Zwischen Neckar und Alb

„Das Mostlied kommt immer an“

Mundart Gleich für ein ganzes Jahr hat „Hannes“ Albin Braig Harald Immig gebucht. In der Mäulesmühle erheitert der Hohenstaufener das Publikum zwischen den Sketchen. Von Marcus Zecha

Harald Immig tritt neben Albin Braig und Karlheinz Hartmann in der Mäulesmühle auf.Foto: Diana Heer
Harald Immig tritt neben Albin Braig und Karlheinz Hartmann in der Mäulesmühle auf.Foto: Diana Heer

Albin Braigs Anruf erreichte Harald Immig auf Mykonos. „I brauch’ no a Gschenk!“ Also ein Notfall: Braigs Freund Klaus Fischer, Inhaber der Unternehmensgruppe Fischer, würde am Sonntagabend eine große Geburtstagsfeier geben. Was konnte man da nur mitbringen? Der Impressario der Mäulesmühle hatte lange überlegt, als ihm Harald Immigs Lied über „Erkabrechtsweiler“ eingefallen war, das er dem Dübel-Fischer vor einigen Wochen auf Video gezeigt hatte. Die liebevollen Spottverse auf die wunderlichen Bewohner der Albgemeinde haben Fischer wohl so erheitert, dass Braig den Liedermacher aus Hohenstaufen nun bat, am Sonntag live aufzutreten.

Gegen 16 Uhr landete Immigs Flieger in Stuttgart, wenige Stunden später stand er in Fischers Festsaal und sang. Neben den üblichen Strophen hatte er sich noch flugs einen neuen Dübel-Vers ausgedacht. Klaus Fischer habe Tränen gelacht, aber für einen Sponsorenvertrag mit dem millionenschweren Unternehmer habe es dann doch nicht gereicht, wie Immig augenzwinkernd anmerkt.

 

Immer wieder mal ausgeholfen

Es war nicht die erste Begegnung von „Hannes“ Albin Braig und Harald Immig. Beide sind sogar eine Zeit lang auf die gleiche Schule gegangen: Braig lernte in Stuttgart Schriftsetzer, Immig machte eine Ausbildung zum Grafiker. Doch kennen und schätzen gelernt haben sich die beiden erst viel später, als sie längst ihren eigenen Stil entwickelt hatten:

Braig, der großartige Mundart-Komödiant, und Immig, der gefühlvolle Liedpoet, Maler und Lyriker. Sicher zehn Mal hatte Immig in der Mäulesmühle schon ausgeholfen, als Braig im November 2017 erneut anrief - diesmal wegen eines längerfristigen Engagements: Immig sollte von Januar bis November jeweils donnerstags und freitags im malerischen Siebenmühlental bei Leinfelden-Echterdingen auftreten.

Viele kennen „Hannes und der Bürgermeister“ nur im Doppelpack mit Herrn Stumpfes Zieh & Zupfkapelle. Bei Gastauftritten unterhält das Quartett von der Ostalb zwischen den Sketchen mit seiner „skrupellosen Hausmusik“. Von Heilbronn bis zum Bodensee, von Freiburg bis zur Grenze nach Bayern reicht da das Einzugsgebiet. Anders sieht es bei den Heimspielen in der Mühle aus: Dort sorgen wechselnde Künstler für die passende Musik.

Einer dieser Künstler ist nun seit Januar Harald Immig. Ingesamt 40 Vorstellungen - allesamt längst ausverkauft - bestreitet er neben Albin Braig und Karlheinz Hartmann. Acht Parts hat er pro Abend, dazu gibt es ein neu geschriebenes, auf das Mäulesmühlen-Publikum zugeschnittenes Schlusslied. Eine Rolle spielt bei den Beiträgen auch der fiktive Ort Schriedingen, mit dem Hannes’ Gemeinde eine herzliche Rivalität pflegt. Und von dort aus, teilt Immig den Besuchern mit, ist es nämlich nicht mehr weit bis Erkenbrechtsweiler: „am Kreisverkehr gleich rechts raus, dann immer geradeaus“.

Das Programm macht Harald Immig sichtlich Spaß, freitags manchmal etwas mehr als donnerstags: Da sei das Publikum nicht so locker wie zum Auftakt des Wochenendes. Aber gelacht wird immer. Aus dem ganzen Land kommen Woche für Woche Tisch- und Busgesellschaften in die Mäulesmühle, einige auch aus dem Raum Göppingen und Kirchheim - quasi ein Heimspiel für den Sänger vom Hohenstaufen, der oft auf dem Hohenneuffen auftritt.

Mehr als 8 000 Menschen, hat Immig ausgerechnet, erreicht er auf diese Weise allein in diesem Jahr. Bei seinen Liedern überwiegen deutlich die heiteren. Und das hat einen Grund: Einmal hat er spontan den „Nachtkrabb“ gespielt, eine eher ruhige Nummer, zu dem der routinierte Techniker gleich mal das Licht gedimmt hat. Das Resultat: Im nächsten Sketch brauchten die Besucher einige Zeit, um wieder auf Touren zu kommen. Also: kein Nachtkrabb mehr. Nicht fehlen darf dagegen sein Mostlied. Immig: „Das kommt immer an.“

Vor der Arbeit von Braig und Hartmann hat er großen Respekt: „Das ist richtige Knochenarbeit“, betont der Musiker. Auch wenn die beiden Erzkomödianten seit Jahrzehnten eingespielt sind, ziehen sie sich immer wieder zum Proben zurück oder probieren wieder neue Sketche aus. So werden die Mäulesmühlen-Besucher wohl auch in den nächsten Jahren erwartungsvoll aufhorchen, wenn der überforderte Bürgermeister wieder ins Vorzimmer ruft: „Der Hannes soll reikomma!“

Und wahrscheinlich wird dann auch Harald Immig wieder mit knitzem Humor seine Spitzen Richtung Erkenbrechtsweiler anbringen, dieses Dorf ganz nahe beim ewigen Ortsrivalen Schriedingen.