Zwischen Neckar und Alb

Der Radtüftler

Innovation Der gelernte Maschinenbaumeister Karl-Heinz Eichhorn hat ein multifunktionales Liegerad entwickelt. Dafür wurde er auf einer taiwanesischen Erfindermesse ausgezeichnet. Von Melanie Braun

Karl-Heinz Eichhorn hat ein multifunktionales Rad entwickelt. Er fährt mit der Lastenrad-Variante über den Esslinger Marktplatz.
Karl-Heinz Eichhorn hat ein multifunktionales Rad entwickelt. Er fährt mit der Lastenrad-Variante über den Esslinger Marktplatz. Foto: Weller

Wenn Karl-Heinz Eichhorn mit seiner Radkreation vorfährt, bleibt er selten unbemerkt. Auch auf dem Esslinger Marktplatz drehen sich die Passanten neugierig nach ihm um. Einige bleiben gleich ganz stehen, um sein Gefährt genauer zu betrachten. Kein Wunder: Gewöhnlich ist das multifunktionale Liege-Fahrrad des 57-Jährigen nicht. Für die Konstruktion, die er selbst entworfen und gebaut hat, hat Eichhorn nun die höchste Auszeichnung auf einer großen Erfindermesse in Taiwan erhalten.

Der Tüftler aus Esslingen ist höchst erfreut über den „Platinum Award“, der ihm neben dem Prominent Invention Award auf der „Taiwan Innotech Expo 2018“ verliehen wurde. Damit gehört er nicht nur zu den 17 Platin-Gewinnern, die aus mehr als 700 Bewerbern ausgewählt wurden, sondern ist auch der einzige ausländische Erfinder mit dieser Auszeichnung. Außerdem hofft Eichhorn, dass ihm der Preis dabei hilft, seinem Ziel näher zu kommen: Er will einen Hersteller finden, der seine Kreation baut und vermarktet. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sein Produkt zumindest bekannter geworden ist. Schließlich sind zu der dreitägigen Messe - laut Eichhorn eine der größten Erfindermessen in Asien - mehr als 40 000 Besucher gekommen.

Dabei hatte der gelernte Maschinenbaumeister ursprünglich gar keine Ambitionen, groß raus zu kommen mit seinem Fahrrad Marke Eigenbau. Eigentlich hatte er lediglich nach einer Möglichkeit gesucht, das Radfahren für sich und seine Frau kompatibel zu machen. Denn während Eichhorn einst passionierter Triathlet war, bezeichnet sich seine Gattin als „bekennende Nichtsportlerin“, erzählt der 57-Jährige. Deshalb sei es schwierig gewesen, sich bei Radtouren auf ein Leistungsniveau zu einigen. Die Lösung war ein Tandem. Damit lief es schon ganz gut. Doch dann entdeckte das Paar bei einer Messe für Sonderräder Liege-Tandems. „Wir haben sie getestet, aber uns hat nichts richtig zugesagt“, erinnert sich Eichhorn. Deshalb habe er beschlossen, selbst eins zu bauen. Das Handwerk dazu beherrsche er schließlich als Maschinenbauer und Radsportler.

Liegetandem mit Elektroantrieb

Zunächst konzipierte er ein Liege-Falttandem, schließlich müsse man das Gefährt ja verstauen können. Doch mit dem seien er und seine Frau kaum einen Berg hochgekommen, denn das sei mit einem Liegerad wegen des anderen Schwerpunkts viel schwieriger als mit einem gewöhnlichen Fahrrad. Also beschloss Eichhorn, ein Liegetandem mit Elektroantrieb zu bauen. Auf Wunsch seiner Frau sollte dieses dann aber auch teilbar sein - das jedoch kam für den Erfinder nur in Frage, wenn es dann auch als Einzelrad nutzbar wäre. Acht Monate lang tüftelte er in seiner Freizeit an einem Konzept. Heraus kam ein multifunktionales Liegerad mit Elektroantrieb, das innerhalb weniger Minuten vom Tandem in ein Lasten- oder aber ein Einzelrad umgebaut werden kann - ganz ohne Werkzeug. Auch als Dreirad kann die Konstruktion genutzt werden.

Ein Freund riet Eichhorn, seine Erfindung patentieren zu lassen. Das tat er. Nun würde er gern die Patentlizenz verkaufen. Denn er selbst will wenige Jahre vor der Rente nicht mehr groß ins Fahrradgeschäft einsteigen - zumal er bezweifelt, als Einzelkämpfer die Anforderungen an Sicherheit und Produkthaftung gewährleisten zu können. Nun hofft er auf Resonanz auf den taiwanesischen Innovationspreis: „Die Auszeichnung ist ein Schritt über die Schwelle“, glaubt er. Er bekomme jetzt mehr Aufmerksamkeit. Dabei geht es ihm gar nicht ums Geld. Vielmehr würde er sich über den Erfolg freuen, wenn sein Rad gebaut wird und andere es auch nutzen können: „Wenn es hundert Mal in Deutschland herumfährt, bin ich schon glücklich.“