Zwischen Neckar und Alb

Das Alter bewusst gestalten

Leidfaden Die Kommunale Gesundheitskonferenz will mit dem „Lebensbuch“ Impulse zum Nachdenken geben. Es soll Ärzte und Helfer in Notlagen unterstützen. Von Roland Kurz

Gut 20 Seiten dick und im Notfall hilfreich:  Astrid Elsbernd präsentiert das Lebensbuch. Foto: Roberto Bulgrin
Gut 20 Seiten dick und im Notfall hilfreich: Astrid Elsbernd präsentiert das Lebensbuch. Foto: Roberto Bulgrin

Es ist nur ein einfaches Heft mit gut 20 Seiten. Aber durch seine Gliederung in verschiedene Lebensfelder mit den dazugehörigen Fragen kann es ein Leitfaden werden, um über die Lebensqualität nachzudenken und dann den Alltag neu zu ordnen. Ursprünglich kam die Idee von niedergelassenen Ärzten, die manchmal am Bett alter Menschen stehen und über deren Lebensumstände wenig wissen. Wer kann sich um den Patienten kümmern, der vor kurzem aus der Klinik entlassen wurde und nun schon wieder medizinische Hilfe braucht? In dieser Situation sei die Verlockung groß, diesen Menschen gleich wieder ins Krankenhaus einzuweisen, sagte Walter Kontner, der Leiter des Kreisgesundheitsamtes auf der Konferenz im Landratsamt. Dem Personal im Krankenhaus geht es nicht viel anders. Wenn ein Patient mit Schlaganfall eingeliefert werde und nicht sprechen könne, dann brauche der Sozialdienst erst mal drei Tage, um die Hintergründe und Lebensumstände herauszufinden, sagte Eberhard Priebe, der 40 Jahre als Hausarzt in Ostfildern tätig war. Weil es immer mehr alleinstehende Menschen gebe, stünden die Helfer immer öfter vor dieser Situation.

Vom Lebensbuch profitieren also die Helfer und der älter werdende Mensch selbst. Astrid Elsbernd, Dekanin an der Hochschule Esslingen, hat das Projekt wissenschaftlich begleitet. Sie beschäftigt sich seit längerem mit der Frage, wie ältere und pflegebedürftige Menschen leben. Sie hat ein Buch über die Bedürfnisse der Alten, ihre Lebenslagen und über die Entwicklung technischer Hilfen geschrieben. Und als fleißige Tagebuchschreiberin hat sie sich gern dem Projekt Lebensbuch gewidmet.

Wie gestalten wir das Leben, wenn wir krank sind?

Die Wissenschaftlerin hat zwei Leitfragen gestellt und ein Lebenslagen-Modell entwickelt. Wie leben wir in der Fülle des Lebens und wie gestalten wir das Leben, wenn wir krank sind? In fünf Dimensionen hat Elsbernd das Leben und das neue Büchlein eingeteilt: Familie und soziale Netzwerke; Bildung, Kultur und Freizeit; Gesundheit; Wohnen und Infrastruktur; Finanzen. Für jeden Bereich hat sie vier bis sechs Fragen gestellt, zum Beispiel: Habe ich im Alltag Kontakt zu Freunden und Nachbarn? Wie kann ich die Kontakte erhalten oder fördern? Für die Antworten bietet das Notizbuch drei Spalten, so dass man die Fragen nach einiger Zeit nochmals neu beantworten kann.

Der Charakter des Heftes sei anderes als ein Tagebuch, erläutert Elsbernd. Es sei unpersönlicher, gebe weniger Gefühle preis. Das systematische Vorgehen helfe aber bei der Entscheidung, in welche Bereiche man mehr oder weniger Kraft legen wolle. Das Nachdenken, davon ist die Professorin überzeugt, wird durch das Schreiben unterstützt. Deshalb gibt es das Lebensbuch bislang nur in der Version 1.0, also analog. Irgendwann wird es aber wohl auch als App erscheinen. Das Heft gibt es in zwei Formaten, DIN A4 für Vielschreiber und DIN A5 für Menschen, die das Heft gern mit sich tragen - was im Notfall sinnvoll ist. Am Schluss des Büchleins sind noch drei Seite mit wichtigen Fakten: behandelnder Arzt, Medikamente, wichtige Bezugspersonen, Ersatzschlüssel, Banken.

Info An dem Heft haben außer der Hochschule Esslingen, die Ärzteschaft, die Apotheker, Kreisgesundheitsamt, Kreissozialdezernat, Sozialamt der Stadt Esslingen, Kreisseniorenrat, Dienst für Menschen GmbH, AOK und Bosch BBK mitgearbeitet. Zunächst sind 5000 Exemplare gedruckt worden. Es soll in Apotheken und bei Ärzten ausliegen. Es kann aber auch von der Homepage des Landkreises heruntergeladen werden: www.landkreis-esslingen.de