Zwischen Neckar und Alb
Baufortschritt ist kaum zu sehen

Stadtbild Am Nürtinger Heim-Areal tut sich seit Monaten von außen wenig bis gar nichts, sehr zum Missfallen von Oberbürgermeister Johannes Fridrich. Investor Jörg Baldenhofer sieht sich aber im Zeitplan. Von Philip Sandrock

Seit dem Frühjahr 2019 wird im Heim-Areal zwischen Mühlstraße und Neckarsteige gebaut. Hier soll in his­torischer Bausubstanz ein modernes Wohn- und Geschäftsgebäude entstehen. Doch in den vergangenen Wochen scheint sich dort nicht mehr viel zu tun. Am Anfang wurde fleißig entkernt und ausgeräumt, zuletzt im Juli eine Decke betoniert. Doch seitdem scheint es zu stocken. An einer der prominentesten Stellen der Stadt sehen Passanten statt einer Kaffeerösterei ein entkerntes Gebäude mit einem beschmierten Bauzaun und zugenagelten Fenstern.

Ein Anblick, der auch Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich zusehends nervt: „Es tut sich seit Monaten nichts auf der Baustelle.“ Zäh wie Kaugummi sei der Fortschritt, und das obwohl es im Kaufvertrag eine Bauverpflichtung gebe. Man habe das Gebäude dem Investor verkauft, weil man von dessen Konzept überzeugt gewesen sei, und nicht, damit im Herzen Nürtingens eine Bauruine entstehe. Die zuständigen Rathausmitarbeiter und er hätten es zunehmend schwerer, den Kirchheimer Investor zu erreichen. Und wenn, verstrichen Tage, bis eine Antwort komme.

Bauherr Jörg Baldhofer entgegnet indes, dass man zurzeit die Zahnarztpraxis im Obergeschoss ausbaue. Das sei ein komplexes Unterfangen, weil die Behandlungszimmer zahlreiche Anschlüsse benötigen - Druckluft, Strom und Wasser. Außerdem müssten die Praxisräume für die aufwendige Technik wie Röntgengeräte vorbereitet werden.

Fridrich hat Zweifel am Zeitplan

In den vergangenen Wochen sei kaum etwas von den Arbeiten zu sehen gewesen, weil die Bautrupps vor allem im Keller des Gebäudes zugange gewesen seien. Weil man in einem bestehenden Untergeschoss aber nicht mit schwerem Gerät arbeiten könne, sei das in aufwendiger Handarbeit gemacht worden. „Wir sind leider immer noch dabei Wände rauszureißen“, sagt der Investor. Schöner sei es, später daraus wieder etwas Neues zu schaffen.„Eigentlich war geplant, dieses Jahr schon die neuen Fenster im Erdgeschoss einzubauen“, sagt Baldenhofer. Aber das werde vermutlich nichts mehr werden. Die Sanierung eines historischen Gebäudes sorge manchmal für Überraschungen. „Ich rechne mit einer Gesamtbauzeit von etwa eineinhalb Jahren“, sagt Baldenhofer.

Oberbürgermeister Fridrich hat da seine Zweifel: Er habe Verständnis, wenn sich die Arbeiten möglicherweise durch die Corona-Pandemie verzögerten. „Aber da lief auch schon vor Corona kaum etwas.“ Er verliere langsam die Geduld. Leider seien der Stadt rechtlich die Hände gebunden: Beim Verkauf sei kein Rückkaufrecht für das Areal vereinbart worden. Einzig über die Fördermittel aus der Altstadtsanierung könne man Druck auf den Investor ausüben. Aber es sei auch nicht im Interesse der Stadt, den Geldhahn zuzudrehen. Im Gegenteil: „Wir wollen, dass das Projekt realisiert wird“, sagt Fridrich. Und die Stadt sei auch bereit, zu unterstützen. „Das geht aber nur gemeinsam“, meint Fridrich. Allerdings vermisse die Stadt bis heute den Projekt- und Bauzeitenplan. Den habe die Stadt bereits seit Längerem angefordert.

Ursprünglich war geplant, das kernsanierte Wohn- und Geschäftshaus-Ensemble am Ausgang der Neckarsteige im Jahr 2017 zu eröffnen. Herzstück soll eine Kaffeerösterei mit Brothaus bilden, die das Stadtportal zwischen Altstadt und Neckar aufwertet. Im Gestaltungsbeirat wurde das Projekt gelobt. Dann verzögerte sich der Baubeginn wieder und wieder.

Im Juli dieses Jahres sagte Investor Jörg Baldenhofer eine Eröffnung für Frühjahr 2021 zu. „Ich habe Oberbürgermeister Dr. Fridrich versprochen, mit ihm zur Eröffnung im April einen Kaffee zu trinken“, so Baldenhofer, „dazu stehe ich immer noch“.