Zwischen Neckar und Alb

„Auf Kosten der Beschäftigten“

Politik Der Kreisverband der Linken beleuchtet beim Neujahrsempfang die politischen Schwerpunkte für die Zukunft.

Jessica Tatti.

Esslingen. Der Kreisverband der Partei Die Linke hat bei seinem Neujahrsempfang im Esslinger Alten Rathaus seine Zielrichtung in diesem Jahr vorgestellt, mit Themenschwerpunkten der Sozial-, Wirtschafts- und Verkehrspolitik. Kreisvorstandssprecher Heinrich Brinker betonte im voll besetzten Bürgersaal, dass die Partei bei ihrer Arbeit für eine gerechte und soziale Gesellschaft „keine Parolen veröffentlichen“, sondern vielmehr eine offene Diskussion mit den Bürgern zu den Folgen der tiefer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich führen wolle.

Peter Rauscher, Kreis- und Regionalrat aus Nürtingen, setzte seinen Schwerpunkt im Kreis auf umwelt- und sozialverträgliche Lösungen im Bereich Verkehr. So werde zwar das „Ringen um die Verbesserung des Busverkehrs im Kreis langsam honoriert“, doch zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Nahverkehrs müsse das Tarifsystem überdacht werden. „Verkehrspolitik ist immer auch Sozialpolitik“, deshalb müsse ein Sozialticket für den ÖPNV eingeführt werden.

Bezogen auf die kommunale Ebene verdeutlichten auch Claudia Moosmann, Stadträtin in Leinfelden-Echterdingen, und der Esslinger Stadtrat Tobias Hardt die Notwendigkeit einer Aufwertung des ÖPNV. Hardt wollte dabei keine Fundamentalkritik üben und betonte, dass „beim Mobilitätskonzept der Stadt Esslingen einiges durchaus Lobenswerte passiert“. Dennoch sei „deutlich mehr Flexibilität“ vonnöten, etwa beim Ausbau des Radverkehrs, den Verbesserungen für Fußgänger oder einer barrierefreien Gestaltung von Bushaltestellen.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Jessica Tatti aus Reutlingen verwies als Hauptrednerin darauf, dass die Linke nicht als „Gegner der Wirtschaft“ betrachtet werden dürfe. „Im Gegenteil: Ein starker Sozialstaat braucht eine starke Wirtschaft“, sagte sie. Allerdings müsse die Politik die Wirtschaft in die Pflicht nehmen, umso dringender, als die Wirtschaft zwar brumme, die Zahl der prekär Beschäftigten und der Armen immer mehr steige. „In Baden-Württemberg sind 1,2 Millionen Menschen in Leiharbeit, befristeter Beschäftigung oder in Teilzeit. Das ist 20 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Die gute Wirtschaftssituation im Land wird auf Kosten der Beschäftigten erzielt“, stellte Tatti fest, nicht zuletzt im Hinblick auf die Armutsfalle im Alter. Allerdings schätzte Tatti die Signale aus den laufenden Koalitionsverhandlungen eher skeptisch ein. Sie lassen darauf schließen, „dass die großen sozialen Probleme, Steuern, Renten, Wohnen, Pflege oder Bildung wieder nicht angegangen werden. Die Arbeit wird uns also nicht ausgehen“.Peter Stotz