Zwischen Neckar und Alb

Aussage steht gegen Aussage

Gericht Beim Wendlinger Messerstecher-Prozess beschuldigen sich der Angeklagte und das Opfer gegenseitig.

Wendlingen. Wer sagt die Wahrheit? Angeklagter oder Zeuge? Ein 21-jähriger Mazedonier sticht am Mittag des 3. Dezember letzten Jahres auf dem Wendlinger Marktplatz einen 24-Jährigen nieder, der ihn angeblich zuerst angegriffen habe. Vor dem Stuttgarter Landgericht macht er Notwehr geltend. Jetzt haben die Richter das Opfer vernommen und hören von ihm genau das Gegenteil.

Kurz zur Tatdarstellung des Angeklagten: Er soll an jenem 3. Dezember sich mit dem 24-Jährigen zu einer Aussprache am Marktplatz getroffen haben. Es sei dabei um die Freundin des Angeklagten gegangen, an der angeblich das spätere Opfer Interesse gehabt haben soll. Der Angeklagte behauptet, dass bei dem Treffen das Opfer zuerst ihn angegriffen habe - Schläge auf den Kopf und in das Gesicht. Dann erst habe er sein Messer gegen den anderen eingesetzt - er habe ihn erschrecken wollen. Den „versuchten Totschlag“ - so die Anklage - will er in Notwehr begangen haben. Er habe gesehen, dass hinter dem 24-Jährigen mehrere Freunde in feindseliger Haltung gegen ihn standen.

Angriff erfolgte sofort

Das 24-jährige Opfer ist von den Richtern der Stuttgarter Schwurgerichtskammer zu dem Vorfall vernommen worden. Der Zeuge sagte aus, er kenne den Mazedonier seit etwa einem Jahr. Man habe sich mehrfach getroffen und es sei eine Art Freundschaft gewesen. Dann sei es zu dem Treffen in der Wendlinger Innenstadt gekommen. Der 21-Jährige hätte ihn sofort mit dem Messer angegriffen. Der Zeuge weiß nicht, warum der Messerangriff erfolgt sei. Er habe den Angeklagten gefragt, warum. Der habe nur gemeint: „Du weißt warum.“

Als der Angeklagte weitere Stiche gegen ihn versucht hatte, will er ihn weggedrückt haben, so der Zeuge. Dann sei er nach Hause gegangen. Der Angeklagte war damals selbst zur Polizei gegangen und hatte sich gestellt. Dabei soll er sich gegen die Beamten in aggressiver Weise verhalten und gegen eine Festnahme gewehrt haben. Er soll die Polizei auch beleidigt und bedroht haben. Daher lautet der Vorwurf nicht nur auf ein Verbrechen des versuchten Totschlags, sondern zusätzlich auf mehrfache Beleidigung und Bedrohung gegen Vollstreckungsbedienstete.

Ein psychiatrischer Sachverständiger soll feststellen, ob der Angeklagte bei der Tat unter Drogen stand. Nach seinen eigenen Angaben habe er mehrfach verschiedene Drogen konsumiert - Kokain, LSD, Marihuana und Ecstasy. Er kam als Asylanwärter nach Deutschland und hat eine Duldung bis in das Jahr 2026, wie er selbst sagt. Der Prozess geht am 29. Mai weiter. Bernd Winckler