Zwischen Neckar und Alb

Aus den roten Zahlen aber nicht aus der Schusslinie

Kreisjugendring Nach zwei Jahren der Konsolidierung schließt der Kreistag die Akten, lässt die Zukunft des „Esslinger Modells“ aber weiter offen. Von Bernd Köble

Alte Verpackung, neuer Inhalt: Der Kreisjugendring  wird neu organisiert.Foto: Jürgen Holzwarth
Alte Verpackung, neuer Inhalt: Der Kreisjugendring wird neu organisiert.Foto: Jürgen Holzwarth

Mehr als 70 Seiten umfasst der Abschlussbericht. Das detailierte Protokoll einer Rettungsaktion, die fast zwei Jahre gedauert und den Landkreis eine halbe Million Euro gekostet hat. Gestern hat der Esslinger Kreistag das Schriftwerk abgenickt und damit einen Schlusspunkt gesetzt hinter die Arbeit des Konsolidierungsausschusses, der von Ende 2014 bis vergangenen Herbst in 16 Sitzungen ein einziges Ziel verfolgte: dem finanziell Leck geschlagenen Kreisjugendring (KJR) eine Zukunft zu sichern.

Der Weg dorthin: mehr Kontrolle. Die Installation eines Verwaltungsrats und eines kommunalen Beirats, die Bestellung eines zweiten Geschäftsführers für den kaufmännischen Bereich und die Einführung eines regelmäßigen Berichtswesens, das sind die „Leitplanken“, die sicher stellen sollen, dass der KJR seinen Aufgaben künftig auch wirtschaftlich gerecht werden kann, wie CDU-Kreisrätin Ursula Merkle in der gestrigen Sitzung betonte. Für Frank Buß, den Fraktionschef der Freien Wähler und Vorsitzenden des Konsolidierungsausschusses, ist der jetzt vorgelegte Bericht nur ein Zwischenstopp. Zwar hat der KJR Mitte März im Jugendhilfeausschuss für 2017 einen ausgeglichenen Haushalt in Aussicht gestellt. Die genauen Zahlen sollen den Kreisparlamentariern allerdings erst in den kommenden Wochen vorliegen. Für Buß ist das die Grundlage und „der Einstieg in weitere Beratungen.“

Worum es geht ist klar. Die von den Freien Wählern angestoßene Öffnung des „Esslinger Modells“, das dem KJR seit 1980 die Alleinverantwortung für alle Jugendhäuser überträgt, ist ein Thema, das die beiden größten Fraktionen gestern bewusst ausklammerten. Es geht um Inhalte, um Fachkompetenz aber auch ums Geld. Die Jugendhäuser werden mit 50 Prozent der Personalkosten bezuschusst. In jugendhausähnlichen Einrichtungen anderer Träger übernimmt der Kreis nur ein Drittel.

Bisher wurde die Frage nur hinter verschlossenen Türen diskutiert. Vor allem die CDU als zweitstärkste Fraktion und seitherige Befürworterin des „Esslinger Modells“, hält sich bedeckt. „Wir sind mit allen Fraktionen im Gespräch“, sagte Ursula Merkle gestern am Rande der Sitzung. Das Thema soll nun in den Jugendhilfeausschuss zurück verwiesen werden, der am 11. Mai tagt. Darüber habe man sich im Ältestenrat verständigt. Merkle: „Man muss dem KJR jetzt auch Gelegenheit geben, in Ruhe zu arbeiten.“

Andere wurden gestern deutlicher: Steffen Weigel (SPD) warnte davor, „den KJR mit Experimenten gleich wieder in Bedrängnis zu bringen.“ Gleiches vertrat Reinhold Riedel (Die Linke), der „erhebliche Bedenken“ äußerte, die offene Kinder- und Jugendarbeit für andere Träger zu öffnen. „Wir lehnen dies ab.“

Auch die Kreisverwaltung sieht im Status quo ein jahrzehntealtes Erfolgsmodell, mit dem KJR als verlässlichen und kompetenten Partner, wie Landrat Heinz Eininger stets betonte. Rep-Sprecher Ulrich Deuschle warf der Verwaltung deshalb vor, sie fürchte sich vor Wettbewerb. „Es mag ja sein, dass der KJR dadurch weniger Aufträge bekommt“, meinte Deuschle. „Aber nur dann, wenn andere günstiger und besser sind.“

Elf Millionen Euro Umsatz und 340 Mitarbeiter

Der Kreisjugendring ist der Dachverband der im Landkreis Esslingen tätigen Jugendverbände und -organisationen mit Sitz in Wendlingen. Er ist als Träger der Jugendhäuser und in der Schulsozialarbeit Dienstleister für die 44 Städte und Gemeinden im Kreis.

Der KJR beschäftigt heute mehr als 340 Mitarbeiter, die mehr als elf Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Die meisten davon in Vollbeschäftigung. Der Haushaltsplan für 2017 sieht insgesamt 277 Vollzeitstellen vor.

Seit Dezember ist Stefanie Eisele als zweite Geschäftsführerin für den kaufmännischen Bereich zuständig. Geschäftsführer für den pädagogischen Teil ist weiterhin Ralph Rieck. Als neue Kontrollgremien wurden im vergangenen Jahr ein Verwaltungsrat mit Vertretern aus Kommunalpolitik und Verwaltung sowie ein kommunaler Beirat bestimmt. Aus der KJR-Krise hervorgegangen ist auch ein neues Jugendreferat im Landratsamt als Bindeglied zwischen KJR und Verwaltung.bk