Zwischen Neckar und Alb
Das Wahrzeichen am Stuttgarter Hafen wird platt gemacht

Bau Das Entsorgungsunternehmen Alba lässt nicht mehr in Nutzung befindliche Silos am Stuttgarter Mittelkai abreißen. An ihrer Stelle sollen Hallen gebaut werden. Von Mathias Kuhn

Sie sind eines der Wahrzeichen im Stuttgarter Hafen: die hohen Silos an den Kaianlagen. In den Anfangsjahren des Stuttgarter Neckarhafens wurden in den mächtigen Speichertürmen Getreide und andere Agrarprodukte gelagert – Vorräte, um die Grundversorgung der Bevölkerung in der Region zu gewährleisten. In Zweier- und Dreier-Reihen lagen die Schiffe voller Weizen-, Gerste-, Rüben- und anderer Berge an den Kaimauern. Der Transport und die Verteilung von Agrarprodukten war ein wichtiger Faktor für den Aufschwung im Stuttgarter Hafen. Heute spielt der Agrarsektor längst nicht mehr diese Rolle in der Umschlagsbilanz. Für zwei Silo-Türme sind die Tage nun auch gezählt. Bereits im Oktober hat der Abriss der beiden Alba-Silos am Westkai begonnen.

 

Im Stuttgarter Hafen bleibt keine Fläche lang brach liegen.
Carsten Strähle
Hafenchef
 

Zwischen dem Hafenbecken 1 und dem Hafenbecken 2 erstreckt sich eine lange Landzunge. An der Spitze dieser „Zunge“ hatte die Raiffeisengenossenschaft in den 1970er-Jahren die beiden mehr als 40 Meter hohen Blöcke des Kraftfutterwerkes errichten lassen. In den Kammern wurde Getreide gespeichert und das Futter gemischt. Doch seit 20 Jahren stehen die Türme leer. Statt der Raiffeisengenossenschaft hat der Entsorgungsspezialist Alba vor einigen Jahren die Fläche am Westkai gepachtet. Das Grundstück unterhalb der Otto-Konz-Brücken ist der ideale Umschlagplatz für den Pionier in Sachen Rohstoffsicherung. Es besitzt sowohl einen Wasser- als auch einen Gleisanschluss. Lastwagen können zudem über eine Rampe direkt an den Kai fahren und wertvolle Fracht wie Flugasche in den Bauch des im Neckar liegenden Schiffes kippen. „Etliche Tonnen können auf diese Weise in kurzer Zeit umgeschlagen und umweltfreundlich abtransportiert werden“, sagt Hafenchef Carsten Strähle.

Die beiden Silos stehen den Zukunftsplänen allerdings im Weg. Alba hat sich deswegen entschlossen, die Türme platt zu machen. „An ihre Stelle sollen dann Hallen entstehen, in denen Alba künftig ihre Recyclingprodukte noch effektiver trennen kann“, sagt Bauleiter Gregor Thum. Der Cannstatter Architekt koordiniert den Abriss. Er ist froh, dass die Firma GL Abbruch die Ausschreibung für die aufwendige Demontage gewonnen hat. Trotz der Bauarbeiten werde der alltägliche Ablauf der Firma Alba kaum beeinträchtigt.

Dabei sind ständig zwei große Abrissbagger im Einsatz. Mit ihren mächtigen Greifzangen „beißen“ sie Betonstück für Betonstück aus den Wänden. Das Material wird vor Ort sortiert. Bewusst haben die Abrissspezialisten einen Schuttberg aufgeschüttet. Auf ihm kann ein Abrissbagger stehen, um mit seinem Greifarm bequem auch das oberste Stockwerk greifen zu können“, sagt Thum. Die Entsorgung der Materialien übernimmt dann der Recyclingsspezialist Alba selbst.

Der Zeitplan ist ehrgeizig

Bis Ende dieses Jahres sollen die beiden Silos abgerissen und platt gemacht sein, sagt Thum. Im kommenden Jahr werde dann vermutlich mit dem Bau der neuen Alba-Hallen begonnen – die Inselspitze dann ein neues Aussehen bekommen. „Im Stuttgarter Hafen bleibt keine Fläche lange brach liegen. Die Logistikdrehscheibe entwickelt sich laufend fort“, sagt Hafenchef Strähle. Auch am Ostkai wurden in den vergangenen Monaten alte Gebäude abgebrochen. Das Logistikzentrum von DP World benötigt mehr Platz für den Container-Umschlag. Es wird in den kommenden Jahren sukzessive erweitert. Auch ein weiterer Ladekran soll installiert werden.

Einige markante Strukturen der Anfangsjahre des Hafens bleiben indes noch erhalten. Die beiden auch von der Bundesstraße 10 bestens sichtbaren Rhenus-Silos am Westkai werden weiterhin die Silhouette des Hafens bilden. „Auch das hohe Gebäude der Friesinger Mühle am Mittelkai ist in Betrieb und wird auch in Zukunft noch seine Dienste erfüllen“, sagt Strähle .