Zwischen Neckar und Alb

Den Igeln eine Chance geben

Überwintern Die Wendlinger Expertin Elisabeth Heilemann gibt Tipps, wie man hilfsbedürftige Stacheltiere am besten durch den Winter bekommt. Von Sylvia Gierlichs

Dem Igelmädchen fehlen noch 300 Gramm bis zum Normalgewicht. Da braucht es noch einiges an Aufzuchtmilch.Foto: Sylvia Gierlichs
Dem Igelmädchen fehlen noch 300 Gramm bis zum Normalgewicht. Da braucht es noch einiges an Aufzuchtmilch.Foto: Sylvia Gierlichs

Igel sind eine gefährdete Art, ihr Lebensraum wird kleiner. Dabei gibt es Igel schon seit 15 Millionen Jahren. Die Wendlingerin Elisabeth Heilemann päppelt Igel auf. Als „Granatenlumpen“ bezeichnet sie die derzeit etwa 25 Igel, die bei ihr in diesem Herbst gelandet sind. „Aber sie sind einfach unwiderstehlich, wenn sie einen mit ihren Knopfaugen anschauen“, sagt Heilemann lachend. Ein kleines, kaum 200 Gramm schweres Weibchen liegt auf ihrer Hand und wird mit einer kleinen Spritze gefüttert. Hundeaufzuchtmilch bekommt das kleine Mädchen, das nicht nur ziemlich untergewichtig ist, sondern auch mit einer schweren Pilzinfektion zu Elisabeth Heilemann kam. „Schimmliges Laub könnte die Ursache sein“, mutmaßt die Fachfrau, die sich mit Unterbrechung schon seit 20 Jahren um Igel kümmert.

Der Igel ist ein Wildtier. Man darf ihn eigentlich nicht einfach so mit nach Hause nehmen. Es gibt allerdings Ausnahmen – dann nämlich, wenn das Tier eindeutig Hilfe benötigt. Doch wie erkennt man, ob ein Igel hilflos ist? „Wenn sich Igel im Oktober und November tagsüber sonnen, wenn sie Futter suchen oder von Terrassen Katzenfutter stibitzen, wenn sie unter 200 Gramm wiegen, dann brauchen sie Hilfe“, erklärt Heilemann.

Und einem Igel über den Winter zu helfen, ist eigentlich gar nicht so schwer. Zunächst sollte man die Körpertemperatur überprüfen. „Gesunde Igel fühlen sich, wenn man sie auf der Hand hat, warm an. Fühlt sich der Igel eher kalt an, dann sollte man ihn in einer großen Kiste, die mit Stroh oder Zeitungspapier ausgelegt ist, in der Nähe einer Heizung unterbringen oder ihm ein Wärmekissen gönnen“, lautet Heilemanns Tipp. Die nächsten Schritte: Man meldet sich bei der Igelexpertin, die sich den Igel ansieht und ihn gegen Parasiten behandelt. Dann steht einer Überwinterung beim Finder des Tiers nichts im Weg. Um gut über die Runden zu kommen, sollte das Tier ein Schlafhaus haben, mit Katzenfutter, Igel-Trockenfutter und Vitaminpaste (gibt es im Zoohandel) versorgt werden. Die Kiste und Futterschüsseln sollten jeden Tag gereinigt werden. Gerne ist die Igelexpertin bereit, den Findern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, damit das Tier den Winter gut übersteht und im Frühjahr dann wieder in die Natur entlassen werden kann.

Es ist vor allem die flächendeckende Besiedlung durch den Menschen, die den Lebensraum der Igel und anderer Wildtiere und Insekten schrumpfen lässt. In einigen Bundesländern steht der Igel schon auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Denn durch den immer größeren Platzbedarf des Menschen, durch die intensive Landwirtschaft geht auch der Lebensraum von Insekten verloren. Viele Insekten, von denen sich Igel eigentlich ernähren, sind so gut wie ausgestorben. Dass die Zahl der Igel zurückgeht, hat auch mit dem Straßenverkehr zu tun. Und wenn eine Igel-Mama im Spätsommer überfahren wird, dann sterben eben auch ihre Jungen, denn sie können ohne die Versorgung durch die Mutter nicht überleben.

Es sind aber nicht nur die untergewichtigen oder kranken Igel, die Hilfe brauchen. Es wird nämlich immer schwerer für Igel, ein Winterquartier zu finden. „Der Igel ist ein Kulturfolger, er fühlt sich eigentlich in der Nähe der Menschen wohl“, weiß Elisabeth Heilemann. Und es ist gar nicht schwer, den Tieren ein Winterquartier im Garten oder auf dem Gütle zu schaffen. „Es braucht eigentlich nur einen Laubhaufen und ein wenig Reisig an einer etwas geschützten Stelle. Eine kleine Plane könnte zusätzlich für Schutz sorgen. Etwas Katzenfutter und ein Schälchen Wasser sollten immer bereitstehen“, sind Heilemanns Ratschläge.

Unterstützung braucht jedoch auch Elisabeth Heilemann selbst. Igelretter zwischen Stuttgart und Reutlingen wenden sich an die Wendlingerin, wenn sie ein verletztes oder krankes Tier gefunden haben. Um die 60 bis 70 Tiere aufzupäppeln, die jedes Jahr bei ihr landen, braucht Heilemann dringend Katzenfutterspenden in rauen Mengen. Auch Küchentücher sind willkommen. Und noch etwas liegt ihr am Herzen: Der Verein „Igelfreunde Stuttgart und Umgebung“, von dessen Infrastruktur auch Heilemann regelmäßig profitiert, ist ebenfalls auf Unterstützung angewiesen.

Wer sich für die Arbeit des Vereins, der auch ein Igelkrankenhaus betreibt, interessiert, kann sich unter www.igelverein.de umfassend informieren. Mit Elisabeth Heilemann kann man sich unter der Telefonnummer 0 70 24/46 79 75 in Verbindung setzen.