Zwischen Neckar und Alb

Baumaschinen und Alufelgen für Bedürftige?

Sammlung „Ungarische Stiftung für bedürftige Familien“ wirtschaftet vermutlich in die eigene Tasche.

Symbolbild.

Plochingen. Für Pfannen und Töpfe hat man ja noch Verständnis. Aber brauchen bedürftige Familien in Ungarn dringend Baumaschinen, Bruchgold, LCD-Monitore und Alufelgen? Etwa 70 Gegenstände aus dem mehr oder weniger alltäglichen Bedarf eines Westhaushalts sind auf dem Flugblatt aufgelistet, das Joachim Hahn am Sonntag in seinem Briefkasten in den Lettenäckern gefunden hat. Eine Kontaktadresse oder ein Impressum steht nicht auf dem Zettel, der die Menschen in dem Plochinger Wohngebiet auffordert, am heutigen Mittwoch entsprechende Gegenstände vor ihre Haustür zu stellen. Dort heißt es nur, „dass die Sammlung von der ungarischen Stiftung für bedürftige Familien organisiert wird“. Und die nehme, „was Sie nicht brauchen“.

Selbst ernannte Wohltäter

Das hat den Plochinger Stadtrat Joachim Hahn doch misstrauisch gemacht. Als Pfarrer hat er ein Herz für bedürftige Menschen. Umso mehr ärgert es ihn, wenn mutmaßlich gewerbliche Händler den Spendern Gemeinnützigkeit vorgaukeln. Ein Blick ins Internet hat ihm jedenfalls schnell gezeigt, dass diese Stiftung zwar in zahlreichen Presseberichten erwähnt wird: Aber alle Artikel warnen davor, dass sie gar nicht existiert und die selbst ernannten Wohltäter höchstwahrscheinlich nur in die eigene Tasche wirtschaften wollen. In den vergangenen Jahren ist die ominöse Stiftung jedenfalls mehrfach mit solchen Spendenaufrufen durch Süddeutschland gezogen. Im Kreis Esslingen ist sie bislang noch nicht aufgetaucht, sagt Christian Wörner vom zuständigen Polizeipräsidium Reutlingen. Dennoch handelt es sich bei ihrem Vorgehen „um eine altbekannte Masche“, bei der der Polizei leider etwas die Hände gebunden seien. Denn „seit ein paar Jahren müssen Sammlungen nicht mehr angemeldet werden“, erklärt Wolf-Dieter Roser, Sprecher im Esslinger Landratsamt. Und so liegt auch im Plochinger Ordnungsamt kein Antrag für besagte Sammelaktion vor, wie Amtsleiter Uwe Bürk bestätigt.

Dennoch glaubt die Polizei, im Kreis Esslingen eine Handhabe gegen sie zu haben. Wörner: „Bei uns dürfen keine Elektrogeräte gesammelt werden. Egal, ob sie noch funktionsfähig sind oder nicht.“ Sie müssten an den regulären Elektroschrott-Stellen oder bei den Herstellern oder Verkäufern abgegeben werden. Jedenfalls werde die Polizei heute mal durch Plochingen fahren. Den Bürgern raten Polizei, Ordnungsamt und Landratsamt, sich gut zu überlegen, wem sie ihre Sachen wirklich zukommen lassen wollen. Dass sich eine bedürftige Familie in Ungarn vor dem Flachbildfernseher aus Plochingen versammelt, ist jedenfalls mehr als unwahrscheinlich.Claudia Bitzer