Zwischen Neckar und Alb

Der Proporz bleibt frommer Wunsch

Kandidatenliste 420 000 Wahlberechtigte sind am 26. Mai aufgerufen, den Kreistag neu zu wählen. Nur knapp ein Drittel der 783 Bewerber aus neun Parteien sind Frauen. Von Bernd Köble

Wahlen und deren Vorbereitung bedeuten noch immer eine Menge Papierkrieg.Foto: Markus Brändli
Wahlen und deren Vorbereitung bedeuten noch immer eine Menge Papierkrieg. Foto: Markus Brändli

Kandidaten für die Arbeit in kommunalpolitischen Gremien zu finden, gestaltet sich offenbar immer schwieriger. Deutlich später als sonst sind im Esslinger Landratsamt die Bewerberlisten für die Kreistagswahl am 26. Mai eingegangen. Für manche Wahlkreise erreichte die Post der Fraktionen erst wenige Stunden vor Meldeschluss am 28. März die Behörde.

Gestern nun hat der Kreiswahlausschuss die Ampel für die Kandidaten auf Grün gestellt: 783 Bewerberinnen und Bewerber aus neun Parteien (die Liste Engagierte Bürger tritt nur in Leinfelden-Echterdingen an) kämpfen beim Urnengang im Mai um die weiterhin 83 Sitze im Kreisparlament. Obwohl die Bevölkerung im Landkreis Esslingen seit den Wahlen vor fünf Jahren um knapp vier Prozent gestiegen ist, bleibt die Zahl der Sitze gleich. Sie kann, je nach Wahlergebnis, durch Ausgleichsmandate jedoch bis auf maximal 103 Abgeordnete steigen. Der Geschlechter-Proporz bleibt dagegen auch 2019 ein frommer Wunsch. Weniger als ein Drittel der Bewerber sind Frauen. Die Quote liegt bei 31,4 Prozent.

Eine davon steht bei der SPD im Wahlkreis Kirchheim ganz oben auf der Liste und erweckt den Anschein, 2019 kommunalpolitisch noch einmal richtig durchstarten zu wollen: Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker wagt als langjährige Regionalrätin den Wiedereinstieg in den Kreistag. Gleichzeitig hat die 65-jährige Juristin zu Jahresbeginn angekündigt, sich im Dezember für eine dritte Amtszeit um den Chefinnenposten im Kirchheimer Rathaus bewerben zu wollen. Mit ihr kandidiert auch ihr Mitstreiter an der Verwaltungsspitze, Günter Riemer, der in Kirchheim erneut die Liste der Freien Wähler anführt.

Einige prominente Namen fehlen

Personell bedeuten die anstehenden Wahlen für manche Fraktionen eine Zäsur. Mit Rolf Remppis (SPD) und Hans Weil (Freie Wähler) treten zwei der dienstältesten Kreisräte von der Esslinger Bühne ab. Weil sitzt für die derzeit stärkste Fraktion seit 1984 im Kreistag. Köngens ehemaliger Rathauschef galt dabei jahrzehntelang als der Stimmengarant der Bürgermeister-Fraktion. Gleiches gilt für Remppis, der nach 40 Jahren das Kreisparlament verlässt. Länger als der pensionierte Gymnasialrektor aus Plochingen sitzt dort nur einer: Wolfgang Drexler, SPD-Urgestein in der Landespolitik, steht nach seinem Rückzug aus dem Stuttgarter Landtag nach 48 Jahren politischer Arbeit im Kreis für eine weitere Periode zur Wahl.

Für die CDU, mit 23 Sitzen zweitstärkste Fraktion, heißt es nach der Wahl im Mai, sich neu zu sortieren. Nach dem Abschied von Fraktionschef Martin Fritz, der nach 20 Jahren nicht mehr antritt, und dessen Stellvertreterin Ursula Merkle fehlt der Union im Kreis nicht nur ein eingespieltes Duo an der Spitze. Mit dem Kirchheimer Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann kehrt auch der langjährige Kirchheimer Spitzenkandidat der Kreispolitik den Rücken. Einen populären Neuzugang haben dagegen die Kreis-Grünen zu vermelden: Michael Holz, jahrzehntelang Kultur-Triebfeder, Multi-Gastronom und Jugendförderer in Kirchheim, führt die Parteiliste im Wahlkreis Weilheim an. Acht Jahre lang saß der 58-Jährige für die Grünen im Gemeinderat der Teckstadt. An seinem neuen Wohnort in Ochsenwang hat ihn nun offenbar die Lust an der Kommunalpolitik wieder gepackt.

Die Rechte bleibt gespalten

Die politische Rechte bietet Wählern bei der Kreistagswahl zwei Alternativen an. Nach dem gescheiterten Pakt der Republikaner mit der AfD werben nun beide Parteien getrennt um Stimmen im rechten Lager. Die REP verfügten als Gruppe ohne Fraktionsstatus zuletzt über zwei Sitze im Kreistag, die AfD tritt bei der Wahl im Mai zum ersten Mal an.

Die Republikaner im Kreis, das war in den vergangenen drei Jahrzehnten vor allem Ulrich Deuschle. Der Diplom-Volkswirt und ehemalige Landtagsabgeordnete aus Notzingen hatte im Dezember angekündigt, bei den Kreistagswahlen für die AfD antreten zu wollen. Doch für die stand Deuschle offenbar zu weit rechts. Der Kreisverband verweigerte dem 66-Jährigen vor Wochen einen Listenplatz. Die REP schicken in den 13 Wahlkreisen nun 31 eigene Bewerber ins Rennen. Bei der AfD, die für eine Beteiligung an den Gemeinderatswahlen nicht genügend Kandidaten fand, stehen im Kreis 51 Namen auf der Liste.bk