Zwischen Neckar und Alb

Auch Esslingen leidet unter Feinstaub

Umwelt Messungen zeigen die vermutlich zweithöchste Belastung in Baden-Württemberg nach Stuttgart.

Esslingen. In Stuttgart ist Feinstaub schon lange ein großes Thema. Nun gibt es erstmals auch offizielle Daten darüber, wie hoch die Feinstaubkonzentration im Verlauf eines Jahres in Esslingen war. Das Ergebnis: Die Stadt im Neckartal kommt gleich nach der Stadt im Kessel. Zwar wurde der Grenzwert an nicht mehr als 35 Tagen überschritten - so viele Überschreitungen erlaubt die entsprechende EU-Richtlinie. Doch Esslingen ist nicht weit entfernt von dieser Grenze.

Noch wurden nicht alle Messungen für 2016 ausgewertet: Die letzten vier Tage des Jahres stehen noch aus. Doch auch so wurde der Grenzwert - 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft im Tagesmittel - an der Messstelle in der Grabbrunnenstraße schon an 26 Tagen überschritten. Und angesichts der hohen Werte in Stuttgart zum Jahresende sei auch in Esslingen mit weiteren Überschreitungen zu rechnen, sagt Tatjana Erkert, Sprecherin der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), die für die Messstelle zuständig ist.

Damit ist Esslingen nicht nur landesweit auf Platz zwei der Feinstaubkommunen gelandet, sondern laut Tatjana Erkert eine der wenigen Städte in Baden-Württemberg, die überhaupt noch Probleme mit dieser Art der Luftverschmutzung hätten. Durch immer mehr Filter in Autos, Verbrennungsanlagen und der Industrie gehe die Belastung kontinuierlich zurück. Nur am Stuttgarter Neckartor würden die Grenzwerte noch überschritten. Anders sehe es jedoch bei Stickstoffdioxid aus, dessen Konzentration ebenfalls an der Messstelle in der Grabbrunnenstraße erhoben wird. Da rechne man - wie in den meisten Städten in Baden-Württemberg, in denen gemessen wird - mit deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte.

Bei der Stadtverwaltung ist man nicht überrascht über die schlechten Werte. „Wir sind mit den Landesbehörden in Kontakt und verfolgen, wie sich die Messergebnisse entwickeln“, sagt der Sprecher Roland Karpentier. Sobald die abschließenden Werte vorliegen, womit man spätestens im März rechnet, müsse man die Konsequenzen aus den Resultaten ziehen. Auch bei der Stadt rechnet man mit einer Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid. Ist das der Fall, dann sind die Kommune und das Regierungspräsidium (RP) verpflichtet, gemeinsam einen Luftreinhalteplan für Esslingen zu entwickeln.

Welche Maßnahmen in einem solchen Plan festgeschrieben werden, sei von Kommune zu Kommune unterschiedlich, sagt Katja Lumpp, Sprecherin des RP. Bei zu hohen Feinstaubwerten sei Feinstaubalarm wie in Stuttgart eine Möglichkeit, es könnten aber auch Maßnahmen im öffentlichen Nahverkehr sein wie etwa eigene Busspuren, damit die Busse schneller von A nach B kommen, Streckensperrungen, Tempolimits oder Lastwagen-Durchfahrverbote. Bei zu hohen Stickoxid-Werten komme man wohl auch um die Einführung einer blauen Plakette, also um ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge, nicht he­rum, so Lumpp.

Die Mitglieder des Vereins Esslingen-Feinstaub-Lärm weisen schon länger auf die schlechte Luft in der Stadt hin. Mit Beginn der Messungen in der Grabbrunnenstraße Anfang 2016 hat sich der Verein aus einer Initiative gegründet, die schon zuvor aktiv gewesen war. Man setze sich sowohl für die Luftverbesserung als auch für Lärmminderung in Esslingen ein, sagt der Vorsitzende Jörg Sanzenbacher. So fordere man etwa Tempo 30 in der ganzen Stadt. Für ihn ist es kein Wunder, dass die Luftbelastung in Esslingen hoch ist. Denn hier kämen die Kessellage, eine sehr dichte Bebauung und viel Verkehr zusammen.

Stadtsprecher Roland Karpentier betont, man sei natürlich offen für Vorschläge zur Luftverbesserung aus der Bevölkerung. Unklar sei aber noch, in welcher Form diese Beteiligung stattfinden könne. Denn die Erarbeitung eines Konzepts müsse effizient und effektiv erfolgen, dafür seien monatelange Workshops nicht sinnvoll. Letztendlich liege die Entscheidung ohnehin beim Land: Das Verkehrsministerium sei dafür zuständig, die Stadt und das RP zur Konzeption eines Luftreinhalteplans zu verpflichten. Melanie Braun