Ausstellung im Stadtmuseum von Ebersbach. Foto: Giacinto Carlucci

Die Ausstellung „Esskultur im Mittelalter“ im Stadtmuseum von Ebersbach widmet sich den Ernährungsgewohnheiten der Menschen in der Zeit von 700 bis 1500 nach Christus. Kunsthistorikerin Dr. Alice Selinger gibt kulinarische Einblicke in eine Epoche, die von enormen Umbrüchen kennzeichnet war und deren Gewohnheiten und Bräuche bis in die heutige Zeit wirken. Angefangen von Ortsnamen, Familien- und Flurnamen, Redewendungen, Festen, die bis heute bestehen. So lebte die arme Bevölkerung „von der Hand in den Mund“, weil sie keine Vorräte hatte und die Nahrung knapp war.

Jeder irrt, der beim Stichwort Mittelalter Schlemmen und Fressgelage vor Augen hat. „Die Bevölkerung isst eintönig, meist ungesalzenen Haferbrei, mit grobem Schrot versetzt“, erklärt Alice Selinger. Ausnahmen seien die Klöster und der Adel gewesen. „Doch auch am Hof Karls des Großen hatte der Hofstaat Angst, nichts mehr zu bekommen, weil der Herrscher zuvor Gäste verköstigt hatte.“ Nahrungsmittel waren knapp zu dieser Zeit.

Die Klöster übernahmen eine Vorreiterrolle in Sachen Bildung, Landwirtschaft, Getreide- und Obstanbau, Fischzucht und in der Herstellung von Wein und Bier. Kräuter wurden sowohl in der Küche als auch als Heilpflanzen verarbeitet. Bier galt als Heiltrank wegen der beruhigenden Wirkung. In der Umgehung der Fastengebote sei man erfinderisch gewesen. Obwohl Mäßigung eine Tugend war und Völlerei eine der sieben Todsünden darstellte, habe man sich ihr hingegeben. Von Ausgrabungen wisse man, dass Mönche acht Mal mehr fettsüchtig waren als die übrige Bevölkerung.

Für den Adel gab es Privilegien. So habe er sich das Monopol auf die Jagd und den Fischfang aus Teichen gesichert. Zudem leistete die Unterschicht Fronarbeit und musste Abgaben an den Gutsherrn erbringen wie Schafe, Gänse, Kühe. Der Speiseplan der Armen sei mit Vögeln, Katzen, Hunden und sogar Igeln erweitert worden. Es wurde alles gegessen, auch Nussschalen, Eicheln, Bucheckern und Gras kamen auf den Tisch. Ein beliebtes Getränk waren die Molke und das Schwachbier, da man dem Wasser nicht so recht traute wegen der Keime.

Vom Brei zum Brot

Allmählich ging die Tendenz vom Brei zum Brot. Zunächst in Fladenform, da der hohe Kleieanteil den Teig schwer gemacht habe. Mit der Erfindung des Sauerteiges ab dem 13. Jahrhundert erinnert das Brot an die heutige Form. Dennoch darf man es nicht einem modernen Brot vergleichen. Meist war es hart und in der Farbe grau und selten aus dem empfindlichen Weizenmehl.

Gewitzte Bäcker halfen mit Gips, Ton oder sogar gemahlenen Knochen nach, um eine hellere Farbe zu erzielen. Helles Brot, also das rare Weizenmehlbrot, gehörte nämlich zu den „Herrenspeisen“. Doch auf Lebensmittelpanscherei folgten drakonische Strafen: So wurden dem Fälscher schon mal die Augen ausgestochen, denn über die Reinheit der Lebensmittel wachten die Zünfte. Die Bäckerzunft war eine der ersten Zünfte. Ab dem 10. Jahrhundert blühte der Gewürzhandel, denn Gewürze galten als Statussymbole. Der Pfefferhandel war besonders bedeutend. Die Gewürze verdeckten den Eigenschmack der Speisen bei den Reichen. „Die Butter ist extrem salzig, vielleicht auch mit Zimt oder Ingwer gewürzt, je nach Stand des Gastgebers“, erklärt Alice Selinger. „Soßen überdecken jeden Eigengeschmack. Das Hackfleisch ist gezuckert.“ Alles wurde im Mörser zermahlen und zerkocht, was zum einen dem schlechten Zustand der Zähne zu dieser Zeit geschuldet war und zum anderen Bakterien abtötete.

Die umfangreiche Ausstellung, die im gesamten Dachgeschoss und in zwei Räumen im ersten Stock zu sehen ist, gibt weitere Auskunft über die Tischkultur des Mittelalters. Schautafeln und Kästen vermitteln Informationen zu Tischsitten, Fastenzeit und Konservierung von Lebensmitteln.

Dauer Die Wechselausstellung ist bis zum 21. Juli in Ebersbach im Stadtmuseum „Alte Post“ in der Martinstraße 10 zu sehen. Die Öffnungszeiten sind donnerstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.