Esslingen. Der Plan, am Rande des Schurwaldes, nahe Aichwald, 25 Millionen Euro in zehn Windräder zu investieren und damit Strom für etwa 12 000 Menschen zu erzeugen, ist gescheitert. Es waren letztlich nicht die Bedenken des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung, sondern die Windverhältnisse am geplanten Standort, die das Vorhaben unrentabel machen. Deshalb haben sich die Stadtwerke Esslingen (SWE) und die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) als potenzielle Betreiber darauf geeinigt, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.
Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger ließ keinen Zweifel daran, dass er zu dem Windpark gestanden hätte, sofern die Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Anlage günstig gewesen wären. Der vom TÜV Süd erarbeitete Windatlas Baden-Württemberg hatte eine mittlere Windgeschwindigkeit von bis zu 6,5 Meter pro Sekunde in 140 Meter Höhe über dem Boden prognostiziert – das hätte für einen erfolgreichen Betrieb gereicht. Der Messmast zwischen Esslingen und Aichwald, über den seit Mai 2014 Daten gesammelt worden sind, hat ein anderes Bild gezeichnet. Demnach liegt dort die durchschnittliche Windgeschwindigkeit bei etwas mehr als fünf Meter pro Sekunde. Dieses Ergebnis ist von Fachleuten überprüft worden. Somit ist deutlich geworden: Der Windatlas nennt keine verlässlichen Richtwerte im Detail, die lokale Situation muss genau untersucht werden. Das ist mit dem Messmast geschehen, wofür laut Manfred Haberzettel von der EnBW „ein niedriger sechsstelliger Betrag“ investiert worden ist.
Bedenken von Windkraftgegnern, das Geld für den Mast sei zum Fenster hinausgeworfen, begegnet Zieger mit dem Hinweis: „Bedenken sind keine Beweise.“ Er habe ebenso wie seine Projektpartner von Anfang an klar gestellt: „Wenn ein Windpark nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, macht er keinen Sinn.“ Manfred Haberzettel unterstreicht: „Die Wirtschaftlichkeit ist für den Betrieb eines Windparks das ausschlaggebende Kriterium. Die muss gegeben sein, und das ist für diesen Standort definitiv nicht der Fall.“ Als ein Signal für mögliche weitere Standorte in der Region, etwa im Landkreis Göppingen, kann das Ergebnis auf dem Schurwald nach Einschätzung Haberzettels nicht gedeutet werden: „Dort kann alles ganz anders aussehen.“
Trotz dieses Rückschlags hält die Stadt Esslingen an ihrem Ziel fest, bis 2030 die Hälfte der Haushalte mit regenerativer Energie zu versorgen. Das soll über Blockheizkraftwerke, Wind- und Wasserkraft geschehen, wobei Beteiligungen an Projekten zur Erzeugung von umweltfreundlichem Strom einen wichtigen Baustein in den Zukunftsplänen der SWE darstellen – auch außerhalb der Esslinger Stadtgrenzen.
Vor allem in Aichwald war das Vorhaben während der vergangenen Monate bei Bürgern, aber auch politisch zunehmend in die Kritik geraten. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Mindestabstand zwischen Windpark und Wohngebiet und die Einschätzung der Flugsicherung, wonach der Windpark ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte. Der Esslinger CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Deuschle hatte Jürgen Zieger „Starrsinn“ vorgeworfen, doch gestern schlug er moderatere Töne an: „Die fehlende Wirtschaftlichkeit des Projekts stünde in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Beeinträchtigungen der Bürger Aichwalds und zu den notwendigen Eingriffen in Landschaft und Natur.“ „Es ist schade, dass die Esslinger Schurwaldhöhe nicht für die Windkraft geeignet ist, denn für den Klimaschutz brauchen wir erneuerbare Stromerzeugung in allen Regionen“, bedauert die Esslinger Landtagsabgeordnete der Grünen, Andrea Lindlohr.