Zwischen Neckar und Alb

Das nächste Gewitter zieht auf

Politik Erneut wendet sich ein Ex-Kandidat der AfD im Kreis Esslingen an die Öffentlichkeit.

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Foto: pr

Kreis. Der AfD-Kreisverband Esslingen kommt auch nach dem Fristende für die Einreichung der Vorschlagslisten zur Europa- und Kommunalwahl nicht zur Ruhe. Während sich der Vorstand, insbesondere die Sprecherin Vera Kosova, bemüht geschlossen und sachbezogen gibt, taucht nach dem Republikaner Ulrich Deuschle der nächste gehörnte Ex-Kandidat auf, der zunächst als AfD-Listenanführer für die Kreistagswahl gehandelt und dann geschasst wurde.

Bei Hans Haußmann, der nun an die Öffentlichkeit geht, weil er „von der eigenen Partei derart misshandelt wird“, ist die Sachlage allerdings noch ein wenig komplizierter. Der 80-Jährige wurde kürzlich auf einer Aufstellungsversammlung für die AfD-Kreistagskandidatenliste von den Mitgliedern tatsächlich auf Listenplatz eins im Wahlkreis Neuhausen gewählt. Doch in den vergangenen Tagen, kurz vor Fristende für die Abgabe der Vorschlagslisten beim Landratsamt, überschlugen sich die Ereignisse, die den AfD-Kreisvorstand schließlich dazu bewogen, Haußmann von der Liste zu nehmen. Haußmann hält das für Manipulation, wie er in seinem Brief an mehrere Tageszeitungen schreibt. „Umsonst wird niemand von der Liste genommen“, sagt dagegen die zweite Sprecherin der AfD im Landkreis, Astrid Schlupp-Melchinger. Man habe sich mit der Entscheidung nicht leichtgetan.

Beide Seiten beschreiben zwei Punkte, an denen es im Verhältnis Haußmanns mit dem AfD-Kreisverband Esslingen - und höheren Ebenen der Partei - ordentlich kracht. Zum einen ist da ein formelles Problem, dessen Entstehungsgeschichte 2016 ihren Anfang nahm: Am 1. April erhielt Haußmann die Nachricht vom Landesvorstand der AfD Baden-Württemberg, dass seine Aufnahme in die Partei vom 10. Februar 2017 „nichtig“ sei. „Nachdem ich mich nun über drei Jahre hinweg Tag und Nacht für die AfD eingesetzt habe und mich von anderen Leuten dafür habe schief ansehen lassen, sagt mir der Landesvorstand, ich sei gar kein Mitglied“, fasst Haußmann zusammen. Vor drei Jahren, am 20. Mai 2016, hatte Haußmann eigenen Angaben nach den Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Er wurde vom damaligen AfD-Kreissprecher Ulrich Sterra zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen. Daraufhin kam Haußmann zufolge weder eine Aufnahmebestätigung noch eine schriftliche Ablehnung. Obwohl er mehrfach nachhakte, wie er beteuert. Eine Zufallsbegegnung mit dem damaligen Zweiten Vorsitzenden des Kreisverbands Göppingen, Sandro Scheer, brachte dann endlich die ersehnte Parteizugehörigkeit für Hans Haußmann.

Ab April 2018 wagte der emeritierte Universitätsprofessor für Tiergenetik dann den Versuch, vom AfD-Nachbarverband in seinen Heimatlandkreis Esslingen zu wechseln. Doch ein Schreiben an die AfD-Landes- und Bundesgeschäftsstelle hatte das Gegenteil zur Folge: Seine Mitgliedschaft wurde infrage gestellt und schließlich für nichtig erklärt. Der Grund: Der Kreisverband Göppingen hätte den im Kreis Esslingen wohnhaften Haußmann gar nicht aufnehmen dürfen.

Die Suche nach dem Feindbild

Der 80-Jährige sieht sich nun mehrfach hintergangen. Er verdächtigt einzelne Personen aus den beiden AfD-Kreisverbänden, seine Mitgliedschaft in Esslingen über Jahre blockiert und seinen Rausschmiss aus der Partei herbeigeführt zu haben. Eine davon ist Stephan Köthe, AfD-Ortsvereinsvorsitzender in Esslingen, für Haußmann „der Bösewicht“. Köthe bestätigt, in der Causa Deuschle „einer der Wortführer“ gewesen zu sein, wobei die Mitglieder demokratisch gegen den Kandidaten gestimmt hätten. Köthe sah das „Mandatshopping“ des Republikaner-Kreisrats kritisch und, dass dieser die AfD einst als politischer Gegner hart bekämpft hatte. Die Vermutung, er habe etwas mit dem Mitgliedsstatus von Haußmann zu tun, weist der Esslinger AfD-Politiker zurück: Er sei weder Mitglied im Landes- noch im Kreisvorstand der Partei.

Kandidieren kann Haußmann nun nicht mehr, die Frist ist um. Doch gegen den Umgang mit seiner Mitgliedschaft will er gerichtlich vorgehen. Greta Gramberg