Zwischen Neckar und Alb

Das Erbe der Gräber geht verloren

Mahnmal Der Verein „Denk-Zeichen“ setzt sich für den Erhalt der Steine auf dem jüdischen Friedhof ein.

Gerhard Voss setzt sich für den jüdischen Beutaufriedhof ein.
Gerhard Voss setzt sich für den jüdischen Beutaufriedhof ein.

Esslingen. Nur noch knapp 20 der einst 100 Grabsteine auf dem Beutaufriedhof erinnern an die um 1800 gegründete jüdische Gemeinde in Esslingen. Doch auch diese Steine verwittern zusehends. Um sie vor dem Verfall zu bewahren, setzt sich der Verein „Denk-Zeichen“ für ihre Konservierung ein. Bereits vor drei Jahren war der Erhalt der Begräbnisstätte Thema bei der Stadtverwaltung. Seitdem hat sich nichts getan.

Seit sieben Jahren schließt Gerhard Voss vom Verein „Denk-Zeichen“ in jedem Sommermonat einmal das Tor zum Beutaufriedhof auf und erzählt Besuchern die Geschichte der Gedenkstätte. Isaak Levi liegt dort begraben. Er gehörte zu den ersten Juden, die 1807 von Wankheim bei Tübingen nach Esslingen gezogen sind. Der württembergische König Friedrich I. hatte den jüdischen Familien per Schutzbrief erlaubt, sich in Esslingen anzusiedeln und neben einem rituellen Bad und einem Betraum auch einen Friedhof zu errichten. Dort wurde Levi 1848 beerdigt. Er hatte jahrelang der jüdischen Gemeinde in politischen und religiösen Fragen vorgestanden. „Levis Grabstein steht im Gegensatz zu den meisten anderen noch an seinem ursprünglichen Ort“, sagt Voss.

Die meisten Grabsteine lehnen jedoch an der Friedhofsmauer. Die Gebeine der Toten liegen begraben unter Rasen und Efeu - keiner weiß genau, wo. Weil die Nationalsozialisten den Beutaufriedhof verwüsteten, erinnern dort nur noch wenige Gräber an die Ursprünge der jüdischen Gemeinde. Diese wenigen Steine will Voss retten, aber die Zeit drängt: „Die Grabsteine verfallen immer mehr“, warnt er. „Wenn nicht bald etwas passiert, ist das Erbe verloren.“Miriam Steinrücken