Zwischen Neckar und Alb

Debatte im Kreistag: Wohin mit dem Überschuss?

Kreistag Freie Wähler, SPD und FDP wollen künftig stärker in die Haushaltsführung der Verwaltung eingreifen. In vielen anderen Punkten sind sich die Fraktionen einig. Von Roland Kurz

Wie viel Geld der Kreis bekommt, ist strittig. Wohin es fließt, nicht: in den Abriss und Neubau des Landratsamts. Archiv-Foto: J
Wie viel Geld der Kreis bekommt, ist strittig. Wohin es fließt, nicht: in den Abriss und Neubau des Landratsamts. Archiv-Foto: Jean-Luc Jacques

An der Höhe der Kreisumlage will der Esslinger Kreistag dieses Mal nicht rütteln. In der Haushaltsdebatte, die am Donnerstag im Großbettlinger „Forum der Generationen“ stattfand, akzeptierten alle Fraktionen bis auf die REP die Senkung des Hebesatzes von 32,5 auf 31,5 Punkte, die Landrat Heinz Eininger vorgeschlagen hat. Dafür verlangt der Kreistag ein Mitspracherecht, was mit den Überschüssen aus dem Haushalt passiert.

Die Kreisumlage etwas höher ansetzen, damit der Landkreis seinen Schuldenberg etwas zügiger abtragen kann - das war in den vergangenen Jahren immer die Linie von CDU und Grünen. Freie Wähler und SPD wollten den Kreis lieber knapphalten, weil der Landrat die Lage eine Spur zu pessimistisch darstelle und weil einige Kreisstädte mit ihrem Geld kaum klarkämen. Hinter diesem Dauerstreit stecken auch unterschiedliche Ansichten, welche Bedeutung Schulden im neuen Haushaltsrecht, der Doppik, haben. Nach Ansicht der Freien Wähler sind sie nicht mehr der entscheidende Faktor.

Um „die Schärfe aus der Diskussion zu nehmen“ haben die Freien Wähler jetzt einen interfraktionellen Antrag eingebracht. Sie wollen die Richtlinien ändern, die sich der Kreistag gegeben hat. Bislang können die Überschüsse nur zum Schuldenabbau oder als Eigenfinanzierungsanteil von Großprojekten benutzt werden. Künftig sollen 40 Prozent des Überschusses der Kreisumlage im Folgejahr zugeführt werden. 40 Prozent des Überschusses kämen ja auch aus der Umlage, begründete Bernhard Richter, Sprecher der Freien Wähler, den Antrag. Er wies darauf hin, dass die absolute Summe der Umlage mit 244 Millionen Euro noch nie so hoch gewesen sei, wie sie 2018 erwartet wird. Er sei sich sicher, so Richter, dass der Landkreis wieder einen „satten Überschuss“ machen werde. 2017 wurde das Ergebnis um sieben Millionen Euro nach oben korrigiert.

Man stelle sich „ergebnisoffen“ diesem Antrag der „Andorra-Koalition“, sagte CDU-Sprecher Martin Fritz. Ein besserer Stil wäre jedoch gewesen, das Thema zuerst mal im Ältestenrat zu besprechen, wo man die Finanzierungsrichtlinien aufgestellt habe.

Marianne Erdrich-Sommer, Vorsitzende der Grünen, könnte mit einer Änderung der Leitlinien leben - vorausgesetzt diese erfolge mit der gleichen Einigkeit, mit der man die bisherigen aufgestellt habe. Darüber hinaus solle der Kreistag „strategische Ziele“ aufstellen, an denen sich die Haushaltsplanung orientieren möge.

SPD-Fraktionschefin Sonja Spohn verzichtete auf einen Antrag zur Kreisumlage, weil sie davon ausgeht, dass der interfraktionelle Antrag durchgeht.

Einig waren sich die Fraktionen bei anstehenden Großprojekten, egal ob Neubau des Landratsamts, Albert-Schäffle- und Bodelschwingh-Schule oder die Schienenprojekte U 5, U 6 und S 2 auf den Fildern. Bernhard Richter hob hervor, dass mehr als 50 Prozent der Investitionen in den Schulbereich fließen. Die Digitalisierung hatten alle Sprecher im Blick. Bürgermeister Martin Fritz, der gestern Gastgeber für den Kreistag war, kritisierte jedoch, dass beim Glasfaserausbau die Förderpolitik und die Strategie der Telekommunikationsunternehmen nicht zusammenpassen. So werde man einen „Landkreis der verschiedenen Geschwindigkeiten“ erhalten.

Die Sozialdemokraten machten ihrem Namen Ehre und legten viele Anträge zum Sozialbereich vor: zusätzliche Sprachförderung für junge Flüchtlinge, eine Betriebs-Kita im neuen Landratsamt, Verlängerung der Förderung der Tafelläden und eine zehnprozentige Aufstockung der Mietkostenzuschüsse für ALG-2-Empfänger; zudem sollen im Freilichtmuseum weitere Kunstprojekte stattfinden. Für das Museum wird der Landkreis einen Batzen ausgeben: Er lässt in Beuren einen Tanz- und Festsaal aus Geislingen für 1,1 Millionen Euro aufbauen, was FDP-Kreisrat Ulrich Fehrlen launisch kommentierte: „Die Geselligkeit kommt auch nicht zu kurz.“

Die Grünen fordern vom Kreis 80 000 Euro, um die Energieagentur neu zu beleben. Außerdem sollen zusätzliche Sprachkurse für junge Flüchtlinge finanziert werden, um auch dem Nachwuchsmangel im Handwerk zu begegnen.

Von der grünen Seite zeigte sich die Linke. Peter Rauscher stellte den Klimaschutz in den Mittelpunkt und forderte den Ausbau der kleinen Teckbahn bis Oberlenningen, die Forcierung des Radverkehrs und ein kreisweites Konzept für Carsharing.

Ulrich Deuschle pflegte sein Feindbild vom Gutmenschen und empfahl den Asyl-Arbeitskreisen, künftig die Pflegeheime zu besuchen, wenn Flüchtlingsfamilien in Gambia zusammengeführt würden. Als einzige Fraktion will die REP die Kreisumlage nicht senken.

Info Der Kreistag wird am 14. Dezember den Haushaltsplan für 2018 beschließen.