Zwischen Neckar und Alb

Brutaler Schläger muss hinter Gitter

Urteil Der Bauarbeiter, der einen Kollegen zum Pflegefall prügelte, bekommt neun Jahre.

Foto: Pixabay

Stuttgart/Altbach. Versuchter Totschlag und schwere Körperverletzung: Dafür hat das Stuttgarter Landgericht einen 37-jährigen ungarischen Bauarbeiter zu neun Jahren Haft verurteilt. Er hatte in einer Altbacher Arbeiterunterkunft einen 65-jährigen Kollegen aus Marokko fast zu Tode misshandelt und zum Pflegefall geprügelt. Die Richter ordneten zudem seine Einweisung in eine Alkoholentzugs-Einrichtung an.

Sieben Wochen lang verhandelte die 1. Große Schwurgerichtskammer am Landgericht den Fall. Der aus Ungarn stammende Angeklagte war fast volltrunken und stand unter Drogen, als er am 8. Juni vergangenen Jahres mit dem Opfer Streit bekommen hatte. Entzündet hatte sich die Auseinandersetzung an einem angeblich verschwundenen Mobiltelefon. Dabei schlug der Angeklagte mit einem schweren Gewindeeisen mehrfach auf den bereits durch Boxhiebe und Tritte Schwerverletzten ein und traf ihn jeweils am Kopf. Elf Schläge stellten die Notärzte später im Krankenhaus fest. Dem Verletzten gaben die Mediziner keine Überlebenschance.

Durch die Verletzungen wurde der 65-Jährige zum Pflegefall. In dem Verfahren konnte er deshalb auch nicht als Zeuge vernommen werden. Der Mann befindet sich seit dem Geschehen in einer Vollzeitpflege im Raum Frankfurt.

Die Juristen der Stuttgarter Schwurgerichtskammer werten den Fall als schwere Körperverletzung und versuchten Totschlag, da der Angeklagte bei den Schlägen vor allem mit dem Gewindeeisen den Tod seines Opfers billigend in Kauf nahm. Strafmildernd wirkten sich hingegen die Alkoholisierung und die Drogen aus. Dennoch hatte der Staatsanwalt zehn Jahre Haft beantragt, plus die Einweisung in eine geschlossene Entzugseinrichtung. Dem kam das Gericht nach, milderte die Strafe aber um ein Jahr auf neun Jahre ab. Der Verteidiger hingegen sah in seinem Plädoyer nur eine gefährliche Körperverletzung, ausgeführt im Zustand eines Alkohol-Rausches. Er beantragte als Höchststrafe fünf Jahre.

Ins Zwielicht geriet durch das Verfahren auch die Altbacher Arbeiterunterkunft - ein ehemaliges Lokal, in dem Bauarbeiter verschiedener Nationalitäten untergebracht sind: Polen, Deutsche, Ungarn und Jugoslawen. Es gab dort immer wieder Streit und Handgreiflichkeiten unter den Bewohnern. Der Angeklagte selbst war, wenn er Alkohol getrunken hatte, stets aggressiv und hatte dem Opfer das Recht, dort zu wohnen, abgesprochen. Das stellte das Gericht ausdrücklich negativ für ihn im Urteil fest. Die Aussage wiederholte der 37-Jährige sogar noch in seinem „letzten Wort“ vor der Urteilsverkündung.

Bevor die verhängten neun Jahre Haft vollstreckt werden, muss der 37-jährige Bauarbeiter zweieinhalb Jahre in einer geschlossenen Alkoholentzugs-Klinik behandelt werden. Bernd Winckler