Zwischen Neckar und Alb

Autorin von Hass-Posts gedeckt

Verfahren 46-Jähriger muss 400 Euro zahlen. Das Amtsgericht Esslingen stellt das Verfahren wegen Strafvereitelung ein.

Das Verfahren gegen einen 46-Jährigen Neckartenzlinger wurde eingestellt. Symbolbild
Das Verfahren gegen einen 46-Jährigen Neckartenzlinger wurde eingestellt. Symbolbild

Esslingen. Weil er eine Facebook-Freundin gedeckt haben soll, stand ein 46-Jähriger aus Neckartenzlingen vor Gericht. Die Freundin hatte einen fremdenfeindlichen Post veröffentlicht. Vor dem Esslinger Amtsgericht musste er sich deshalb wegen versuchter Strafvereitelung verantworten. In seiner Vernehmung hatte er der Polizei nicht gesagt, dass er die Person kennt, die sich hinter einem Facebook-Benutzernamen versteckt. Das Verfahren wurde unter der Voraussetzung eingestellt, dass der 46-Jährige eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro an die Bewährungshilfe Stuttgart zahlt.

Asylbewerber denunziert

Aufgrund eines „strafrechtlich relevanten“ Kommentars in dem sozialen Netzwerk hatte die Polizei nach der Autorin gesucht und andere Nutzer befragt - unter anderem den Angeklagten. Wie den Äußerungen der am Verfahren Beteiligten zu entnehmen war, handelte es sich um einen Kommentar, der Asylbewerber denunziert haben soll. Er habe erst im Nachhinein vermutet, dass es sich bei der Facebook-Nutzerin um seine damalige Nachbarin handeln könnte, gab der Angeklagte am Dienstag an. Der Polizei gegenüber hatte er gesagt, es könne sich bei der Nutzerin um eine entfernte Bekannte aus einem Reitverein gehandelt haben.

Nach seiner Befragung am 28. Februar dieses Jahres war der Angeklagte auf direktem Wege zur Wohnung seiner Nachbarin gegangen und hatte geklingelt. „Er hat gesagt, meine Mutter soll sich stellen, sonst sagt er, dass sie es war“, so beschrieb es die Tochter der Nachbarin, die als Zeugin geladen war. Die Tochter hatte sich dann auch am Tag nach der Vernehmung bei der Polizei gemeldet und die Identität der Facebook-Nutzerin - ihrer Mutter - aufgedeckt. „Meine Mutter wusste die Nummer von der Polizei nicht und da habe ich halt angerufen.“ Der Vorsitzende Richter Andreas Arndt wunderte sich: „Als Sie sich bei der Polizei gemeldet haben, fragten Sie, ob der Angeklagte jetzt Probleme bekommt, weil er nicht gesagt hat, dass die Nutzerin Ihre Mutter war“, so der Richter. „Das lässt ja vermuten, dass Sie der Meinung sind, er habe etwas Falsches gemacht.“ Das bestritt die Zeugin. Sie habe den Angeklagten nicht in irgendwas reinziehen wollen. „Ich gehe davon aus, dass er gewusst hat, wer meine Mutter auf Facebook ist. Für mich hat er vollkommen richtig reagiert, dass er hinterher zu ihr gegangen ist“, erklärte die 38-Jährige.

Zeitnahe Aufklärung

Das Esslinger Amtsgericht sah letztlich den Tatbestand der versuchten Strafvereitelung als nicht erfüllt an. Bei versuchter Strafvereitelung müsse schon ein bisschen Zeit vergehen, bis es zur Auflösung des Falls komme, so umschrieb es der Richter. Da aber die Tochter der Facebook-Nutzerin sich bereits am Tag nach der Vernehmung des Angeklagten bei der Polizei gemeldet habe, sei das nicht gegeben. „Es besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass der Angeklagte den fremdenfeindlichen Inhalt des Facebook-Posts für gutheißt und die Nutzerin darum gedeckt hätte. „Sie hätten bei der Polizei schon ein bisschen besser nachdenken können, bevor Sie sich geäußert haben“, gab der Richter dem Angeklagten mit auf den Weg. „Hundertprozentig korrekt haben Sie sich nicht verhalten.“ Julia Theermann