Zwischen Neckar und Alb

Blütenmeer erinnert an Aufbruchzeit

Feier Das Stadtjubiläum von Wernau wurde mit einem Umzug und Straßenfest ausgelassen gefeiert. Schlaghosen, Haarmähnen und Peace-Zeichen versetzten in die Zeit von 1968. Von Karin Ait Atmane

Festzug zum Stadtjubiläum: Die Kindergärten zeigten bei Flower-Power jede Menge Kreativität. Foto: Karin Ait Atmane
Festzug zum Stadtjubiläum: Die Kindergärten zeigten bei Flower-Power jede Menge Kreativität. Foto: Karin Ait Atmane

Auf dem heißen Asphalt der Wernauer Ortsdurchfahrt erblühten am Sonntag die Blumen, denn die Teilnehmer am Festumzug zu 50 Jahren Stadterhebung setzten das Flower-Power-Motto mit viel Herzblut um. Blüten in den Haaren, Blumenketten um den Hals, kunterbunte Kleider und üppige Haarmähnen prägten das Bild, dazu gab’s die passende Musik. Die Stimmung war ausgelassen.

Schon vor Beginn des Umzugs herrschte in der Wernauer Stadtmitte Volksfeststimmung. Viele Bürgerinnen und Bürger hatten Hawaiihemden und Blumenkleider aus dem Kleiderschrank gezogen und sich Papier-Blumenketten umgehängt.

Die Stadtverwaltung hatte sich in weiser Voraussicht schon für die Fasnet mit Hippie-Kostümen eingedeckt, die nun wieder zum Einsatz kamen. So entpuppten sich die beiden Herren in schrill-bunter Kleidung und mit goldgefasster Sonnenbrille als Wernauer Amtsleiter - wobei die Brille aus dem eigenen Fundus stamme, wie Ortsbaumeister Patrick Klein verriet: „Wir gehen öfter mal zu Dieter-Thomas-Kuhn-Konzerten.“ Auch die Stadträte hatten sich aufgebrezelt. Stefan Redle war unter der ausladenden Afro-Perücke kaum zu erkennen. Die heimliche Traumfrisur? „Vielleicht“, blieb der Stadtrat vage.

Bürgermeister Armin Elbl mit wehendem Stirnband und seine Frau Marion marschierten fröhlich vor einem hübschen VW-Bus Samba von 1966 weg - im Fahrzeug drin saßen unter anderem die beiden Bürgermeister-Vorgänger.

Die Kindergärten griffen das Blumen-Thema in vielfältigen Varianten auf. Beim Haus des Kindes bildeten Kinder und Erzieherinnen ein ganzes Sonnenblumenfeld, St. Michael ließ ein Meer von großen Blüten erblühen und St. Pius ein Beet voller Ranunkeln. Der gewellte Rand der blumigen Hüte bestand aus geformten Schallplatten. „Das geht ganz einfach im Backofen“, berichtete Erzieherin Maren Zöller und ihre Kollegin Carmen Hermann merkte an, bei Peter Alexander sei ihr das Opfern der schwarzen Scheiben nicht so schwergefallen wie bei AC/DC. Beim Burgfeld-Kindergarten waren in aller Eile noch T-Shirts und Hosen gebatikt worden und die Kinder vom Johanneskindergarten hatten als Gärtner den Vorteil, einige Wasserspritzen dabei zu haben. Auch die Schulen ließen viele Blumen sprießen. In der Schlossgartenschule hat man den „Schlag“ für die Hosen einfach mit Gummizug am Schienbein befestigt.

Zudem lag jede Menge Musik in der Luft, bei den Herren vom Chor Mann-o-Mann, deren rote Latzhosen bestens zum Anlass passten, ebenso wie beim Liederkranz, der San Francisco besang. Wobei der Cäcilia-Stammchor mit seinem Wanderlied wahrscheinlich am nächsten am Wernau der 60er-Jahre war. Maskengruppen stimmten ihren Schlachtruf an und die Guggenmusiker waren ganz in ihrem Element, während die Motorradfreunde mit dem Sound ihrer Maschinen ihre eigene Musik machten. Mit Musik tanzte das Ungarndeutsche Folkloreensemble; der Akkordeonverein schwang zu Leif Garretts Surfin‘ USA die Papp-Surfbretter und beim TSV wurde getanzt, auf den Händen gelaufen und Räder geschlagen. Das Theater der Generationen kam im VW-Käfer Cabrio daher, während s’Busle, der Fahrdienst für Senioren, einige Fahrgäste mitten durchs Geschehen kutschierte.

Der Umzug führte zum Festgelände im Brühl, wo die Schlangen an den Verpflegungsständen rasant wuchsen. Bei der Hocketse vor der Feuerwehr blieb kein Platz leer. Flohmarkt und Krämermarkt erlebten ebenfalls regen Zulauf. Im Hof der Arbeg drehten sich bunte Windrädchen, während „Heinz und die Bembel“ Lieder von vor 50 Jahren auspackten. Das Jugendhaus Kiwi hatte auf dem Edeka-Parkplatz eine große Fläche für sich und eine Bühne aufgebaut: Hier konnten bei „The Stage is yours“ junge Talente ihre Gesangskünste oder sonstige Talente zeigen. Unten saß es sich auf einer Lounge aus Paletten und Polstern gemütlich. „Die haben wir mit Ehrenamtlichen in den Pfingstferien gebaut“, erzählte Jugendhausleiter Holger Kaufhold. Unterm bunten Fallschirm lief eine große Mal-Aktion mit quadratischen Leinwänden, die zu einem großen Werk fürs Quadrium zusammengefügt werden sollen - eine Erinnerung ans Flower-Power-Wochenende in der Stadt.