Gruibingen. Die Gruibinger kennen Gerhard Nagel als Fotograf für die Gemeinde. Erst neulich hat er Hunderte Bilder vom Ablauf der Baustelle in der Ortsdurchfahrt gezeigt. Beim Martinimarkt war er mit der Kamera unterwegs. Auch für Vereine und die Kirchengemeinde fotografiert er, wenn‘s gewünscht wird. Das ist seine große Leidenschaft.
Weniger bekannt ist: Nagel ist auch der Begleit-Fotograf von Wolfgang Kimmig-Liebe aus dem Raum Böblingen, der seit 30 Jahren als Nikolaus in der Welt unterwegs ist. Die beiden waren Arbeitskollegen, und so hat sich Nagel der Mission Kimmig-Liebes vor vier, fünf Jahren angeschlossen. Vorher zog es ihn nicht in die Welt. Der gute Zweck ist sein Antrieb. „Man muss es gerne machen. Sonst würde man es auch gar nicht machen.“
Ein Spaziergang ist das nicht. Vergangenes Jahr startete die Tour in Büsum an der Nordsee. Diesmal geht es erst nach Aachen. Dort sitzt ein namhafter Hersteller von Lebkuchen, der die Touren von Kimmig-Liebe erst möglich macht. „Er ist der Hauptsponsor“, sagt Nagel, Reise und Unterkunft der Nikolaus-Mannschaft werden gesponsert. Weiter geht‘s nach Köln, Hamburg, Böblingen, Nürnberg, zu Weihnachtsmärkten und zu den Menschen: zu Obdachlosen, in Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser. Beim SWR ist er zu Gast und beim Bundesligaspiel Stuttgart gegen Bremen.
Diesmal reist der Nikolaus aus Böblingen auch wieder nach Rom, zu einer Audienz bei Papst Franziskus. Von dessen Vorgänger Benedikt XVI. ist Kimmig-Liebe gesegnet worden. „Als dritter offizieller Nikolaus.“ Ob Gerhard Nagel in Rom dabei ist, ist noch offen.
Tel Aviv, Jerusalem, Nazareth, Bethlehem – Nagel hat das Heilige Land schon mehrfach mit dem früheren Arbeitskollegen bereist. Das ging über schwer bewachte Grenzen, in das Palästinensergebiet und sogar nach Gaza. Überwachung allerorten, auch in den Straßen steht Security. Vor einem Ministerium in der Jerusalemer Altstadt gab es scharfe Kommandos eines Wachpostens, als der Nikolaus einer Sicherheitslinie zu nahe kam. Da waren sie auf dem Weg zu einer Mädchenschule. Auch Spuren des Kriegs sind gegenwärtig. In einem Kibbuz an der Grenze erfuhren sie, dass eine Granate auf dem Gelände eingeschlagen hat. In Gaza fand es Nagel bedrückend. „Die sind dort eingeschlossen.“ Er sah Bunker an der Straße und Soldaten, die meistens freundlich waren, wenn der Nikolaus auftauchte. Manche lächelten in die Kamera. „Angst hatte ich nirgends“, sagt der Gruibinger.
Berührt hat es ihn, an den heiligen Orten der Bibel zu sein. In Bethlehem, wo der Nikolaus aus Böblingen Ehrenbürger ist, waren sie in der Kirche Christi Geburt und im Bibelhaus. „Überall werden wir aufgenommen.“ Touristen wollen mit dem Nikolaus fotografiert werden, und er geht zu den Mühseligen und Beladenen. Bewegende Szenen, die Nagel festhält. „Mir kommen manchmal heute noch die Tränen“, sagt der 63-Jährige, wenn er Bilder sieht, wie der Nikolaus eine krebskranke 19-Jährige oder ein sterbenskrankes Kleinkind segnet. Bei Nazareth ließ sich der Böblinger Nikolaus im Jordanwasser taufen wie einst Jesus. Täufer war ein Priester aus Nigeria.
Willkommen ist der christliche Nikolaus bei allen: Ein orthodoxer Jude gibt ihm in Jerusalem die Hand, ein Israeli organisiert Termine für ihn, eine palästinensische Familie bei Bethlehem gibt ihm Logis, Muslime lassen sich mit ihm in der Moschee fotografieren. Und auch in der Neuen Welt machte der Nikolaus aus Württemberg schon Jung und Alt in Kindergärten, Heimen und Krankenhäusern glücklich.