Zwischen Neckar und Alb

Bessere Häuser für weniger Flüchtlinge

Flüchtlinge In Oberboihingen wurde gestern eine neue Unterkunft für bis zu 104 Menschen eingeweiht. Provisorische Containerdörfer sollen weichen. Von Gaby Kiedaisch

So sieht die neue Flüchtlingsunterkunft in Oberboihingen aus. Auf dem Dach hat sie eine Solaranlage. Foto: Gaby Kiedaisch
So sieht die neue Flüchtlingsunterkunft in Oberboihingen aus. Auf dem Dach hat sie eine Solaranlage. Foto: Gaby Kiedaisch

Gestern sind die ersten Geflüchteten in der neuen Gemeinschaftsunterkunft in Oberboihingen eingezogen. Es handelt sich um etwa 60 bis 70 Personen, die seither in einer Notunterkunft in Wolfschlugen untergebracht waren. Der Landkreis will die Zelt- und Containerstädte, die in einer Zeit gebaut wurden, als wöchentlich bis zu 300 Flüchtlinge im Kreis Esslingen Schutz suchten, auflösen. „Wir wollen von der Quantität zur Qualität kommen“, sagte der Pressesprecher des Landratsamts Peter Keck zur Begrüßung.

Vor dem Bezug in den kommenden Tagen hatten die Bürger aus Oberboihingen am Dienstag die Gelegenheit, sich die neue Flüchtlingsunterkunft in der Daimler­straße anzuschauen. Direkt neben der von der Gemeinde betriebenen Anschlussunterbringung mit derzeit etwa 20 Personen ist in den letzten Monaten die neue Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises Esslingen entstanden.

Künftig mehr Platz pro Person

Ab dem 1. Januar 2018 stehen jedem Geflüchteten sieben Quadratmeter Wohn- und Schlafraum zu. Bisher sind es nur 4,5 Quadratmeter. Die aktuelle Belegung in Oberboihingen folgt heute schon der künftigen Regelung. Denn: Alle Unterkünfte exakt am Stichtag nach der neuen Berechnung zu belegen, ist laut Peter Keck nicht umsetzbar. Deshalb richteten sich die Neubelegungen schon jetzt nach dem neuen Schlüssel. Bis zu 104 Flüchtlinge können so in der Gemeinschaftsunterkunft in Oberboihingen untergebracht werden.

„Oberboihingen hat seine Aufgabe gut erfüllt“, lobte Peter Keck bei der Begrüßung am Dienstag die Gemeinde. „Wir verfolgen eine Politik der offenen Türen“, sagt Keck über die Möglichkeit für die Bevölkerung, die Unterkunft vor dem Bezug besichtigen zu können.

Damit für die Flüchtlinge der Umzug aus ihrer bisher gewohnten Umgebung von Wolfschlugen nach Oberboihingen nicht zu drastisch ist, wird der Arbeitskreis Asyl aus Wolfschlugen die Geflüchteten erst mal weiter betreuen. Nach und nach soll der Stab dann an die Mitglieder des AK Asyl in Oberboihingen übergeben werden. Dazu stehen die Ehrenamtlichen beider Arbeitskreise in engem Kontakt.

Obwohl es immer wieder heißt, dass kaum noch Flüchtlinge kommen, nimmt der Landkreis Esslingen derzeit zwischen 80 und 150 Geflüchtete jeden Monat auf. Angesichts dieser Zahlen sieht sich der Landkreis Esslingen in der Pflicht, weitere Unterkünfte für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen zu bauen. Peter Keck rechnet mit Quartieren für etwa 450 Personen. Darüber hinaus müssen noch etwa 3 000 Flüchtlinge im Kreis Esslingen in der Anschlussunterbringung der Kommunen untergebracht werden. Keck zufolge ist das ist eine große Herausforderung.

In seinem Grußwort appellierte Oberboihingens Bürgermeister Torsten Hooge an die Bevölkerung, den neuen Mitbürgern freundlich, mit Toleranz, Geduld und Anteilnahme zu begegnen. Die Kommune habe ihre Hausaufgaben in Sachen Flüchtlingsunterbringung gemacht, sagte Torsten Hooge weiter. „Die Gemeinde hat 1,1 Millionen Euro in die Hand genommen, um gute, zeitgemäße Unterbringungsbedingungen zu schaffen.“

Die Gelegenheit beim Schopfe packte der Arbeitskreis Asyl und warb für weitere Ehrenamtliche, die bei der Unterstützung der Flüchtlinge helfen. Ingrid Vogel, Sprecherin des AK Asyl in Oberboihingen, sagte: „Für Personen in der Anschlussunterbringung benötigen wir noch Paten.“ Derzeit werden rund 75 Personen vom Arbeitskreis in der Anschlussunterbringung betreut.

Solaranlage auf dem Dach

Durch die Holzmodulbauweise der drei neuen Gebäude in Oberboihingen gibt es bei Bedarf verschiedene Möglichkeiten zur Folgenutzung. Zwei Gebäude sind für die Unterbringung von Gruppen gedacht und ein Haus für Einzelbelegungen. Die Gemeinschaftsunterkunft ist die erste des Landkreises mit einer thermischen Solaranlage auf dem Dach, die die Warmwasserversorgung unterstützt.

Aktuelle Zahlen aus dem Landkreis Esslingen

In den letzten drei Monaten sind dem Kreis Esslingen monatlich zwischen 80 und 150 Personen zugewiesen worden. In Spitzenzeiten waren es monatlich durchschnittlich 1 200 Personen

Derzeit befinden sich 3 700 Personen in der vorläufigen Unterbringung, davon leben noch etwa 600 Personen in Notquartieren wie Zelten oder Containern.

210 Personen sind zwischenzeitlich durch Familiennachzüge nach Deutschland in den Kreis Esslingen gekommen.